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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Versuchungen.

12. Wann nun dieses also wahr ist/ wie oben gemeldet worden/ warumb
werden dann so viele von den Versuchungen überwunden? Wann der Teuf-
fel ist angebunden/ fragt der Heil. Augustinus/ wie kan er dann noch so offtSerm.
197.

den meister spielen? Diese Frag beantwortet er selbst/ und sagt: Es ist
nicht ohn/ mein liebe Bruder/ daß er vielmahl obsiege: aber
nur gegen die Lawe und Nachlässige; und welche GOTT
in der Warheit nichtförchten: dann er ist gebunden/ wie
ein Hund an die Ketten geschlossen ist; und kan keinen beis-
sen/ es seye dann/ daß er mit einer tödtlichen Sicherheit
demselben zunahe. Siehet nun/ liebe Bruder/ wie närrisch
der jenige Mensch seye/ den der geschlossene Hund beisset.
Wann du vermittelst der weltlichen Frewden und Wollu-
sten ihm nicht zunahest; so wird er zu dir nicht kommen
dörffen: er kan bellen; kan aber keinem schaden gegen sei-
nen Willen; weilen er nicht mit Gewalt/ sondern mit ein-
gebendem Rath dem Menschen schädlich ist: erzwinget
auch die Bewilligung auß uns nicht; sondern er begehrt
sie nur allein:
Dahero sagt recht der weise Mann: Wer den Herrnc. 33. v. 1.
förchtet/ dem wird nichts böses begegnen; sondern GOtt
wird ihn in der Anfechtung erhalten/ und erlösen vom Bö-
sen.
Derhalben/ mein Christliche Seel/ pflantze die Lieb/ und zugleich die
Forcht GOttes in dein Hertz; auff daß du von diesen/ als zweyen unüber-
windlichen Mauren umbgeben/ von deinen Feinden keinen Schaden leidest/
welche überall herumb gehen/ und suchen/ wen sie verschlingen mögen. Diese
stellen sonderbar denen nach/ so da/ wie gesagt ist/ eines guten Willens seynd;
wie wir auß dem Leben deß Heil. Dominici vermercken: dann/ da dieser hei-Historia.
Theodo-
ric. de
Appol. in
vita ejus
l.
3.

lige Mann einsmahls bey nächtlicher Weil bey seiner Heerde gewachet/ hat
er den obgemeldten/ und überall herumb schweiffenden Gesellen angetroffen/
und ihn gefragt/ was er suche? worauff er geantwortet: daß er seinem Ge-
winn nachgehe: und als ihn der heilige Mann gefragt; was er dann
auff der Gemeinen Schlaff - Cammer deß Closters gewinne: hat
er zur Antwort gegeben; daß er den Geistlichen den nöthigen Schlaff
benehme/ und verursache/ daß sie mit Verdruß und Faulheit auffste-
hen/ und sie antreibe/ daß sich von dem Dienst GOTTES absent machen:
Auch sagt der höllische Geist/ wans mir zugelassen wird/ erwecke ich bey
den Schlaffenden die geyle Bewegungen/ und nächtliche Unsauber-
keiten deß Leibs: Weiters hat ihn der gottseelige Vatter gefragt;

was
R r 2
Von den Verſuchungen.

12. Wann nun dieſes alſo wahr iſt/ wie oben gemeldet worden/ warumb
werden dann ſo viele von den Verſuchungen uͤberwunden? Wann der Teuf-
fel iſt angebunden/ fragt der Heil. Auguſtinus/ wie kan er dann noch ſo offtSerm.
197.

den meiſter ſpielen? Dieſe Frag beantwortet er ſelbſt/ und ſagt: Es iſt
nicht ohn/ mein liebe Brůder/ daß er vielmahl obſiege: aber
nur gegen die Lawe und Nachlaͤſſige; und welche GOTT
in der Warheit nichtfoͤrchten: dann er iſt gebunden/ wie
ein Hund an die Ketten geſchloſſen iſt; und kan keinen beiſ-
ſen/ es ſeye dann/ daß er mit einer toͤdtlichen Sicherheit
demſelben zunahe. Siehet nun/ liebe Brůder/ wie naͤrriſch
der jenige Menſch ſeye/ den der geſchloſſene Hund beiſſet.
Wann du vermittelſt der weltlichen Frewden und Wollu-
ſten ihm nicht zunaheſt; ſo wird er zu dir nicht kommen
doͤrffen: er kan bellen; kan aber keinem ſchaden gegen ſei-
nen Willen; weilen er nicht mit Gewalt/ ſondern mit ein-
gebendem Rath dem Menſchen ſchaͤdlich iſt: erzwinget
auch die Bewilligung auß uns nicht; ſondern er begehrt
ſie nur allein:
Dahero ſagt recht der weiſe Mann: Wer den Herrnc. 33. v. 1.
foͤrchtet/ dem wird nichts boͤſes begegnen; ſondern GOtt
wird ihn in der Anfechtung erhalten/ und erloͤſen vom Boͤ-
ſen.
Derhalben/ mein Chriſtliche Seel/ pflantze die Lieb/ und zugleich die
Forcht GOttes in dein Hertz; auff daß du von dieſen/ als zweyen unuͤber-
windlichen Mauren umbgeben/ von deinen Feinden keinen Schaden leideſt/
welche uͤberall herumb gehen/ und ſuchen/ wen ſie verſchlingen moͤgen. Dieſe
ſtellen ſonderbar denen nach/ ſo da/ wie geſagt iſt/ eines guten Willens ſeynd;
wie wir auß dem Leben deß Heil. Dominici vermercken: dann/ da dieſer hei-Hiſtoria.
Theodo-
ric. de
Appol. in
vita ejus
l.
3.

lige Mann einsmahls bey naͤchtlicher Weil bey ſeiner Heerde gewachet/ hat
er den obgemeldten/ und uͤberall herumb ſchweiffenden Geſellen angetroffen/
und ihn gefragt/ was er ſuche? worauff er geantwortet: daß er ſeinem Ge-
winn nachgehe: und als ihn der heilige Mann gefragt; was er dann
auff der Gemeinen Schlaff - Cammer deß Cloſters gewinne: hat
er zur Antwort gegeben; daß er den Geiſtlichen den noͤthigen Schlaff
benehme/ und verurſache/ daß ſie mit Verdruß und Faulheit auffſte-
hen/ und ſie antreibe/ daß ſich von dem Dienſt GOTTES abſent machen:
Auch ſagt der hoͤlliſche Geiſt/ wans mir zugelaſſen wird/ erwecke ich bey
den Schlaffenden die geyle Bewegungen/ und naͤchtliche Unſauber-
keiten deß Leibs: Weiters hat ihn der gottſeelige Vatter gefragt;

was
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[315/0343] Von den Verſuchungen. 12. Wann nun dieſes alſo wahr iſt/ wie oben gemeldet worden/ warumb werden dann ſo viele von den Verſuchungen uͤberwunden? Wann der Teuf- fel iſt angebunden/ fragt der Heil. Auguſtinus/ wie kan er dann noch ſo offt den meiſter ſpielen? Dieſe Frag beantwortet er ſelbſt/ und ſagt: Es iſt nicht ohn/ mein liebe Brůder/ daß er vielmahl obſiege: aber nur gegen die Lawe und Nachlaͤſſige; und welche GOTT in der Warheit nichtfoͤrchten: dann er iſt gebunden/ wie ein Hund an die Ketten geſchloſſen iſt; und kan keinen beiſ- ſen/ es ſeye dann/ daß er mit einer toͤdtlichen Sicherheit demſelben zunahe. Siehet nun/ liebe Brůder/ wie naͤrriſch der jenige Menſch ſeye/ den der geſchloſſene Hund beiſſet. Wann du vermittelſt der weltlichen Frewden und Wollu- ſten ihm nicht zunaheſt; ſo wird er zu dir nicht kommen doͤrffen: er kan bellen; kan aber keinem ſchaden gegen ſei- nen Willen; weilen er nicht mit Gewalt/ ſondern mit ein- gebendem Rath dem Menſchen ſchaͤdlich iſt: erzwinget auch die Bewilligung auß uns nicht; ſondern er begehrt ſie nur allein: Dahero ſagt recht der weiſe Mann: Wer den Herrn foͤrchtet/ dem wird nichts boͤſes begegnen; ſondern GOtt wird ihn in der Anfechtung erhalten/ und erloͤſen vom Boͤ- ſen. Derhalben/ mein Chriſtliche Seel/ pflantze die Lieb/ und zugleich die Forcht GOttes in dein Hertz; auff daß du von dieſen/ als zweyen unuͤber- windlichen Mauren umbgeben/ von deinen Feinden keinen Schaden leideſt/ welche uͤberall herumb gehen/ und ſuchen/ wen ſie verſchlingen moͤgen. Dieſe ſtellen ſonderbar denen nach/ ſo da/ wie geſagt iſt/ eines guten Willens ſeynd; wie wir auß dem Leben deß Heil. Dominici vermercken: dann/ da dieſer hei- lige Mann einsmahls bey naͤchtlicher Weil bey ſeiner Heerde gewachet/ hat er den obgemeldten/ und uͤberall herumb ſchweiffenden Geſellen angetroffen/ und ihn gefragt/ was er ſuche? worauff er geantwortet: daß er ſeinem Ge- winn nachgehe: und als ihn der heilige Mann gefragt; was er dann auff der Gemeinen Schlaff - Cammer deß Cloſters gewinne: hat er zur Antwort gegeben; daß er den Geiſtlichen den noͤthigen Schlaff benehme/ und verurſache/ daß ſie mit Verdruß und Faulheit auffſte- hen/ und ſie antreibe/ daß ſich von dem Dienſt GOTTES abſent machen: Auch ſagt der hoͤlliſche Geiſt/ wans mir zugelaſſen wird/ erwecke ich bey den Schlaffenden die geyle Bewegungen/ und naͤchtliche Unſauber- keiten deß Leibs: Weiters hat ihn der gottſeelige Vatter gefragt; was Serm. 197. c. 33. v. 1. Hiſtoria. Theodo- ric. de Appol. in vita ejus l. 3. R r 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/343>, abgerufen am 28.04.2024.