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Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

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Mercks Wienn.
seyn jene gar schlecht adelich/ dero Sinn und Gewinn wenig
nach dem Himmel zielet? etwan der Vogel Phönix/ welcher
mit verwunderlicher Curachi sich freymütig auf den klein bren-
nenden Scheiterhauffen setzet/ jedoch mit mercklichem Vor-
theil/ weil aus dessen Aschen ein neuer Phönix hervor stammet/
dieser Vogel kan füglich alle Christen behertzter machen/ daß
sie ob dem Todt wann sie schon erbleichen/ wenigist nicht sollen er-
schröcken/ zumal der entzogne Leib am jüngsten Tag in allge-
meiner Aufferstehung wieder erstattet wird. Etwan die Tau-
ben ist der angenehmste Vogel? weilen dieser vor allen andern
mit dem Titul der Unschuld pranget/ und so er an der Sonnen
steht/ wird man an dem Hals gleichsam ein Copey von einem
vielfärbigen Regenbogen abnehmen/ der eine Deutung gibt/
daß freylich nichts schöners seye/ als wann jemand in den
Strahlen der Göttlichen Sonnen/ will sagen in den Gnaden
GOttes stehet: du hast es dannoch nicht errathen/ weder die
Tauben/ weder der Phönix/ weder der Adler ist der schönste
und angenehmste Vogel/ sondern der Habich; Habich singet
bey der Zeit am lieblichsten/ der Habich schwinget sich der Zeit
über alle Verdienste/ Habich Geld so Habich alles in der Welt/
der Habich macht auch ein Galgen-Vogel zu einer Tauben/
werden Habich hat/ der hat was er haben will/ und will was
er haben/ wünscht/ und will. O Geld! du machest offt ein
leeren Topff zu einem gelehrten Kopff/ O Geld! du verscha-
cherst offt einen Dunst für ein Kunst.

Die Pharisäer/ meldet der Evangelist/ haben einsmals
ein freches Weibsbild in dem Tempel/ allwo Christus der
HERR sich aufhielte/ mit sich geführt/ und selbige eheli-
cher Untreu halber erstlich angeklagt/ mit Vermeldung/ daß
sie solche in würcklicher Schand-That ertapt hätten/ weilen
das Mosaische Gesetz diese zu versteinigen ihnen starck aufbin-
de/ also wolten sie seine Meinung und bedachtsames Urthel
dißfalls auch vernehmen/ was er darzu sag? Der gebenedey-
te HERR auf solche eingebrachte Klag/ neiget sich unter
sich/ und schreibt mit dem Finger auf die Erd; Nun forschet
ein andächtiger Vorwitz/ was doch der eigentliche Jnnhalt
dieser Schrifft seye gewesen/ allda/ antwortet der Seraphische
Bonaventura/ weil Christus der HERR zweymal auf die
Erd geschrieben/ als habe er das erste mal diese Wort ver-
fast/ qui sine peccato est, &c. der ohne Sund ist/ der

hebe

Mercks Wienn.
ſeyn jene gar ſchlecht adelich/ dero Sinn und Gewinn wenig
nach dem Himmel zielet? etwan der Vogel Phoͤnix/ welcher
mit verwunderlicher Curachi ſich freymuͤtig auf den klein bren-
nenden Scheiterhauffen ſetzet/ jedoch mit mercklichem Vor-
theil/ weil aus deſſen Aſchen ein neuer Phoͤnix hervor ſtammet/
dieſer Vogel kan fuͤglich alle Chriſten behertzter machen/ daß
ſie ob dem Todt wañ ſie ſchon erbleichen/ wenigiſt nicht ſollen er-
ſchroͤcken/ zumal der entzogne Leib am juͤngſten Tag in allge-
meiner Aufferſtehung wieder erſtattet wird. Etwan die Tau-
ben iſt der angenehmſte Vogel? weilen dieſer vor allen andern
mit dem Titul der Unſchuld pranget/ und ſo er an der Sonnen
ſteht/ wird man an dem Hals gleichſam ein Copey von einem
vielfaͤrbigen Regenbogen abnehmen/ der eine Deutung gibt/
daß freylich nichts ſchoͤners ſeye/ als wann jemand in den
Strahlen der Goͤttlichen Sonnen/ will ſagen in den Gnaden
GOttes ſtehet: du haſt es dannoch nicht errathen/ weder die
Tauben/ weder der Phoͤnix/ weder der Adler iſt der ſchoͤnſte
und angenehmſte Vogel/ ſondern der Habich; Habich ſinget
bey der Zeit am lieblichſten/ der Habich ſchwinget ſich der Zeit
uͤber alle Verdienſte/ Habich Geld ſo Habich alles in der Welt/
der Habich macht auch ein Galgen-Vogel zu einer Tauben/
werden Habich hat/ der hat was er haben will/ und will was
er haben/ wuͤnſcht/ und will. O Geld! du macheſt offt ein
leeren Topff zu einem gelehrten Kopff/ O Geld! du verſcha-
cherſt offt einen Dunſt fuͤr ein Kunſt.

Die Phariſaͤer/ meldet der Evangeliſt/ haben einsmals
ein freches Weibsbild in dem Tempel/ allwo Chriſtus der
HERR ſich aufhielte/ mit ſich gefuͤhrt/ und ſelbige eheli-
cher Untreu halber erſtlich angeklagt/ mit Vermeldung/ daß
ſie ſolche in wuͤrcklicher Schand-That ertapt haͤtten/ weilen
das Moſaiſche Geſetz dieſe zu verſteinigen ihnen ſtarck aufbin-
de/ alſo wolten ſie ſeine Meinung und bedachtſames Urthel
dißfalls auch vernehmen/ was er darzu ſag? Der gebenedey-
te HERR auf ſolche eingebrachte Klag/ neiget ſich unter
ſich/ und ſchreibt mit dem Finger auf die Erd; Nun forſchet
ein andaͤchtiger Vorwitz/ was doch der eigentliche Jnnhalt
dieſer Schrifft ſeye geweſen/ allda/ antwortet der Seraphiſche
Bonaventura/ weil Chriſtus der HERR zweymal auf die
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faſt/ qui ſine peccato eſt, &c. der ohne Sůnd iſt/ der

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[64/0074] Mercks Wienn. ſeyn jene gar ſchlecht adelich/ dero Sinn und Gewinn wenig nach dem Himmel zielet? etwan der Vogel Phoͤnix/ welcher mit verwunderlicher Curachi ſich freymuͤtig auf den klein bren- nenden Scheiterhauffen ſetzet/ jedoch mit mercklichem Vor- theil/ weil aus deſſen Aſchen ein neuer Phoͤnix hervor ſtammet/ dieſer Vogel kan fuͤglich alle Chriſten behertzter machen/ daß ſie ob dem Todt wañ ſie ſchon erbleichen/ wenigiſt nicht ſollen er- ſchroͤcken/ zumal der entzogne Leib am juͤngſten Tag in allge- meiner Aufferſtehung wieder erſtattet wird. Etwan die Tau- ben iſt der angenehmſte Vogel? weilen dieſer vor allen andern mit dem Titul der Unſchuld pranget/ und ſo er an der Sonnen ſteht/ wird man an dem Hals gleichſam ein Copey von einem vielfaͤrbigen Regenbogen abnehmen/ der eine Deutung gibt/ daß freylich nichts ſchoͤners ſeye/ als wann jemand in den Strahlen der Goͤttlichen Sonnen/ will ſagen in den Gnaden GOttes ſtehet: du haſt es dannoch nicht errathen/ weder die Tauben/ weder der Phoͤnix/ weder der Adler iſt der ſchoͤnſte und angenehmſte Vogel/ ſondern der Habich; Habich ſinget bey der Zeit am lieblichſten/ der Habich ſchwinget ſich der Zeit uͤber alle Verdienſte/ Habich Geld ſo Habich alles in der Welt/ der Habich macht auch ein Galgen-Vogel zu einer Tauben/ werden Habich hat/ der hat was er haben will/ und will was er haben/ wuͤnſcht/ und will. O Geld! du macheſt offt ein leeren Topff zu einem gelehrten Kopff/ O Geld! du verſcha- cherſt offt einen Dunſt fuͤr ein Kunſt. Die Phariſaͤer/ meldet der Evangeliſt/ haben einsmals ein freches Weibsbild in dem Tempel/ allwo Chriſtus der HERR ſich aufhielte/ mit ſich gefuͤhrt/ und ſelbige eheli- cher Untreu halber erſtlich angeklagt/ mit Vermeldung/ daß ſie ſolche in wuͤrcklicher Schand-That ertapt haͤtten/ weilen das Moſaiſche Geſetz dieſe zu verſteinigen ihnen ſtarck aufbin- de/ alſo wolten ſie ſeine Meinung und bedachtſames Urthel dißfalls auch vernehmen/ was er darzu ſag? Der gebenedey- te HERR auf ſolche eingebrachte Klag/ neiget ſich unter ſich/ und ſchreibt mit dem Finger auf die Erd; Nun forſchet ein andaͤchtiger Vorwitz/ was doch der eigentliche Jnnhalt dieſer Schrifft ſeye geweſen/ allda/ antwortet der Seraphiſche Bonaventura/ weil Chriſtus der HERR zweymal auf die Erd geſchrieben/ als habe er das erſte mal dieſe Wort ver- faſt/ qui ſine peccato eſt, &c. der ohne Sůnd iſt/ der hebe

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/74>, abgerufen am 04.05.2024.