Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite
Mercks Wienn.

So ich fragen sollt/ welches die angenehmste Farb
wäre/ wurde mir vielleicht die Antwort begegnen/ die grü-
ne Farb? wormit prangte der unglückseelige Feigenbaum/
deme verdienter massen Christus der HERR die Jäger-
Liberey wider alles Vermuhten ausgezogen; etwan die weis-
se Farb? mit dero schimmerte die glorreiche Bekleidung
Christi auf dem Berg Thabor/ allwo Petrus samt seinen
Cammerathen ein kleinen Bissen der Himmlischen Ergötz-
lichkeit gekost hat; etwan die rothe Farb? mit welcher gantz
gähling überzogen worden/ das keusche Angesicht Susannae/
als sie die zwey alte/ aber nicht kalte Böswicht in dem
Garten freventlich angetast; etwan die schwartze Farb? so
sichtbar war in jenem Raben/ welcher dem Propheten Eliae
ein Proviant-Meister wider Willen abgeben: Nein/ nein
du hast es nicht errahten/ Gold-Farb ist die schönste/ wer
mit solcher angestrichen ist/ der gefällt jedermänniglich/ und
schiest keine weniger ab als diese/ Gold-Farb hat bey der
bethörten Welt den Vorzug vor der weissen/ und möcht je-
mand noch so schwartz seyn/ so macht ihn die Gold-Farb
weiß/ verstehe unschuldig.

Wann ich fragen sollt/ welches das beste Kraut auf
Erden/ so würde ich vielleicht diese Antwort erhalten/ das
Kraut so da genennt wird Manns-Treu/ das Kraut so da
heist Fünfffinger-Kraut. Nein/ nein/ du hast es mehrmal
nicht getroffen: Tausendgülden-Kraut ist das beste/ dieses
heilet alle Schäden/ dieses hat mehr Safft und Krafft/ als
aller Apothecker verschammerirte Büchsen/ aus denen offt ei-
nige auswendig mit grosser Cantzley-Schrifft pochen/ und
seynd innwendig mit halb-geschimleter Holdersalsen anklend;
Tausendgülden-Kraut/ mit einem Wort ist so heilsam/ daß
es auch denselben in grossen Ruhm stellet/ der sonst ein lau-
teres Unkraut.

Wann ich fragen sollt/ welcher der angenehmste und
vornehmste Vogel? so würde mir vielleicht mit solcher Ant-
wort begegnet werden/ etwan der Adler/ als welcher ein Kö-
nig und Oberhaupt deß gantzen gefiederten und geflügelten
Geschlechts/ der auch mit unverwendeten Augen das strah-
lend Sonnen-Liecht immerzu anblickt/ und in Anschauung
dieser Himmels-Fackel sein einige Ergötzlichkeit fühlet; als

seyn
E
Mercks Wienn.

So ich fragen ſollt/ welches die angenehmſte Farb
waͤre/ wurde mir vielleicht die Antwort begegnen/ die gruͤ-
ne Farb? wormit prangte der ungluͤckſeelige Feigenbaum/
deme verdienter maſſen Chriſtus der HERR die Jaͤger-
Liberey wider alles Vermuhten ausgezogen; etwan die weiſ-
ſe Farb? mit dero ſchimmerte die glorreiche Bekleidung
Chriſti auf dem Berg Thabor/ allwo Petrus ſamt ſeinen
Cammerathen ein kleinen Biſſen der Himmliſchen Ergoͤtz-
lichkeit gekoſt hat; etwan die rothe Farb? mit welcher gantz
gaͤhling uͤberzogen worden/ das keuſche Angeſicht Suſannæ/
als ſie die zwey alte/ aber nicht kalte Boͤswicht in dem
Garten freventlich angetaſt; etwan die ſchwartze Farb? ſo
ſichtbar war in jenem Raben/ welcher dem Propheten Eliæ
ein Proviant-Meiſter wider Willen abgeben: Nein/ nein
du haſt es nicht errahten/ Gold-Farb iſt die ſchoͤnſte/ wer
mit ſolcher angeſtrichen iſt/ der gefaͤllt jedermaͤnniglich/ und
ſchieſt keine weniger ab als dieſe/ Gold-Farb hat bey der
bethoͤrten Welt den Vorzug vor der weiſſen/ und moͤcht je-
mand noch ſo ſchwartz ſeyn/ ſo macht ihn die Gold-Farb
weiß/ verſtehe unſchuldig.

Wann ich fragen ſollt/ welches das beſte Kraut auf
Erden/ ſo wuͤrde ich vielleicht dieſe Antwort erhalten/ das
Kraut ſo da genennt wird Manns-Treu/ das Kraut ſo da
heiſt Fuͤnfffinger-Kraut. Nein/ nein/ du haſt es mehrmal
nicht getroffen: Tauſendguͤlden-Kraut iſt das beſte/ dieſes
heilet alle Schaͤden/ dieſes hat mehr Safft und Krafft/ als
aller Apothecker verſchammerirte Buͤchſen/ aus denen offt ei-
nige auswendig mit groſſer Cantzley-Schrifft pochen/ und
ſeynd innwendig mit halb-geſchimleter Holderſalſen anklend;
Tauſendguͤlden-Kraut/ mit einem Wort iſt ſo heilſam/ daß
es auch denſelben in groſſen Ruhm ſtellet/ der ſonſt ein lau-
teres Unkraut.

Wann ich fragen ſollt/ welcher der angenehmſte und
vornehmſte Vogel? ſo wuͤrde mir vielleicht mit ſolcher Ant-
wort begegnet werden/ etwan der Adler/ als welcher ein Koͤ-
nig und Oberhaupt deß gantzen gefiederten und gefluͤgelten
Geſchlechts/ der auch mit unverwendeten Augen das ſtrah-
lend Sonnen-Liecht immerzu anblickt/ und in Anſchauung
dieſer Himmels-Fackel ſein einige Ergoͤtzlichkeit fuͤhlet; als

ſeyn
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0073" n="63"/>
        <fw place="top" type="header">Mercks Wienn.</fw><lb/>
        <p>So ich fragen &#x017F;ollt/ welches die angenehm&#x017F;te Farb<lb/>
wa&#x0364;re/ wurde mir vielleicht die Antwort begegnen/ die gru&#x0364;-<lb/>
ne Farb? wormit prangte der unglu&#x0364;ck&#x017F;eelige Feigenbaum/<lb/>
deme verdienter ma&#x017F;&#x017F;en Chri&#x017F;tus der <hi rendition="#g">HERR</hi> die Ja&#x0364;ger-<lb/>
Liberey wider alles Vermuhten ausgezogen; etwan die wei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e Farb? mit dero &#x017F;chimmerte die glorreiche Bekleidung<lb/>
Chri&#x017F;ti auf dem Berg Thabor/ allwo Petrus &#x017F;amt &#x017F;einen<lb/>
Cammerathen ein kleinen Bi&#x017F;&#x017F;en der Himmli&#x017F;chen Ergo&#x0364;tz-<lb/>
lichkeit geko&#x017F;t hat; etwan die rothe Farb? mit welcher gantz<lb/>
ga&#x0364;hling u&#x0364;berzogen worden/ das keu&#x017F;che Ange&#x017F;icht Su&#x017F;ann<hi rendition="#aq">æ</hi>/<lb/>
als &#x017F;ie die zwey alte/ aber nicht kalte Bo&#x0364;swicht in dem<lb/>
Garten freventlich angeta&#x017F;t; etwan die &#x017F;chwartze Farb? &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ichtbar war in jenem Raben/ welcher dem Propheten Eli<hi rendition="#aq">æ</hi><lb/>
ein Proviant-Mei&#x017F;ter wider Willen abgeben: Nein/ nein<lb/>
du ha&#x017F;t es nicht errahten/ Gold-Farb i&#x017F;t die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te/ wer<lb/>
mit &#x017F;olcher ange&#x017F;trichen i&#x017F;t/ der gefa&#x0364;llt jederma&#x0364;nniglich/ und<lb/>
&#x017F;chie&#x017F;t keine weniger ab als die&#x017F;e/ Gold-Farb hat bey der<lb/>
betho&#x0364;rten Welt den Vorzug vor der wei&#x017F;&#x017F;en/ und mo&#x0364;cht je-<lb/>
mand noch &#x017F;o &#x017F;chwartz &#x017F;eyn/ &#x017F;o macht ihn die Gold-Farb<lb/>
weiß/ ver&#x017F;tehe un&#x017F;chuldig.</p><lb/>
        <p>Wann ich fragen &#x017F;ollt/ welches das be&#x017F;te Kraut auf<lb/>
Erden/ &#x017F;o wu&#x0364;rde ich vielleicht die&#x017F;e Antwort erhalten/ das<lb/>
Kraut &#x017F;o da genennt wird Manns-Treu/ das Kraut &#x017F;o da<lb/>
hei&#x017F;t Fu&#x0364;nfffinger-Kraut. Nein/ nein/ du ha&#x017F;t es mehrmal<lb/>
nicht getroffen: Tau&#x017F;endgu&#x0364;lden-Kraut i&#x017F;t das be&#x017F;te/ die&#x017F;es<lb/>
heilet alle Scha&#x0364;den/ die&#x017F;es hat mehr Safft und Krafft/ als<lb/>
aller Apothecker ver&#x017F;chammerirte Bu&#x0364;ch&#x017F;en/ aus denen offt ei-<lb/>
nige auswendig mit gro&#x017F;&#x017F;er Cantzley-Schrifft pochen/ und<lb/>
&#x017F;eynd innwendig mit halb-ge&#x017F;chimleter Holder&#x017F;al&#x017F;en anklend;<lb/>
Tau&#x017F;endgu&#x0364;lden-Kraut/ mit einem Wort i&#x017F;t &#x017F;o heil&#x017F;am/ daß<lb/>
es auch den&#x017F;elben in gro&#x017F;&#x017F;en Ruhm &#x017F;tellet/ der &#x017F;on&#x017F;t ein lau-<lb/>
teres Unkraut.</p><lb/>
        <p>Wann ich fragen &#x017F;ollt/ welcher der angenehm&#x017F;te und<lb/>
vornehm&#x017F;te Vogel? &#x017F;o wu&#x0364;rde mir vielleicht mit &#x017F;olcher Ant-<lb/>
wort begegnet werden/ etwan der Adler/ als welcher ein Ko&#x0364;-<lb/>
nig und Oberhaupt deß gantzen gefiederten und geflu&#x0364;gelten<lb/>
Ge&#x017F;chlechts/ der auch mit unverwendeten Augen das &#x017F;trah-<lb/>
lend Sonnen-Liecht immerzu anblickt/ und in An&#x017F;chauung<lb/>
die&#x017F;er Himmels-Fackel &#x017F;ein einige Ergo&#x0364;tzlichkeit fu&#x0364;hlet; als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eyn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0073] Mercks Wienn. So ich fragen ſollt/ welches die angenehmſte Farb waͤre/ wurde mir vielleicht die Antwort begegnen/ die gruͤ- ne Farb? wormit prangte der ungluͤckſeelige Feigenbaum/ deme verdienter maſſen Chriſtus der HERR die Jaͤger- Liberey wider alles Vermuhten ausgezogen; etwan die weiſ- ſe Farb? mit dero ſchimmerte die glorreiche Bekleidung Chriſti auf dem Berg Thabor/ allwo Petrus ſamt ſeinen Cammerathen ein kleinen Biſſen der Himmliſchen Ergoͤtz- lichkeit gekoſt hat; etwan die rothe Farb? mit welcher gantz gaͤhling uͤberzogen worden/ das keuſche Angeſicht Suſannæ/ als ſie die zwey alte/ aber nicht kalte Boͤswicht in dem Garten freventlich angetaſt; etwan die ſchwartze Farb? ſo ſichtbar war in jenem Raben/ welcher dem Propheten Eliæ ein Proviant-Meiſter wider Willen abgeben: Nein/ nein du haſt es nicht errahten/ Gold-Farb iſt die ſchoͤnſte/ wer mit ſolcher angeſtrichen iſt/ der gefaͤllt jedermaͤnniglich/ und ſchieſt keine weniger ab als dieſe/ Gold-Farb hat bey der bethoͤrten Welt den Vorzug vor der weiſſen/ und moͤcht je- mand noch ſo ſchwartz ſeyn/ ſo macht ihn die Gold-Farb weiß/ verſtehe unſchuldig. Wann ich fragen ſollt/ welches das beſte Kraut auf Erden/ ſo wuͤrde ich vielleicht dieſe Antwort erhalten/ das Kraut ſo da genennt wird Manns-Treu/ das Kraut ſo da heiſt Fuͤnfffinger-Kraut. Nein/ nein/ du haſt es mehrmal nicht getroffen: Tauſendguͤlden-Kraut iſt das beſte/ dieſes heilet alle Schaͤden/ dieſes hat mehr Safft und Krafft/ als aller Apothecker verſchammerirte Buͤchſen/ aus denen offt ei- nige auswendig mit groſſer Cantzley-Schrifft pochen/ und ſeynd innwendig mit halb-geſchimleter Holderſalſen anklend; Tauſendguͤlden-Kraut/ mit einem Wort iſt ſo heilſam/ daß es auch denſelben in groſſen Ruhm ſtellet/ der ſonſt ein lau- teres Unkraut. Wann ich fragen ſollt/ welcher der angenehmſte und vornehmſte Vogel? ſo wuͤrde mir vielleicht mit ſolcher Ant- wort begegnet werden/ etwan der Adler/ als welcher ein Koͤ- nig und Oberhaupt deß gantzen gefiederten und gefluͤgelten Geſchlechts/ der auch mit unverwendeten Augen das ſtrah- lend Sonnen-Liecht immerzu anblickt/ und in Anſchauung dieſer Himmels-Fackel ſein einige Ergoͤtzlichkeit fuͤhlet; als ſeyn E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/73
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/73>, abgerufen am 06.05.2024.