Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtung der Unreinigkeit.
Nationen ausgemacht und verhütet ist: es mü-
sten junge Leute nicht eher zusammen gegeben
werden, bis der Leib gantz ausgewachsen und
seine völlige Kräfte erreichet hat. So hat man
auch Exempel, daß Hunde durch übermäßige
Geilheit dermassen sind ausgemergelt und hin-
gerichtet, grindig und hager, jämmerlich und
greulich worden, daß sie zuletzt nicht mehr auf
den Füssen stehen konten. Daher heisset die
geile Lust bey den Medicis medullisorba, die
Marck- und Saftverzehrerin. Denn wie Feuer
am Holtz und Stroh, so frisset Sie am Cörper,
und richtet den Menschen so zu, daß er Kraft
und Stärcke, Gestalt und Schönheit verlieret.
Man kann es manchem Menschen an seinem
Gesicht, Rücken, Lenden und Waden augen-
scheinlich ansehen, und an den Händen anfüh-
len, wenn er in derselben stecket. Denn sie
macht seinen Leib weichlich und ungesund, ver-
zehret dazu das Fett und Fleisch, macht ihn un-
scheinbar, geschlang, hager, wanckend und unge-
stalt an Waden und Lenden. Sie ist um desto
gefährlicher mit ihrem Schaden, weil sie im An-
fang so wohl dem Patienten als dem Medico
verborgen und unmercklich bleibet. Jnsgemein
und anfänglich hält man die Zufälle, die sie zu-
ziehet, nur für eine Zärtlichkeit der Natur:
aber nachhero weiset sichs anders, wenn das Ab-
nehmen und Verfallen des Leibes eine Weile
angehalten. Der Puls gehet geschwind, und
doch schwach. Der Leib ist manchmal heiß, son-
derlich in Händen; und die fliegende Hitze macht

öf-
F 2

Betrachtung der Unreinigkeit.
Nationen ausgemacht und verhuͤtet iſt: es muͤ-
ſten junge Leute nicht eher zuſammen gegeben
werden, bis der Leib gantz ausgewachſen und
ſeine voͤllige Kraͤfte erreichet hat. So hat man
auch Exempel, daß Hunde durch uͤbermaͤßige
Geilheit dermaſſen ſind ausgemergelt und hin-
gerichtet, grindig und hager, jaͤmmerlich und
greulich worden, daß ſie zuletzt nicht mehr auf
den Fuͤſſen ſtehen konten. Daher heiſſet die
geile Luſt bey den Medicis medulliſorba, die
Marck- und Saftverzehrerin. Denn wie Feuer
am Holtz und Stroh, ſo friſſet Sie am Coͤrper,
und richtet den Menſchen ſo zu, daß er Kraft
und Staͤrcke, Geſtalt und Schoͤnheit verlieret.
Man kann es manchem Menſchen an ſeinem
Geſicht, Ruͤcken, Lenden und Waden augen-
ſcheinlich anſehen, und an den Haͤnden anfuͤh-
len, wenn er in derſelben ſtecket. Denn ſie
macht ſeinen Leib weichlich und ungeſund, ver-
zehret dazu das Fett und Fleiſch, macht ihn un-
ſcheinbar, geſchlang, hager, wanckend und unge-
ſtalt an Waden und Lenden. Sie iſt um deſto
gefaͤhrlicher mit ihrem Schaden, weil ſie im An-
fang ſo wohl dem Patienten als dem Medico
verborgen und unmercklich bleibet. Jnsgemein
und anfaͤnglich haͤlt man die Zufaͤlle, die ſie zu-
ziehet, nur fuͤr eine Zaͤrtlichkeit der Natur:
aber nachhero weiſet ſichs anders, wenn das Ab-
nehmen und Verfallen des Leibes eine Weile
angehalten. Der Puls gehet geſchwind, und
doch ſchwach. Der Leib iſt manchmal heiß, ſon-
derlich in Haͤnden; und die fliegende Hitze macht

oͤf-
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0103" n="83"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Betrachtung der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/>
Nationen ausgemacht und verhu&#x0364;tet i&#x017F;t: es mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten junge Leute nicht eher zu&#x017F;ammen gegeben<lb/>
werden, bis der Leib gantz ausgewach&#x017F;en und<lb/>
&#x017F;eine vo&#x0364;llige Kra&#x0364;fte erreichet hat. So hat man<lb/>
auch Exempel, daß Hunde durch u&#x0364;berma&#x0364;ßige<lb/>
Geilheit derma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind ausgemergelt und hin-<lb/>
gerichtet, grindig und hager, ja&#x0364;mmerlich und<lb/>
greulich worden, daß &#x017F;ie zuletzt nicht mehr auf<lb/>
den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tehen konten. Daher hei&#x017F;&#x017F;et die<lb/>
geile Lu&#x017F;t bey den <hi rendition="#aq">Medicis medulli&#x017F;orba,</hi> die<lb/>
Marck- und Saftverzehrerin. Denn wie Feuer<lb/>
am Holtz und Stroh, &#x017F;o fri&#x017F;&#x017F;et Sie am Co&#x0364;rper,<lb/>
und richtet den Men&#x017F;chen &#x017F;o zu, daß er Kraft<lb/>
und Sta&#x0364;rcke, Ge&#x017F;talt und Scho&#x0364;nheit verlieret.<lb/>
Man kann es manchem Men&#x017F;chen an &#x017F;einem<lb/>
Ge&#x017F;icht, Ru&#x0364;cken, Lenden und Waden augen-<lb/>
&#x017F;cheinlich an&#x017F;ehen, und an den Ha&#x0364;nden anfu&#x0364;h-<lb/>
len, wenn er in der&#x017F;elben &#x017F;tecket. Denn &#x017F;ie<lb/>
macht &#x017F;einen Leib weichlich und unge&#x017F;und, ver-<lb/>
zehret dazu das Fett und Flei&#x017F;ch, macht ihn un-<lb/>
&#x017F;cheinbar, ge&#x017F;chlang, hager, wanckend und unge-<lb/>
&#x017F;talt an Waden und Lenden. Sie i&#x017F;t um de&#x017F;to<lb/>
gefa&#x0364;hrlicher mit ihrem Schaden, weil &#x017F;ie im An-<lb/>
fang &#x017F;o wohl dem Patienten als dem <hi rendition="#aq">Medico</hi><lb/>
verborgen und unmercklich bleibet. Jnsgemein<lb/>
und anfa&#x0364;nglich ha&#x0364;lt man die Zufa&#x0364;lle, die &#x017F;ie zu-<lb/>
ziehet, nur fu&#x0364;r eine Za&#x0364;rtlichkeit der Natur:<lb/>
aber nachhero wei&#x017F;et &#x017F;ichs anders, wenn das Ab-<lb/>
nehmen und Verfallen des Leibes eine Weile<lb/>
angehalten. Der Puls gehet ge&#x017F;chwind, und<lb/>
doch &#x017F;chwach. Der Leib i&#x017F;t manchmal heiß, &#x017F;on-<lb/>
derlich in Ha&#x0364;nden; und die fliegende Hitze macht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">o&#x0364;f-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0103] Betrachtung der Unreinigkeit. Nationen ausgemacht und verhuͤtet iſt: es muͤ- ſten junge Leute nicht eher zuſammen gegeben werden, bis der Leib gantz ausgewachſen und ſeine voͤllige Kraͤfte erreichet hat. So hat man auch Exempel, daß Hunde durch uͤbermaͤßige Geilheit dermaſſen ſind ausgemergelt und hin- gerichtet, grindig und hager, jaͤmmerlich und greulich worden, daß ſie zuletzt nicht mehr auf den Fuͤſſen ſtehen konten. Daher heiſſet die geile Luſt bey den Medicis medulliſorba, die Marck- und Saftverzehrerin. Denn wie Feuer am Holtz und Stroh, ſo friſſet Sie am Coͤrper, und richtet den Menſchen ſo zu, daß er Kraft und Staͤrcke, Geſtalt und Schoͤnheit verlieret. Man kann es manchem Menſchen an ſeinem Geſicht, Ruͤcken, Lenden und Waden augen- ſcheinlich anſehen, und an den Haͤnden anfuͤh- len, wenn er in derſelben ſtecket. Denn ſie macht ſeinen Leib weichlich und ungeſund, ver- zehret dazu das Fett und Fleiſch, macht ihn un- ſcheinbar, geſchlang, hager, wanckend und unge- ſtalt an Waden und Lenden. Sie iſt um deſto gefaͤhrlicher mit ihrem Schaden, weil ſie im An- fang ſo wohl dem Patienten als dem Medico verborgen und unmercklich bleibet. Jnsgemein und anfaͤnglich haͤlt man die Zufaͤlle, die ſie zu- ziehet, nur fuͤr eine Zaͤrtlichkeit der Natur: aber nachhero weiſet ſichs anders, wenn das Ab- nehmen und Verfallen des Leibes eine Weile angehalten. Der Puls gehet geſchwind, und doch ſchwach. Der Leib iſt manchmal heiß, ſon- derlich in Haͤnden; und die fliegende Hitze macht oͤf- F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/103
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/103>, abgerufen am 28.04.2024.