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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.
du weißt, was die Midianiter gethan haben: sie schmück-
ten ihre Töchter und stellten sie den Jsraeliten vor;
doch konte sie niemand darzu zwingen, sondern, welche
nur selber wolten die liessen sich mit ihnen ein; die an-
dern aber wurden unwillig und strafften diesen Frevel
mit dem Tod solcher Versucher. Also muß man auch
mit unreinen Gedancken thun. Wenn sie anfangen im
Hertzen zu reden, so muß man ihnen nicht antworten
sondern beten, es bereuen und sagen: O du Sohn GOt-
tes, erbarme dich mein! Diese arme Seele sprach wie-
derum: Siehe, ich bemühe mich sehr, und finde doch
keine Zerknirschung in meinem Hertzen, auch keine
Krafft. Er antwortete: fahre du doch fort in der An-
dacht, denn ich habe weise Leute hören sagen: ein Be-
schwerer weiß nicht die Krafft seiner Worte, und den-
noch höret sie die Schlange, fühlet ihre Krafft und wird
dem Beschwerer unterthänig: also ob wir gleich die
Krafft desjenigen was wir reden nicht wissen, so er-
schrecken doch die Geister davor und weichen.

4) Daß man nicht unnöthige Sachen begehre
zu wissen, zu sehen und zu entdecken. Die Cu-
riosität hat schon manchen in unzehlich Leiden ge-
stürtzt, und ist auch ein Ast von der Erbsünde,
und gewißlich ein weit grösser Uebel, als man
insgemein dafür hält. Z. E. was wars Adam
und Eva vonnöthen zu wissen, was Böse sey? ich
meine sie habens sattsam erfahren müssen! O wie
selig wären sie bey ihrer Unerkentniß geblieben,
wann sie schon nie gewust hätten was Sünde und
Fall seye! Das ists, was sonst andere ehrliche
Christen auch rathen: Man soll aufs böse gantz ein-
fältig, schläfrig, plump und dumm, ja wie höltzern
und unbehülflich seyn. Je dümmer und unge-
schickter, und unbeweglicher und verächtlicher zum
Bösen: je geschwinder und leichter kann dich JE-
sus zum Guten tüchtig machen.

Bey der Nachjagung und Unterhaltung guter
Gedancken ist sonderlich das Wort zu mercken:
Wer da weiß Gutes zu thun, und thuts nicht

der
C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.
du weißt, was die Midianiter gethan haben: ſie ſchmuͤck-
ten ihre Toͤchter und ſtellten ſie den Jſraeliten vor;
doch konte ſie niemand darzu zwingen, ſondern, welche
nur ſelber wolten die lieſſen ſich mit ihnen ein; die an-
dern aber wurden unwillig und ſtrafften dieſen Frevel
mit dem Tod ſolcher Verſucher. Alſo muß man auch
mit unreinen Gedancken thun. Wenn ſie anfangen im
Hertzen zu reden, ſo muß man ihnen nicht antworten
ſondern beten, es bereuen und ſagen: O du Sohn GOt-
tes, erbarme dich mein! Dieſe arme Seele ſprach wie-
derum: Siehe, ich bemuͤhe mich ſehr, und finde doch
keine Zerknirſchung in meinem Hertzen, auch keine
Krafft. Er antwortete: fahre du doch fort in der An-
dacht, denn ich habe weiſe Leute hoͤren ſagen: ein Be-
ſchwerer weiß nicht die Krafft ſeiner Worte, und den-
noch hoͤret ſie die Schlange, fuͤhlet ihre Krafft und wird
dem Beſchwerer unterthaͤnig: alſo ob wir gleich die
Krafft desjenigen was wir reden nicht wiſſen, ſo er-
ſchrecken doch die Geiſter davor und weichen.

4) Daß man nicht unnoͤthige Sachen begehre
zu wiſſen, zu ſehen und zu entdecken. Die Cu-
rioſitaͤt hat ſchon manchen in unzehlich Leiden ge-
ſtuͤrtzt, und iſt auch ein Aſt von der Erbſuͤnde,
und gewißlich ein weit groͤſſer Uebel, als man
insgemein dafuͤr haͤlt. Z. E. was wars Adam
und Eva vonnoͤthen zu wiſſen, was Boͤſe ſey? ich
meine ſie habens ſattſam erfahren muͤſſen! O wie
ſelig waͤren ſie bey ihrer Unerkentniß geblieben,
wann ſie ſchon nie gewuſt haͤtten was Suͤnde und
Fall ſeye! Das iſts, was ſonſt andere ehrliche
Chriſten auch rathen: Man ſoll aufs boͤſe gantz ein-
faͤltig, ſchlaͤfrig, plump und dumm, ja wie hoͤltzern
und unbehuͤlflich ſeyn. Je duͤmmer und unge-
ſchickter, und unbeweglicher und veraͤchtlicher zum
Boͤſen: je geſchwinder und leichter kann dich JE-
ſus zum Guten tuͤchtig machen.

Bey der Nachjagung und Unterhaltung guter
Gedancken iſt ſonderlich das Wort zu mercken:
Wer da weiß Gutes zu thun, und thuts nicht

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[637/0657] C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit. du weißt, was die Midianiter gethan haben: ſie ſchmuͤck- ten ihre Toͤchter und ſtellten ſie den Jſraeliten vor; doch konte ſie niemand darzu zwingen, ſondern, welche nur ſelber wolten die lieſſen ſich mit ihnen ein; die an- dern aber wurden unwillig und ſtrafften dieſen Frevel mit dem Tod ſolcher Verſucher. Alſo muß man auch mit unreinen Gedancken thun. Wenn ſie anfangen im Hertzen zu reden, ſo muß man ihnen nicht antworten ſondern beten, es bereuen und ſagen: O du Sohn GOt- tes, erbarme dich mein! Dieſe arme Seele ſprach wie- derum: Siehe, ich bemuͤhe mich ſehr, und finde doch keine Zerknirſchung in meinem Hertzen, auch keine Krafft. Er antwortete: fahre du doch fort in der An- dacht, denn ich habe weiſe Leute hoͤren ſagen: ein Be- ſchwerer weiß nicht die Krafft ſeiner Worte, und den- noch hoͤret ſie die Schlange, fuͤhlet ihre Krafft und wird dem Beſchwerer unterthaͤnig: alſo ob wir gleich die Krafft desjenigen was wir reden nicht wiſſen, ſo er- ſchrecken doch die Geiſter davor und weichen. 4) Daß man nicht unnoͤthige Sachen begehre zu wiſſen, zu ſehen und zu entdecken. Die Cu- rioſitaͤt hat ſchon manchen in unzehlich Leiden ge- ſtuͤrtzt, und iſt auch ein Aſt von der Erbſuͤnde, und gewißlich ein weit groͤſſer Uebel, als man insgemein dafuͤr haͤlt. Z. E. was wars Adam und Eva vonnoͤthen zu wiſſen, was Boͤſe ſey? ich meine ſie habens ſattſam erfahren muͤſſen! O wie ſelig waͤren ſie bey ihrer Unerkentniß geblieben, wann ſie ſchon nie gewuſt haͤtten was Suͤnde und Fall ſeye! Das iſts, was ſonſt andere ehrliche Chriſten auch rathen: Man ſoll aufs boͤſe gantz ein- faͤltig, ſchlaͤfrig, plump und dumm, ja wie hoͤltzern und unbehuͤlflich ſeyn. Je duͤmmer und unge- ſchickter, und unbeweglicher und veraͤchtlicher zum Boͤſen: je geſchwinder und leichter kann dich JE- ſus zum Guten tuͤchtig machen. Bey der Nachjagung und Unterhaltung guter Gedancken iſt ſonderlich das Wort zu mercken: Wer da weiß Gutes zu thun, und thuts nicht der

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/657>, abgerufen am 12.05.2024.