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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 56. Vermögensrecht.
gen wird also dadurch in eine reine Quantität verwan-
delt, daß alle Bestandtheile desselben in das Eigenthum
von Geldsummen aufgelöst werden: so das Eigenthum je-
der anderen Sache -- alle jura in re -- der bloße Ge-
brauch einer Sache, natürlich mit besonderer Rücksicht auf
dessen Dauer -- endlich auch Obligationen, also Forde-
rungen und Schulden, mögen sie nun auf das Verschaffen
dinglicher Rechte und ihres bloßen Genusses gerichtet seyn
oder nicht (dare, facere). Dadurch wird es möglich, auch
die reine faciendi obligatio auf wahres Eigenthum zurück-
zuführen (l), so daß sich nun das individuelle Vermögen
stets als Eigenthum einer Geldsumme, oder als unbezahl-
bare Geldschuld, oder als völliges Nichts auffassen läßt.
Zugleich aber erhält nunmehr einen bestimmteren Sinn
die im Anfang dieses §. gemachte Bemerkung, daß nicht
alle Handlungen zu Gegenständen von Obligationen gleich-
mäßig geeignet sind: es eignen sich nämlich dazu nicht
diejenigen Handlungen, für welche die Verwandlung in
Geldsummen völlig undenkbar seyn würde; wenigstens kön-

setzung eines unveräußerlichen Ei-
genthums; gewiß also noch weit
weniger einen Werth der Hand-
lungen, insbesondere der Arbeit,
die er in jener Stelle nur nicht
erwähnt. Allein durch diese unnö-
thige Beschränkung verliert jener
Begriff den größten Theil seiner
Brauchbarkeit.
(l) Welche praktische Folgen an
diese bloße Möglichkeit zu
knüpfen sind, bleibt hier noch
ganz unentschieden. Erst im Obli-
gationenrecht kann untersucht wer-
den, ob eine solche Verwandlung
stets in der Wahl des Schuldners
steht, oder ob sie nur als Aus-
hülfe gelten darf da wo der ur-
sprüngliche Gegenstand der Obli-
gation nicht mehr möglich ist.

§. 56. Vermögensrecht.
gen wird alſo dadurch in eine reine Quantität verwan-
delt, daß alle Beſtandtheile deſſelben in das Eigenthum
von Geldſummen aufgelöſt werden: ſo das Eigenthum je-
der anderen Sache — alle jura in re — der bloße Ge-
brauch einer Sache, natürlich mit beſonderer Rückſicht auf
deſſen Dauer — endlich auch Obligationen, alſo Forde-
rungen und Schulden, mögen ſie nun auf das Verſchaffen
dinglicher Rechte und ihres bloßen Genuſſes gerichtet ſeyn
oder nicht (dare, facere). Dadurch wird es möglich, auch
die reine faciendi obligatio auf wahres Eigenthum zurück-
zuführen (l), ſo daß ſich nun das individuelle Vermögen
ſtets als Eigenthum einer Geldſumme, oder als unbezahl-
bare Geldſchuld, oder als völliges Nichts auffaſſen läßt.
Zugleich aber erhält nunmehr einen beſtimmteren Sinn
die im Anfang dieſes §. gemachte Bemerkung, daß nicht
alle Handlungen zu Gegenſtänden von Obligationen gleich-
mäßig geeignet ſind: es eignen ſich nämlich dazu nicht
diejenigen Handlungen, für welche die Verwandlung in
Geldſummen völlig undenkbar ſeyn würde; wenigſtens kön-

ſetzung eines unveräußerlichen Ei-
genthums; gewiß alſo noch weit
weniger einen Werth der Hand-
lungen, insbeſondere der Arbeit,
die er in jener Stelle nur nicht
erwähnt. Allein durch dieſe unnö-
thige Beſchränkung verliert jener
Begriff den größten Theil ſeiner
Brauchbarkeit.
(l) Welche praktiſche Folgen an
dieſe bloße Möglichkeit zu
knüpfen ſind, bleibt hier noch
ganz unentſchieden. Erſt im Obli-
gationenrecht kann unterſucht wer-
den, ob eine ſolche Verwandlung
ſtets in der Wahl des Schuldners
ſteht, oder ob ſie nur als Aus-
hülfe gelten darf da wo der ur-
ſprüngliche Gegenſtand der Obli-
gation nicht mehr möglich iſt.
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[377/0433] §. 56. Vermögensrecht. gen wird alſo dadurch in eine reine Quantität verwan- delt, daß alle Beſtandtheile deſſelben in das Eigenthum von Geldſummen aufgelöſt werden: ſo das Eigenthum je- der anderen Sache — alle jura in re — der bloße Ge- brauch einer Sache, natürlich mit beſonderer Rückſicht auf deſſen Dauer — endlich auch Obligationen, alſo Forde- rungen und Schulden, mögen ſie nun auf das Verſchaffen dinglicher Rechte und ihres bloßen Genuſſes gerichtet ſeyn oder nicht (dare, facere). Dadurch wird es möglich, auch die reine faciendi obligatio auf wahres Eigenthum zurück- zuführen (l), ſo daß ſich nun das individuelle Vermögen ſtets als Eigenthum einer Geldſumme, oder als unbezahl- bare Geldſchuld, oder als völliges Nichts auffaſſen läßt. Zugleich aber erhält nunmehr einen beſtimmteren Sinn die im Anfang dieſes §. gemachte Bemerkung, daß nicht alle Handlungen zu Gegenſtänden von Obligationen gleich- mäßig geeignet ſind: es eignen ſich nämlich dazu nicht diejenigen Handlungen, für welche die Verwandlung in Geldſummen völlig undenkbar ſeyn würde; wenigſtens kön- (k) (l) Welche praktiſche Folgen an dieſe bloße Möglichkeit zu knüpfen ſind, bleibt hier noch ganz unentſchieden. Erſt im Obli- gationenrecht kann unterſucht wer- den, ob eine ſolche Verwandlung ſtets in der Wahl des Schuldners ſteht, oder ob ſie nur als Aus- hülfe gelten darf da wo der ur- ſprüngliche Gegenſtand der Obli- gation nicht mehr möglich iſt. (k) ſetzung eines unveräußerlichen Ei- genthums; gewiß alſo noch weit weniger einen Werth der Hand- lungen, insbeſondere der Arbeit, die er in jener Stelle nur nicht erwähnt. Allein durch dieſe unnö- thige Beſchränkung verliert jener Begriff den größten Theil ſeiner Brauchbarkeit.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/433>, abgerufen am 20.05.2024.