Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 75. Rechtsfähigkeit u. cap. deminutio. Heutige Anwendung.
die Confiscation eintreten ohne alle capitis deminutio (bb).
-- Eben so zufällig zusammentreffend, und den Begriffen
nach von einander unabhängig, sind die Confiscation, und
die Fiction des Todes. Bleibt man bey dem strengen Be-
griff dieser Fiction stehen, so folgt daraus nicht Confis-
cation, sondern Beerbung, da ja auch das Vermögen des
wirklich Todten nicht confiscirt, sondern vererbt wird.

Von den hier aufgestellten Sätzen soll nun noch eine
besondere Anwendung auf die Testamentsfähigkeit eines
Verurtheilten gemacht werden. Wo Confiscation des Ver-
mögens eintritt, ist es sehr einleuchtend, daß jedes Testa-
ment des Verurtheilten unwirksam bleiben muß, es mag
vor oder nach der Verurtheilung gemacht seyn. Dieser
Grund verschwindet also für eine heutige Gesetzgebung,
wenn darin die Confiscation überhaupt nicht aufgenom-
men wird.

Bey den Römern war der entscheidende Grund, der
jedes frühere Testament bey solchen Strafen vernichten
mußte, die capitis deminutio, da selbst die minima diese
Wirkung hatte. Nur wenn zur Zeit des Todes eine Her-
stellung des vorigen Zustandes erfolgt war, sollte das frü-
here Testament, welches nach jus civile ungültig war und
blieb, durch den Prätor aufrecht erhalten werden (cc).
Nach der Verurtheilung konnte kein Testament gemacht

(bb) L. 7 § 5 de bonis damn.
(48. 20).
(cc) Gajus II. § 145. 147. Ul-
pian
. XXIII. § 4. 6. L. 1 § 8.
L. 11 § 2 de B. P. sec. tab. (37.
11.). L. 8 § 3 de j. codic. (29.
7.). L. 6 § 5--13 de injusto
(28. 3.).

§. 75. Rechtsfähigkeit u. cap. deminutio. Heutige Anwendung.
die Confiscation eintreten ohne alle capitis deminutio (bb).
— Eben ſo zufällig zuſammentreffend, und den Begriffen
nach von einander unabhängig, ſind die Confiscation, und
die Fiction des Todes. Bleibt man bey dem ſtrengen Be-
griff dieſer Fiction ſtehen, ſo folgt daraus nicht Confis-
cation, ſondern Beerbung, da ja auch das Vermögen des
wirklich Todten nicht confiscirt, ſondern vererbt wird.

Von den hier aufgeſtellten Sätzen ſoll nun noch eine
beſondere Anwendung auf die Teſtamentsfähigkeit eines
Verurtheilten gemacht werden. Wo Confiscation des Ver-
moͤgens eintritt, iſt es ſehr einleuchtend, daß jedes Teſta-
ment des Verurtheilten unwirkſam bleiben muß, es mag
vor oder nach der Verurtheilung gemacht ſeyn. Dieſer
Grund verſchwindet alſo für eine heutige Geſetzgebung,
wenn darin die Confiscation überhaupt nicht aufgenom-
men wird.

Bey den Römern war der entſcheidende Grund, der
jedes frühere Teſtament bey ſolchen Strafen vernichten
mußte, die capitis deminutio, da ſelbſt die minima dieſe
Wirkung hatte. Nur wenn zur Zeit des Todes eine Her-
ſtellung des vorigen Zuſtandes erfolgt war, ſollte das frü-
here Teſtament, welches nach jus civile ungültig war und
blieb, durch den Prätor aufrecht erhalten werden (cc).
Nach der Verurtheilung konnte kein Teſtament gemacht

(bb) L. 7 § 5 de bonis damn.
(48. 20).
(cc) Gajus II. § 145. 147. Ul-
pian
. XXIII. § 4. 6. L. 1 § 8.
L. 11 § 2 de B. P. sec. tab. (37.
11.). L. 8 § 3 de j. codic. (29.
7.). L. 6 § 5—13 de injusto
(28. 3.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0181" n="167"/><fw place="top" type="header">§. 75. Rechtsfähigkeit u. <hi rendition="#aq">cap. deminutio.</hi> Heutige Anwendung.</fw><lb/>
die Confiscation eintreten ohne alle <hi rendition="#aq">capitis deminutio</hi> <note place="foot" n="(bb)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 § 5 <hi rendition="#i">de bonis damn.</hi></hi><lb/>
(48. 20).</note>.<lb/>
&#x2014; Eben &#x017F;o zufällig zu&#x017F;ammentreffend, und den Begriffen<lb/>
nach von einander unabhängig, &#x017F;ind die Confiscation, und<lb/>
die Fiction des Todes. Bleibt man bey dem &#x017F;trengen Be-<lb/>
griff die&#x017F;er Fiction &#x017F;tehen, &#x017F;o folgt daraus nicht Confis-<lb/>
cation, &#x017F;ondern Beerbung, da ja auch das Vermögen des<lb/>
wirklich Todten nicht confiscirt, &#x017F;ondern vererbt wird.</p><lb/>
            <p>Von den hier aufge&#x017F;tellten Sätzen &#x017F;oll nun noch eine<lb/>
be&#x017F;ondere Anwendung auf die Te&#x017F;tamentsfähigkeit eines<lb/>
Verurtheilten gemacht werden. Wo Confiscation des Ver-<lb/>
mo&#x0364;gens eintritt, i&#x017F;t es &#x017F;ehr einleuchtend, daß jedes Te&#x017F;ta-<lb/>
ment des Verurtheilten unwirk&#x017F;am bleiben muß, es mag<lb/>
vor oder nach der Verurtheilung gemacht &#x017F;eyn. Die&#x017F;er<lb/>
Grund ver&#x017F;chwindet al&#x017F;o für eine heutige Ge&#x017F;etzgebung,<lb/>
wenn darin die Confiscation überhaupt nicht aufgenom-<lb/>
men wird.</p><lb/>
            <p>Bey den Römern war der ent&#x017F;cheidende Grund, der<lb/>
jedes frühere Te&#x017F;tament bey &#x017F;olchen Strafen vernichten<lb/>
mußte, die <hi rendition="#aq">capitis deminutio,</hi> da &#x017F;elb&#x017F;t die <hi rendition="#aq">minima</hi> die&#x017F;e<lb/>
Wirkung hatte. Nur wenn zur Zeit des Todes eine Her-<lb/>
&#x017F;tellung des vorigen Zu&#x017F;tandes erfolgt war, &#x017F;ollte das frü-<lb/>
here Te&#x017F;tament, welches nach <hi rendition="#aq">jus civile</hi> ungültig war und<lb/>
blieb, durch den Prätor aufrecht erhalten werden <note place="foot" n="(cc)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> II. § 145. 147. <hi rendition="#k">Ul-<lb/>
pian</hi>. XXIII. § 4. 6. <hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 8.<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 11 § 2 <hi rendition="#i">de B. P. sec. tab.</hi> (37.<lb/>
11.). <hi rendition="#i">L.</hi> 8 § 3 <hi rendition="#i">de j. codic.</hi> (29.<lb/>
7.). <hi rendition="#i">L.</hi> 6 § 5&#x2014;13 <hi rendition="#i">de injusto</hi><lb/>
(28. 3.).</hi></note>.<lb/>
Nach der Verurtheilung konnte kein Te&#x017F;tament gemacht<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0181] §. 75. Rechtsfähigkeit u. cap. deminutio. Heutige Anwendung. die Confiscation eintreten ohne alle capitis deminutio (bb). — Eben ſo zufällig zuſammentreffend, und den Begriffen nach von einander unabhängig, ſind die Confiscation, und die Fiction des Todes. Bleibt man bey dem ſtrengen Be- griff dieſer Fiction ſtehen, ſo folgt daraus nicht Confis- cation, ſondern Beerbung, da ja auch das Vermögen des wirklich Todten nicht confiscirt, ſondern vererbt wird. Von den hier aufgeſtellten Sätzen ſoll nun noch eine beſondere Anwendung auf die Teſtamentsfähigkeit eines Verurtheilten gemacht werden. Wo Confiscation des Ver- moͤgens eintritt, iſt es ſehr einleuchtend, daß jedes Teſta- ment des Verurtheilten unwirkſam bleiben muß, es mag vor oder nach der Verurtheilung gemacht ſeyn. Dieſer Grund verſchwindet alſo für eine heutige Geſetzgebung, wenn darin die Confiscation überhaupt nicht aufgenom- men wird. Bey den Römern war der entſcheidende Grund, der jedes frühere Teſtament bey ſolchen Strafen vernichten mußte, die capitis deminutio, da ſelbſt die minima dieſe Wirkung hatte. Nur wenn zur Zeit des Todes eine Her- ſtellung des vorigen Zuſtandes erfolgt war, ſollte das frü- here Teſtament, welches nach jus civile ungültig war und blieb, durch den Prätor aufrecht erhalten werden (cc). Nach der Verurtheilung konnte kein Teſtament gemacht (bb) L. 7 § 5 de bonis damn. (48. 20). (cc) Gajus II. § 145. 147. Ul- pian. XXIII. § 4. 6. L. 1 § 8. L. 11 § 2 de B. P. sec. tab. (37. 11.). L. 8 § 3 de j. codic. (29. 7.). L. 6 § 5—13 de injusto (28. 3.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/181
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/181>, abgerufen am 15.05.2024.