Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
der besonderen Natur der Corporationen zu erklären. Diese
Gründe paßten völlig eben so auf das Ararium (populus)
und den Fiscus (e); dennoch werden dieselben bey dieser
Gelegenheit gar nicht erwähnt, weder als mit derselben
Unfähigkeit wie die Corporationen behaftet, noch als da-
von ursprünglich frey, oder in irgend einer späteren Zeit
befreyt. Daneben aber finden sich nicht wenige Fälle, in
welchen das Ärarium Erbschaften und Legate wirklich er-
warb, ohne Spur eines Zweifels an der rechtlichen Mög-
lichkeit dieser Erwerbung (§ 93. D). Diese Erscheinungen
erklären sich aus der erwähnten eigenthümlichen Natur des
Staatsvermögens. Der populus, von welchem alles Recht
überhaupt ausgieng, konnte unmöglich irgend eine Art der
Rechtsfähigkeit entbehren. So mußte es seyn zu jeder
Zeit, und von einer besonderen Verleihung einer solchen
Fähigkeit konnte nicht die Rede seyn. Die alten Juristen
aber scheinen dieses Alles so natürlich und nothwendig zu
finden, daß es ihnen gar nicht in den Sinn kam, Regeln
darüber aufzustellen, und insbesondere den wesentlichen Un-
terschied zwischen dem Fiscus und den Corporationen be-
merklich zu machen.



(e) Ohne Zweifel passen auf
den populus ebensowohl wie auf
jedes Municipium, Ulpians Worte
(XXII. § 5): "quoniam incertum
corpus est, ut neque cernere
universi, neque pro herede ge-
rere possint, ut heredet fiant."

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
der beſonderen Natur der Corporationen zu erklären. Dieſe
Gründe paßten völlig eben ſo auf das Ararium (populus)
und den Fiscus (e); dennoch werden dieſelben bey dieſer
Gelegenheit gar nicht erwähnt, weder als mit derſelben
Unfähigkeit wie die Corporationen behaftet, noch als da-
von urſprünglich frey, oder in irgend einer ſpäteren Zeit
befreyt. Daneben aber finden ſich nicht wenige Fälle, in
welchen das Ärarium Erbſchaften und Legate wirklich er-
warb, ohne Spur eines Zweifels an der rechtlichen Moͤg-
lichkeit dieſer Erwerbung (§ 93. D). Dieſe Erſcheinungen
erklären ſich aus der erwähnten eigenthümlichen Natur des
Staatsvermögens. Der populus, von welchem alles Recht
überhaupt ausgieng, konnte unmoͤglich irgend eine Art der
Rechtsfähigkeit entbehren. So mußte es ſeyn zu jeder
Zeit, und von einer beſonderen Verleihung einer ſolchen
Fähigkeit konnte nicht die Rede ſeyn. Die alten Juriſten
aber ſcheinen dieſes Alles ſo natürlich und nothwendig zu
finden, daß es ihnen gar nicht in den Sinn kam, Regeln
darüber aufzuſtellen, und insbeſondere den weſentlichen Un-
terſchied zwiſchen dem Fiscus und den Corporationen be-
merklich zu machen.



(e) Ohne Zweifel paſſen auf
den populus ebenſowohl wie auf
jedes Municipium, Ulpians Worte
(XXII. § 5): „quoniam incertum
corpus est, ut neque cernere
universi, neque pro herede ge-
rere possint, ut heredet fiant.”
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0376" n="362"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
der be&#x017F;onderen Natur der Corporationen zu erklären. Die&#x017F;e<lb/>
Gründe paßten völlig eben &#x017F;o auf das Ararium (<hi rendition="#aq">populus</hi>)<lb/>
und den Fiscus <note place="foot" n="(e)">Ohne Zweifel pa&#x017F;&#x017F;en auf<lb/>
den <hi rendition="#aq">populus</hi> eben&#x017F;owohl wie auf<lb/>
jedes Municipium, Ulpians Worte<lb/>
(<hi rendition="#aq">XXII.</hi> § 5): <hi rendition="#aq">&#x201E;quoniam incertum<lb/>
corpus est, ut neque cernere<lb/>
universi, neque pro herede ge-<lb/>
rere possint, ut heredet fiant.&#x201D;</hi></note>; dennoch werden die&#x017F;elben bey die&#x017F;er<lb/>
Gelegenheit gar nicht erwähnt, weder als mit der&#x017F;elben<lb/>
Unfähigkeit wie die Corporationen behaftet, noch als da-<lb/>
von ur&#x017F;prünglich frey, oder in irgend einer &#x017F;päteren Zeit<lb/>
befreyt. Daneben aber finden &#x017F;ich nicht wenige Fälle, in<lb/>
welchen das Ärarium Erb&#x017F;chaften und Legate wirklich er-<lb/>
warb, ohne Spur eines Zweifels an der rechtlichen Mo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit die&#x017F;er Erwerbung (§ 93. <hi rendition="#aq">D</hi>). Die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen<lb/>
erklären &#x017F;ich aus der erwähnten eigenthümlichen Natur des<lb/>
Staatsvermögens. Der <hi rendition="#aq">populus,</hi> von welchem alles Recht<lb/>
überhaupt ausgieng, konnte unmo&#x0364;glich irgend eine Art der<lb/>
Rechtsfähigkeit entbehren. So mußte es &#x017F;eyn zu jeder<lb/>
Zeit, und von einer be&#x017F;onderen Verleihung einer &#x017F;olchen<lb/>
Fähigkeit konnte nicht die Rede &#x017F;eyn. Die alten Juri&#x017F;ten<lb/>
aber &#x017F;cheinen die&#x017F;es Alles &#x017F;o natürlich und nothwendig zu<lb/>
finden, daß es ihnen gar nicht in den Sinn kam, Regeln<lb/>
darüber aufzu&#x017F;tellen, und insbe&#x017F;ondere den we&#x017F;entlichen Un-<lb/>
ter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen dem Fiscus und den Corporationen be-<lb/>
merklich zu machen.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0376] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. der beſonderen Natur der Corporationen zu erklären. Dieſe Gründe paßten völlig eben ſo auf das Ararium (populus) und den Fiscus (e); dennoch werden dieſelben bey dieſer Gelegenheit gar nicht erwähnt, weder als mit derſelben Unfähigkeit wie die Corporationen behaftet, noch als da- von urſprünglich frey, oder in irgend einer ſpäteren Zeit befreyt. Daneben aber finden ſich nicht wenige Fälle, in welchen das Ärarium Erbſchaften und Legate wirklich er- warb, ohne Spur eines Zweifels an der rechtlichen Moͤg- lichkeit dieſer Erwerbung (§ 93. D). Dieſe Erſcheinungen erklären ſich aus der erwähnten eigenthümlichen Natur des Staatsvermögens. Der populus, von welchem alles Recht überhaupt ausgieng, konnte unmoͤglich irgend eine Art der Rechtsfähigkeit entbehren. So mußte es ſeyn zu jeder Zeit, und von einer beſonderen Verleihung einer ſolchen Fähigkeit konnte nicht die Rede ſeyn. Die alten Juriſten aber ſcheinen dieſes Alles ſo natürlich und nothwendig zu finden, daß es ihnen gar nicht in den Sinn kam, Regeln darüber aufzuſtellen, und insbeſondere den weſentlichen Un- terſchied zwiſchen dem Fiscus und den Corporationen be- merklich zu machen. (e) Ohne Zweifel paſſen auf den populus ebenſowohl wie auf jedes Municipium, Ulpians Worte (XXII. § 5): „quoniam incertum corpus est, ut neque cernere universi, neque pro herede ge- rere possint, ut heredet fiant.”

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/376
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/376>, abgerufen am 08.05.2024.