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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 268. Wirkung der L. C. -- Prozeßzinsen.
Ausdruck durch seine Weitläufigkeit zum gewöhnlichen
Gebrauch unbequem ist. Die neueren Schriftsteller nennen
sie seit Jahrhunderten mit einem barbarisch gebildeten Aus-
druck res fungibiles (a). Ich werde dafür den Ausdruck:
Quantitäten gebrauchen, der die entschiedene Autorität
der Römischen Juristen für sich hat. Denn obgleich in
vielen, ja den meisten, Stellen der Ausdruck quantitas so
viel bedeutet als: Größe oder Umfang, also eine allgemeine
Eigenschaft die den verschiedensten Sachen zukommt, so
wird er doch auch in mehreren unzweifelhaften Stellen geradezu
gebraucht um die hier erwähnte besondere Art von Sachen
zu bezeichnen, also Sachen die nach Zahl, Maaß oder
Gewicht einer bestimmten Gattung, nicht nach ihrer Indi-
vidualität, als Gegenstände von Rechtsverhältnissen be-
handelt zu werden pflegen. Eine Sache solcher Art heißt
quantitas, im Gegensatz von corpus oder species, d. h. einer
Sache, die den individuellen Gegenstand eines Rechts-
geschäfts bildet (b).


(a) Die Veranlassung zu diesem
Ausdruck liegt in L. 2 § 1 de reb.
cred.
(12. 1) "quia in genere
suo functionem recipiunt per
solutionem."
Es scheint, daß
der Ausdruck res fungibiles ein-
geführt worden ist von Zasius in
§ 30 J. de actionibus N. 17. 18,

wenigstens thut er sich etwas darauf
zu gut, die anderen Schriftsteller zu-
recht zu weisen, die dafür quanti-
tas
sagen "sed male et barbare:
sola enim pecunia quantitas
dicitur, quia per eam quanta
quaeque res sit aestimatur."
(b) L. 34 § 3--6 de leg. 1. (30),
L. 15 § 4 de usufr. (7. 1), L. 94
§ 1 de solut.
(46. 3). Allerdings
ist in diesen Stellen zunächst von
Geldsummen die Rede, die ohnehin
die häufigste und wichtigste quan-
titas
bilden. Allein in der ersten
Stelle wird damit auch alles Übrige
quod pondere, numero, men-

§. 268. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen.
Ausdruck durch ſeine Weitläufigkeit zum gewöhnlichen
Gebrauch unbequem iſt. Die neueren Schriftſteller nennen
ſie ſeit Jahrhunderten mit einem barbariſch gebildeten Aus-
druck res fungibiles (a). Ich werde dafür den Ausdruck:
Quantitäten gebrauchen, der die entſchiedene Autorität
der Römiſchen Juriſten für ſich hat. Denn obgleich in
vielen, ja den meiſten, Stellen der Ausdruck quantitas ſo
viel bedeutet als: Größe oder Umfang, alſo eine allgemeine
Eigenſchaft die den verſchiedenſten Sachen zukommt, ſo
wird er doch auch in mehreren unzweifelhaften Stellen geradezu
gebraucht um die hier erwähnte beſondere Art von Sachen
zu bezeichnen, alſo Sachen die nach Zahl, Maaß oder
Gewicht einer beſtimmten Gattung, nicht nach ihrer Indi-
vidualität, als Gegenſtände von Rechtsverhältniſſen be-
handelt zu werden pflegen. Eine Sache ſolcher Art heißt
quantitas, im Gegenſatz von corpus oder species, d. h. einer
Sache, die den individuellen Gegenſtand eines Rechts-
geſchäfts bildet (b).


(a) Die Veranlaſſung zu dieſem
Ausdruck liegt in L. 2 § 1 de reb.
cred.
(12. 1) „quia in genere
suo functionem recipiunt per
solutionem.“
Es ſcheint, daß
der Ausdruck res fungibiles ein-
geführt worden iſt von Zasius in
§ 30 J. de actionibus N. 17. 18,

wenigſtens thut er ſich etwas darauf
zu gut, die anderen Schriftſteller zu-
recht zu weiſen, die dafür quanti-
tas
ſagen „sed male et barbare:
sola enim pecunia quantitas
dicitur, quia per eam quanta
quaeque res sit aestimatur.“
(b) L. 34 § 3—6 de leg. 1. (30),
L. 15 § 4 de usufr. (7. 1), L. 94
§ 1 de solut.
(46. 3). Allerdings
iſt in dieſen Stellen zunächſt von
Geldſummen die Rede, die ohnehin
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titas
bilden. Allein in der erſten
Stelle wird damit auch alles Übrige
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[123/0141] §. 268. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. Ausdruck durch ſeine Weitläufigkeit zum gewöhnlichen Gebrauch unbequem iſt. Die neueren Schriftſteller nennen ſie ſeit Jahrhunderten mit einem barbariſch gebildeten Aus- druck res fungibiles (a). Ich werde dafür den Ausdruck: Quantitäten gebrauchen, der die entſchiedene Autorität der Römiſchen Juriſten für ſich hat. Denn obgleich in vielen, ja den meiſten, Stellen der Ausdruck quantitas ſo viel bedeutet als: Größe oder Umfang, alſo eine allgemeine Eigenſchaft die den verſchiedenſten Sachen zukommt, ſo wird er doch auch in mehreren unzweifelhaften Stellen geradezu gebraucht um die hier erwähnte beſondere Art von Sachen zu bezeichnen, alſo Sachen die nach Zahl, Maaß oder Gewicht einer beſtimmten Gattung, nicht nach ihrer Indi- vidualität, als Gegenſtände von Rechtsverhältniſſen be- handelt zu werden pflegen. Eine Sache ſolcher Art heißt quantitas, im Gegenſatz von corpus oder species, d. h. einer Sache, die den individuellen Gegenſtand eines Rechts- geſchäfts bildet (b). (a) Die Veranlaſſung zu dieſem Ausdruck liegt in L. 2 § 1 de reb. cred. (12. 1) „quia in genere suo functionem recipiunt per solutionem.“ Es ſcheint, daß der Ausdruck res fungibiles ein- geführt worden iſt von Zasius in § 30 J. de actionibus N. 17. 18, wenigſtens thut er ſich etwas darauf zu gut, die anderen Schriftſteller zu- recht zu weiſen, die dafür quanti- tas ſagen „sed male et barbare: sola enim pecunia quantitas dicitur, quia per eam quanta quaeque res sit aestimatur.“ (b) L. 34 § 3—6 de leg. 1. (30), L. 15 § 4 de usufr. (7. 1), L. 94 § 1 de solut. (46. 3). Allerdings iſt in dieſen Stellen zunächſt von Geldſummen die Rede, die ohnehin die häufigſte und wichtigſte quan- titas bilden. Allein in der erſten Stelle wird damit auch alles Übrige quod pondere, numero, men-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/141>, abgerufen am 29.04.2024.