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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Sie gründet sich theils auf die schon erwähnten einzelnen
Spuren des alten Rechtsinstituts, welche sich zufällig im
Justinianischen Recht erhalten haben, theils darauf, daß
manche wirkliche Bestandtheile des allein noch übrigen
Rechtsinstituts mit dem alten Institut der Klagenconsum-
tion irrigerweise in Verbindung gesetzt werden; dieses Letzte
deutlich zu machen, wird erst weiter unten möglich seyn
(§ 286). -- Die hier bemerklich gemachte irrige Auffassung
hat übrigens eine blos theoretische Natur; es wird aus der
angeblichen Fortdauer der negativen Function im heutigen
Recht durchaus keine praktische Behauptung abgeleitet, die
nicht auch aus der richtigen Auffassung vertheidigt werden
könnte: insbesondere wird nicht, wie man etwa befürchten
könnte, der Einrede eine ungebührliche Ausdehnung zu
geben versucht (c).

Eine ganz verschiedene Gestalt hat das Misverständniß
der neuen Entdeckung bei einigen andern Schriftstellern an-
genommen (d). Es ist nämlich oben erwähnt worden, daß
zur Zeit der alten Juristen beide Rechtsinstitute neben ein-
ander bestanden, und daß die aus dieser Verbindung ent-
sprungenen Schwierigkeiten von den alten Juristen wohl
erkannt und mit gutem Erfolg beseitigt wurden (§ 282).
Jene neueren Schriftsteller aber fassen die Sache so auf.
Nach ihrer Meinung haben sich die Römer niemals von

(c) Vgl. den Schluß des § 282.
(d) Kierulff Theorie des ge-
meinen Civilrechts Th. 1. S. 250
bis 256. -- Buchka B. 2 S. 76.
184. 192. 200.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Sie gründet ſich theils auf die ſchon erwähnten einzelnen
Spuren des alten Rechtsinſtituts, welche ſich zufällig im
Juſtinianiſchen Recht erhalten haben, theils darauf, daß
manche wirkliche Beſtandtheile des allein noch übrigen
Rechtsinſtituts mit dem alten Inſtitut der Klagenconſum-
tion irrigerweiſe in Verbindung geſetzt werden; dieſes Letzte
deutlich zu machen, wird erſt weiter unten möglich ſeyn
(§ 286). — Die hier bemerklich gemachte irrige Auffaſſung
hat übrigens eine blos theoretiſche Natur; es wird aus der
angeblichen Fortdauer der negativen Function im heutigen
Recht durchaus keine praktiſche Behauptung abgeleitet, die
nicht auch aus der richtigen Auffaſſung vertheidigt werden
könnte: insbeſondere wird nicht, wie man etwa befürchten
könnte, der Einrede eine ungebührliche Ausdehnung zu
geben verſucht (c).

Eine ganz verſchiedene Geſtalt hat das Misverſtändniß
der neuen Entdeckung bei einigen andern Schriftſtellern an-
genommen (d). Es iſt nämlich oben erwähnt worden, daß
zur Zeit der alten Juriſten beide Rechtsinſtitute neben ein-
ander beſtanden, und daß die aus dieſer Verbindung ent-
ſprungenen Schwierigkeiten von den alten Juriſten wohl
erkannt und mit gutem Erfolg beſeitigt wurden (§ 282).
Jene neueren Schriftſteller aber faſſen die Sache ſo auf.
Nach ihrer Meinung haben ſich die Römer niemals von

(c) Vgl. den Schluß des § 282.
(d) Kierulff Theorie des ge-
meinen Civilrechts Th. 1. S. 250
bis 256. — Buchka B. 2 S. 76.
184. 192. 200.
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[282/0300] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Sie gründet ſich theils auf die ſchon erwähnten einzelnen Spuren des alten Rechtsinſtituts, welche ſich zufällig im Juſtinianiſchen Recht erhalten haben, theils darauf, daß manche wirkliche Beſtandtheile des allein noch übrigen Rechtsinſtituts mit dem alten Inſtitut der Klagenconſum- tion irrigerweiſe in Verbindung geſetzt werden; dieſes Letzte deutlich zu machen, wird erſt weiter unten möglich ſeyn (§ 286). — Die hier bemerklich gemachte irrige Auffaſſung hat übrigens eine blos theoretiſche Natur; es wird aus der angeblichen Fortdauer der negativen Function im heutigen Recht durchaus keine praktiſche Behauptung abgeleitet, die nicht auch aus der richtigen Auffaſſung vertheidigt werden könnte: insbeſondere wird nicht, wie man etwa befürchten könnte, der Einrede eine ungebührliche Ausdehnung zu geben verſucht (c). Eine ganz verſchiedene Geſtalt hat das Misverſtändniß der neuen Entdeckung bei einigen andern Schriftſtellern an- genommen (d). Es iſt nämlich oben erwähnt worden, daß zur Zeit der alten Juriſten beide Rechtsinſtitute neben ein- ander beſtanden, und daß die aus dieſer Verbindung ent- ſprungenen Schwierigkeiten von den alten Juriſten wohl erkannt und mit gutem Erfolg beſeitigt wurden (§ 282). Jene neueren Schriftſteller aber faſſen die Sache ſo auf. Nach ihrer Meinung haben ſich die Römer niemals von (c) Vgl. den Schluß des § 282. (d) Kierulff Theorie des ge- meinen Civilrechts Th. 1. S. 250 bis 256. — Buchka B. 2 S. 76. 184. 192. 200.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/300>, abgerufen am 28.04.2024.