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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 367. II. Sachenrecht. Eigenthum.

Ein Zweifel kann noch entstehen für die Fälle, in wel-
chen der Aufenthalt der beweglichen Sache, während der
Ersitzungszeit, innerhalb verschiedener Landgebiete gewesen
ist. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß alle diese Zeiten
des Besitzes zusammengerechnet werden müssen. Der Ab-
lauf der Ersitzung aber, also der vollendete Erwerb des
Eigenthums, muß nach dem Recht des Orts beurtheilt
werden, an welchem zuletzt die Sache sich befindet, weil
erst mit dem Ablauf des ganzen Zeitraums die Veränderung
im Eigenthum eingetreten, vorher aber eine solche nur
erst vorbereitet worden ist (k). Ist einmal nach diesem
Recht durch Ersitzung das Eigenthum erworben, so muß
dasselbe auch in jedem anderen Lande anerkannt werden,
wenngleich das Gesetz dieses Landes einen längeren Zeit-
raum erfordern möchte.

6. Die Verfolgung des Eigenthums durch Klage, mit
allen dazu gehörenden näheren Bestimmungen, ist zu beur-
theilen nach dem Recht des Ortes, an welchem der Prozeß
geführt wird (l).

Dieses kann der Ort der gelegenen Sache sein, wegen
des an diesem Orte begründeten Gerichtsstandes (§ 366. a);
alsdann ist die lex rei sitae anwendbar. Es kann aber
auch der Wohnsitz des Beklagten sein, weil nach gemeinem

(k) Es gilt also bier derselbe
Grundsatz, wie bei der zeitlichen
Collision der Usucapionsgesetze
(§ 391. b).
(l) S. o. § 361 Num. 3 C.
§. 367. II. Sachenrecht. Eigenthum.

Ein Zweifel kann noch entſtehen für die Fälle, in wel-
chen der Aufenthalt der beweglichen Sache, während der
Erſitzungszeit, innerhalb verſchiedener Landgebiete geweſen
iſt. Es kann nicht zweifelhaft ſein, daß alle dieſe Zeiten
des Beſitzes zuſammengerechnet werden müſſen. Der Ab-
lauf der Erſitzung aber, alſo der vollendete Erwerb des
Eigenthums, muß nach dem Recht des Orts beurtheilt
werden, an welchem zuletzt die Sache ſich befindet, weil
erſt mit dem Ablauf des ganzen Zeitraums die Veränderung
im Eigenthum eingetreten, vorher aber eine ſolche nur
erſt vorbereitet worden iſt (k). Iſt einmal nach dieſem
Recht durch Erſitzung das Eigenthum erworben, ſo muß
daſſelbe auch in jedem anderen Lande anerkannt werden,
wenngleich das Geſetz dieſes Landes einen längeren Zeit-
raum erfordern möchte.

6. Die Verfolgung des Eigenthums durch Klage, mit
allen dazu gehörenden näheren Beſtimmungen, iſt zu beur-
theilen nach dem Recht des Ortes, an welchem der Prozeß
geführt wird (l).

Dieſes kann der Ort der gelegenen Sache ſein, wegen
des an dieſem Orte begründeten Gerichtsſtandes (§ 366. a);
alsdann iſt die lex rei sitae anwendbar. Es kann aber
auch der Wohnſitz des Beklagten ſein, weil nach gemeinem

(k) Es gilt alſo bier derſelbe
Grundſatz, wie bei der zeitlichen
Colliſion der Uſucapionsgeſetze
(§ 391. b).
(l) S. o. § 361 Num. 3 C.
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[187/0209] §. 367. II. Sachenrecht. Eigenthum. Ein Zweifel kann noch entſtehen für die Fälle, in wel- chen der Aufenthalt der beweglichen Sache, während der Erſitzungszeit, innerhalb verſchiedener Landgebiete geweſen iſt. Es kann nicht zweifelhaft ſein, daß alle dieſe Zeiten des Beſitzes zuſammengerechnet werden müſſen. Der Ab- lauf der Erſitzung aber, alſo der vollendete Erwerb des Eigenthums, muß nach dem Recht des Orts beurtheilt werden, an welchem zuletzt die Sache ſich befindet, weil erſt mit dem Ablauf des ganzen Zeitraums die Veränderung im Eigenthum eingetreten, vorher aber eine ſolche nur erſt vorbereitet worden iſt (k). Iſt einmal nach dieſem Recht durch Erſitzung das Eigenthum erworben, ſo muß daſſelbe auch in jedem anderen Lande anerkannt werden, wenngleich das Geſetz dieſes Landes einen längeren Zeit- raum erfordern möchte. 6. Die Verfolgung des Eigenthums durch Klage, mit allen dazu gehörenden näheren Beſtimmungen, iſt zu beur- theilen nach dem Recht des Ortes, an welchem der Prozeß geführt wird (l). Dieſes kann der Ort der gelegenen Sache ſein, wegen des an dieſem Orte begründeten Gerichtsſtandes (§ 366. a); alsdann iſt die lex rei sitae anwendbar. Es kann aber auch der Wohnſitz des Beklagten ſein, weil nach gemeinem (k) Es gilt alſo bier derſelbe Grundſatz, wie bei der zeitlichen Colliſion der Uſucapionsgeſetze (§ 391. b). (l) S. o. § 361 Num. 3 C.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/209>, abgerufen am 29.04.2024.