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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 379. V. Familienrecht. A. Ehe.
Wohnsitzes geändert werden könne. Der Grund wird meist
darin gesetzt, daß in der Eingehung der Ehe der stillschwei-
gende Vertrag enthalten sey, das Güterrecht nach dem an
dem gegenwärtigen Wohnsitz geltenden Gesetz unabänderlich
einrichten zu wollen (h). Diese Meinung halte ich für
richtig; der angegebene Grund wird noch näher geprüft
werden.

Eine zweite Meinung verneint die Annahme eines still-
schweigenden Vertrags, und läßt das eheliche Güterrecht
lediglich aus dem am Wohnsitz geltenden Gesetz entstehen.
Daraus wird gefolgert, daß im Fall eines neu gewählten
Wohnsitzes auch das Gesetz dieses neuen Wohnsitzes ent-
scheiden müsse, daß also jeder Wechsel ein anderes Güter-
recht zur Folge haben könne (i).

Eine dritte, vermittelnde Meinung endlich verwirft, so
wie die zweite, die Annahme des stillschweigenden Vertrags,
und läßt gleichfalls nur das Gesetz des zu jeder Zeit vor-
handenen Wohnsitzes entscheiden, jedoch mit der Maaßgabe,
daß das bei der Gründung der Ehe einmal erworbene
Vermögen unverändert bleibe (als jus quaesitum), und nur

(h) P. Voet. Sect. 9 C. 2
§ 7. I Voet. in Pand. XXIII.
2 § 87. Hert. § 48. 49. Pufen-
dorf
II. Obs.
121. Wächter II.
S. 49--55. Schäffner § 109--
114. Foelix p. 130--132. Bü-
low
und Hagemann Erör-
terungen B. 6 Num 24. Pfeiffer
praktische Ausführungen B. 2
Num. 6. Urtheile der Gerichte
von Celle (1836) und München
(1845) bei Seuffert Archiv B. 1
N. 152.
(i) Eichhorn deutsches Recht
§ 35. g. § 307. d. § 310. e. f.
Story
§ 187. Andere Schriftsteller
werden angeführt von Wächter II.
S. 49.

§. 379. V. Familienrecht. A. Ehe.
Wohnſitzes geändert werden könne. Der Grund wird meiſt
darin geſetzt, daß in der Eingehung der Ehe der ſtillſchwei-
gende Vertrag enthalten ſey, das Güterrecht nach dem an
dem gegenwärtigen Wohnſitz geltenden Geſetz unabänderlich
einrichten zu wollen (h). Dieſe Meinung halte ich für
richtig; der angegebene Grund wird noch näher geprüft
werden.

Eine zweite Meinung verneint die Annahme eines ſtill-
ſchweigenden Vertrags, und läßt das eheliche Güterrecht
lediglich aus dem am Wohnſitz geltenden Geſetz entſtehen.
Daraus wird gefolgert, daß im Fall eines neu gewählten
Wohnſitzes auch das Geſetz dieſes neuen Wohnſitzes ent-
ſcheiden müſſe, daß alſo jeder Wechſel ein anderes Güter-
recht zur Folge haben könne (i).

Eine dritte, vermittelnde Meinung endlich verwirft, ſo
wie die zweite, die Annahme des ſtillſchweigenden Vertrags,
und läßt gleichfalls nur das Geſetz des zu jeder Zeit vor-
handenen Wohnſitzes entſcheiden, jedoch mit der Maaßgabe,
daß das bei der Gründung der Ehe einmal erworbene
Vermögen unverändert bleibe (als jus quaesitum), und nur

(h) P. Voet. Sect. 9 C. 2
§ 7. I Voet. in Pand. XXIII.
2 § 87. Hert. § 48. 49. Pufen-
dorf
II. Obs.
121. Wächter II.
S. 49—55. Schäffner § 109—
114. Foelix p. 130—132. Bü-
low
und Hagemann Erör-
terungen B. 6 Num 24. Pfeiffer
praktiſche Ausführungen B. 2
Num. 6. Urtheile der Gerichte
von Celle (1836) und München
(1845) bei Seuffert Archiv B. 1
N. 152.
(i) Eichhorn deutſches Recht
§ 35. g. § 307. d. § 310. e. f.
Story
§ 187. Andere Schriftſteller
werden angeführt von Wächter II.
S. 49.
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[329/0351] §. 379. V. Familienrecht. A. Ehe. Wohnſitzes geändert werden könne. Der Grund wird meiſt darin geſetzt, daß in der Eingehung der Ehe der ſtillſchwei- gende Vertrag enthalten ſey, das Güterrecht nach dem an dem gegenwärtigen Wohnſitz geltenden Geſetz unabänderlich einrichten zu wollen (h). Dieſe Meinung halte ich für richtig; der angegebene Grund wird noch näher geprüft werden. Eine zweite Meinung verneint die Annahme eines ſtill- ſchweigenden Vertrags, und läßt das eheliche Güterrecht lediglich aus dem am Wohnſitz geltenden Geſetz entſtehen. Daraus wird gefolgert, daß im Fall eines neu gewählten Wohnſitzes auch das Geſetz dieſes neuen Wohnſitzes ent- ſcheiden müſſe, daß alſo jeder Wechſel ein anderes Güter- recht zur Folge haben könne (i). Eine dritte, vermittelnde Meinung endlich verwirft, ſo wie die zweite, die Annahme des ſtillſchweigenden Vertrags, und läßt gleichfalls nur das Geſetz des zu jeder Zeit vor- handenen Wohnſitzes entſcheiden, jedoch mit der Maaßgabe, daß das bei der Gründung der Ehe einmal erworbene Vermögen unverändert bleibe (als jus quaesitum), und nur (h) P. Voet. Sect. 9 C. 2 § 7. I Voet. in Pand. XXIII. 2 § 87. Hert. § 48. 49. Pufen- dorf II. Obs. 121. Wächter II. S. 49—55. Schäffner § 109— 114. Foelix p. 130—132. Bü- low und Hagemann Erör- terungen B. 6 Num 24. Pfeiffer praktiſche Ausführungen B. 2 Num. 6. Urtheile der Gerichte von Celle (1836) und München (1845) bei Seuffert Archiv B. 1 N. 152. (i) Eichhorn deutſches Recht § 35. g. § 307. d. § 310. e. f. Story § 187. Andere Schriftſteller werden angeführt von Wächter II. S. 49.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/351>, abgerufen am 04.06.2024.