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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Thomasius de vagabundo (Diss. Vol. 1. N. 3.).
Glück B. 6. § 512--515.
Kierulff B. 1. S. 122--128.


Der zweite Grund, wodurch der Einzelne Angehöriger
einer Stadtgemeinde werden konnte, war, der Wohnsitz
(domicilium) (a).

Als Wohnsitz eines Menschen ist derjenige Ort zu be-
trachten, welchen derselbe zum bleibenden Aufenthalt, und
dadurch zugleich zum Mittelpunkt seiner Rechtsverhältnisse
und Geschäfte frei gewählt hat (b). -- Der bleibende
Aufenthalt schließt aber weder eine vorübergehende Abwe-

(a) Wohnsitz halte ich für
bezeichnender und darum besser
als Wohnort; eine verschiedene
Bedeutung beider Ausdrücke aber
(Linde § 88 Note l) kann ich
nicht einräumen. Die Verschieden-
heit vom bloßen Aufenthalt wird
sogleich erwähnt und näher be-
stimmt werden. -- Die Lehre vom
domicilium wird hier, eben so
wie die von der origo, allerdings
zunächst in ihrem Zusammenhang
mit dem R. R. festgestellt. Da
sich aber unten zeigen wird, daß
im heutigen Recht das domicilium
in den Hauptpunkten dieselbe
Stellung wie im R. R. einnimmt,
so schien es zweckmäßig, dabei
gleich hier auch den heutigen Rechts-
zustand mit zu berücksichtigen.
(b) L. 7 C. de incolis (10. 39)
(s. o. § 350. f) ". , incolas
vero . . domicilium facit. Et
in eo loco singulos habere
domicilium non ambigitur, ubi
quis larem rerumque ac fortu-
narum suarum summam con-
stituit, unde rursus non sit
discessurus, si nihil avocet,
unde quum profectus est, pere-
grinari videtur, quo si rediit,
peregrinari jam destitit." --
L. 203 de V. S. (50. 16) "...
Sed de ea re constitutum esse,
eam domum unicuique nostrum
debere existimari, ubi quisque
sedes et tabulas haberet, sua-
rumque rerum constitutionem
fecisset".
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Thomasius de vagabundo (Diss. Vol. 1. N. 3.).
Glück B. 6. § 512—515.
Kierulff B. 1. S. 122—128.


Der zweite Grund, wodurch der Einzelne Angehöriger
einer Stadtgemeinde werden konnte, war, der Wohnſitz
(domicilium) (a).

Als Wohnſitz eines Menſchen iſt derjenige Ort zu be-
trachten, welchen derſelbe zum bleibenden Aufenthalt, und
dadurch zugleich zum Mittelpunkt ſeiner Rechtsverhältniſſe
und Geſchäfte frei gewählt hat (b). — Der bleibende
Aufenthalt ſchließt aber weder eine vorübergehende Abwe-

(a) Wohnſitz halte ich für
bezeichnender und darum beſſer
als Wohnort; eine verſchiedene
Bedeutung beider Ausdrücke aber
(Linde § 88 Note l) kann ich
nicht einräumen. Die Verſchieden-
heit vom bloßen Aufenthalt wird
ſogleich erwähnt und näher be-
ſtimmt werden. — Die Lehre vom
domicilium wird hier, eben ſo
wie die von der origo, allerdings
zunächſt in ihrem Zuſammenhang
mit dem R. R. feſtgeſtellt. Da
ſich aber unten zeigen wird, daß
im heutigen Recht das domicilium
in den Hauptpunkten dieſelbe
Stellung wie im R. R. einnimmt,
ſo ſchien es zweckmäßig, dabei
gleich hier auch den heutigen Rechts-
zuſtand mit zu berückſichtigen.
(b) L. 7 C. de incolis (10. 39)
(ſ. o. § 350. f) „. , incolas
vero . . domicilium facit. Et
in eo loco singulos habere
domicilium non ambigitur, ubi
quis larem rerumque ac fortu-
narum suarum summam con-
stituit, unde rursus non sit
discessurus, si nihil avocet,
unde quum profectus est, pere-
grinari videtur, quo si rediit,
peregrinari jam destitit.“ —
L. 203 de V. S. (50. 16) „…
Sed de ea re constitutum esse,
eam domum unicuique nostrum
debere existimari, ubi quisque
sedes et tabulas haberet, sua-
rumque rerum constitutionem
fecisset“.
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[58/0080] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Thomasius de vagabundo (Diss. Vol. 1. N. 3.). Glück B. 6. § 512—515. Kierulff B. 1. S. 122—128. Der zweite Grund, wodurch der Einzelne Angehöriger einer Stadtgemeinde werden konnte, war, der Wohnſitz (domicilium) (a). Als Wohnſitz eines Menſchen iſt derjenige Ort zu be- trachten, welchen derſelbe zum bleibenden Aufenthalt, und dadurch zugleich zum Mittelpunkt ſeiner Rechtsverhältniſſe und Geſchäfte frei gewählt hat (b). — Der bleibende Aufenthalt ſchließt aber weder eine vorübergehende Abwe- (a) Wohnſitz halte ich für bezeichnender und darum beſſer als Wohnort; eine verſchiedene Bedeutung beider Ausdrücke aber (Linde § 88 Note l) kann ich nicht einräumen. Die Verſchieden- heit vom bloßen Aufenthalt wird ſogleich erwähnt und näher be- ſtimmt werden. — Die Lehre vom domicilium wird hier, eben ſo wie die von der origo, allerdings zunächſt in ihrem Zuſammenhang mit dem R. R. feſtgeſtellt. Da ſich aber unten zeigen wird, daß im heutigen Recht das domicilium in den Hauptpunkten dieſelbe Stellung wie im R. R. einnimmt, ſo ſchien es zweckmäßig, dabei gleich hier auch den heutigen Rechts- zuſtand mit zu berückſichtigen. (b) L. 7 C. de incolis (10. 39) (ſ. o. § 350. f) „. , incolas vero . . domicilium facit. Et in eo loco singulos habere domicilium non ambigitur, ubi quis larem rerumque ac fortu- narum suarum summam con- stituit, unde rursus non sit discessurus, si nihil avocet, unde quum profectus est, pere- grinari videtur, quo si rediit, peregrinari jam destitit.“ — L. 203 de V. S. (50. 16) „… Sed de ea re constitutum esse, eam domum unicuique nostrum debere existimari, ubi quisque sedes et tabulas haberet, sua- rumque rerum constitutionem fecisset“.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/80>, abgerufen am 29.04.2024.