Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

ich jetzt rein, von edlem Dufte, über alle Furcht hinaus. - Die Seele des Gerechten thut dann einen Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Gedankens; die Seele des Gerechten thut einen zweiten Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Wortes; die Seele des Gerechten thut einen dritten Schritt und setzt sich an den Ort der reinen That; die Seele des Gerechten thut einen vierten Schritt und geht damit in das Urlicht ein."

Diese Lehre des alten Zendvolkes ist auch die einzige die erste und die letzte Lehre der Maurerei, sie will des Menschen Geist durch das Licht seines Lebens und Sterbens in das Urlicht zurückgeleiten. Auf dem Denkmale der Meister löst die Seele des Gerechten sich von dem Leibe, von dem Staube los und steigt durch ihre eigenen Thaten, durch ihr eigenes reines Gesetz, als zum Lichte durch sich selbst geworden, zum Urlichte empor. Das weisse Kleid, welches der Maurerlehrling, der Lehrling der Weisheit als das Symbol seines Strebens nach der Reinheit der Gedanken, Worte und Werke empfängt, muss in dem Grabe des Maurermeisters in der That und Wahrheit das Kleid, das Wesen seiner Seele sein, damit diesem reinen Lichtwesen der Himmel sich öffne. Der Lehrling und Geselle suchen das Licht auf Erden; der Maurermeister muss es in dem Himmel finden, wenn nicht die Finsterniss ihn auf die Erde, in dem Grabe bannen soll. Das Licht in sich selbst soll in dem Leben hier der Maurer pflegen und treu bewahren, dann wird nach dem Tode ihn das ewige Licht und Leben umfangen. Das Licht allein, der reine Geist, das reine Ich ist unvergänglich und ewig, lebt unsterblich wie das Denkmal der Meister spricht. Deponens aliena, unus ascendit; also die Seele, der Geist, das individuelle Wesen, der Eine dauert fort.1) Die Unsterblichkeit des Geistes ist dem Maurer nicht das indische Vergehen und

1) Besonders hatten auch die alten Kelten den Glauben an die individuelle Fortdauer des Menschen nach dem Tode, an das himmlische Leben als einer blossen Fortsetzung des irdischen und auf diesem Glauben beruhen die keltischen Todtenbestattungsgebräuche, wornach der Todte auch für das künftige Leben mit Allem versehen wurde, was er hier bedurft und geliebt hatte (Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. III, S. 69 ff.).

ich jetzt rein, von edlem Dufte, über alle Furcht hinaus. – Die Seele des Gerechten thut dann einen Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Gedankens; die Seele des Gerechten thut einen zweiten Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Wortes; die Seele des Gerechten thut einen dritten Schritt und setzt sich an den Ort der reinen That; die Seele des Gerechten thut einen vierten Schritt und geht damit in das Urlicht ein.“

Diese Lehre des alten Zendvolkes ist auch die einzige die erste und die letzte Lehre der Maurerei, sie will des Menschen Geist durch das Licht seines Lebens und Sterbens in das Urlicht zurückgeleiten. Auf dem Denkmale der Meister löst die Seele des Gerechten sich von dem Leibe, von dem Staube los und steigt durch ihre eigenen Thaten, durch ihr eigenes reines Gesetz, als zum Lichte durch sich selbst geworden, zum Urlichte empor. Das weisse Kleid, welches der Maurerlehrling, der Lehrling der Weisheit als das Symbol seines Strebens nach der Reinheit der Gedanken, Worte und Werke empfängt, muss in dem Grabe des Maurermeisters in der That und Wahrheit das Kleid, das Wesen seiner Seele sein, damit diesem reinen Lichtwesen der Himmel sich öffne. Der Lehrling und Geselle suchen das Licht auf Erden; der Maurermeister muss es in dem Himmel finden, wenn nicht die Finsterniss ihn auf die Erde, in dem Grabe bannen soll. Das Licht in sich selbst soll in dem Leben hier der Maurer pflegen und treu bewahren, dann wird nach dem Tode ihn das ewige Licht und Leben umfangen. Das Licht allein, der reine Geist, das reine Ich ist unvergänglich und ewig, lebt unsterblich wie das Denkmal der Meister spricht. Deponens aliena, unus ascendit; also die Seele, der Geist, das individuelle Wesen, der Eine dauert fort.1) Die Unsterblichkeit des Geistes ist dem Maurer nicht das indische Vergehen und

1) Besonders hatten auch die alten Kelten den Glauben an die individuelle Fortdauer des Menschen nach dem Tode, an das himmlische Leben als einer blossen Fortsetzung des irdischen und auf diesem Glauben beruhen die keltischen Todtenbestattungsgebräuche, wornach der Todte auch für das künftige Leben mit Allem versehen wurde, was er hier bedurft und geliebt hatte (Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. III, S. 69 ff.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="113"/>
ich jetzt rein, von edlem Dufte, über alle Furcht hinaus. &#x2013; Die Seele des Gerechten thut dann einen Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Gedankens; die Seele des Gerechten thut einen zweiten Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Wortes; die Seele des Gerechten thut einen dritten Schritt und setzt sich an den Ort der reinen That; die Seele des Gerechten thut einen vierten Schritt und geht damit in das Urlicht ein.&#x201C; </p>
        <p>Diese Lehre des alten Zendvolkes ist auch die einzige die erste und die letzte Lehre der Maurerei, sie will des Menschen Geist durch das Licht seines Lebens und Sterbens in das Urlicht zurückgeleiten. Auf dem Denkmale der Meister löst die Seele des Gerechten sich von dem Leibe, von dem Staube los und steigt durch ihre eigenen Thaten, durch ihr eigenes reines Gesetz, als zum Lichte durch sich selbst geworden, zum Urlichte empor. Das weisse Kleid, welches der Maurerlehrling, der Lehrling der Weisheit als das Symbol seines Strebens nach der Reinheit der Gedanken, Worte und Werke empfängt, muss in dem Grabe des Maurermeisters in der That und Wahrheit das Kleid, das Wesen seiner Seele sein, damit diesem reinen Lichtwesen der Himmel sich öffne. Der Lehrling und Geselle suchen das Licht auf Erden; der Maurermeister muss es in dem Himmel finden, wenn nicht die Finsterniss ihn auf die Erde, in dem Grabe bannen soll. Das Licht in sich selbst soll in dem Leben hier der Maurer pflegen und treu bewahren, dann wird nach dem Tode ihn das ewige Licht und Leben umfangen. Das Licht allein, der reine Geist, das reine Ich ist unvergänglich und ewig, lebt unsterblich wie das Denkmal der Meister spricht. Deponens aliena, <hi rendition="#g">unus</hi> ascendit; also die Seele, der Geist, das individuelle Wesen, der Eine dauert fort.<note place="foot" n="1)">Besonders hatten auch die alten Kelten den Glauben an die individuelle Fortdauer des Menschen nach dem Tode, an das himmlische Leben als einer blossen Fortsetzung des irdischen und auf diesem Glauben beruhen die keltischen Todtenbestattungsgebräuche, wornach der Todte auch für das künftige Leben mit Allem versehen wurde, was er hier bedurft und geliebt hatte (Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. III, S. 69 ff.).<lb/></note> Die Unsterblichkeit des Geistes ist dem Maurer nicht das indische Vergehen und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0133] ich jetzt rein, von edlem Dufte, über alle Furcht hinaus. – Die Seele des Gerechten thut dann einen Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Gedankens; die Seele des Gerechten thut einen zweiten Schritt und setzt sich an den Ort des reinen Wortes; die Seele des Gerechten thut einen dritten Schritt und setzt sich an den Ort der reinen That; die Seele des Gerechten thut einen vierten Schritt und geht damit in das Urlicht ein.“ Diese Lehre des alten Zendvolkes ist auch die einzige die erste und die letzte Lehre der Maurerei, sie will des Menschen Geist durch das Licht seines Lebens und Sterbens in das Urlicht zurückgeleiten. Auf dem Denkmale der Meister löst die Seele des Gerechten sich von dem Leibe, von dem Staube los und steigt durch ihre eigenen Thaten, durch ihr eigenes reines Gesetz, als zum Lichte durch sich selbst geworden, zum Urlichte empor. Das weisse Kleid, welches der Maurerlehrling, der Lehrling der Weisheit als das Symbol seines Strebens nach der Reinheit der Gedanken, Worte und Werke empfängt, muss in dem Grabe des Maurermeisters in der That und Wahrheit das Kleid, das Wesen seiner Seele sein, damit diesem reinen Lichtwesen der Himmel sich öffne. Der Lehrling und Geselle suchen das Licht auf Erden; der Maurermeister muss es in dem Himmel finden, wenn nicht die Finsterniss ihn auf die Erde, in dem Grabe bannen soll. Das Licht in sich selbst soll in dem Leben hier der Maurer pflegen und treu bewahren, dann wird nach dem Tode ihn das ewige Licht und Leben umfangen. Das Licht allein, der reine Geist, das reine Ich ist unvergänglich und ewig, lebt unsterblich wie das Denkmal der Meister spricht. Deponens aliena, unus ascendit; also die Seele, der Geist, das individuelle Wesen, der Eine dauert fort. 1) Die Unsterblichkeit des Geistes ist dem Maurer nicht das indische Vergehen und 1) Besonders hatten auch die alten Kelten den Glauben an die individuelle Fortdauer des Menschen nach dem Tode, an das himmlische Leben als einer blossen Fortsetzung des irdischen und auf diesem Glauben beruhen die keltischen Todtenbestattungsgebräuche, wornach der Todte auch für das künftige Leben mit Allem versehen wurde, was er hier bedurft und geliebt hatte (Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. III, S. 69 ff.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/133
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/133>, abgerufen am 29.04.2024.