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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Wie geht's Euch, Hunnentäufer? sprach sie leicht, ich bin ernstlich
um Euch besorgt. Es hat mir geträumt, ein großer brauner Meer-
krebs sei den Rhein herauf geschwommen und aus dem Rhein in
Bodensee, und vom Bodensee sei er auf unsere Burg gekrochen, und
hätt' schneidige Scheeren, und hätt' Euch drein geklemmt und scharf
in's Fleisch geschnitten. Der Seekrebs heißt Gunzo. Habt Ihr noch
viel so gute Freunde?

Ekkehard lächelte.

Ich mißfalle manchem Mann, der mir auch nicht gefallen kann,
sprach er. Wer an rußige Kessel anstößt, kann leichtlich schwarz
werden.

Scheint Euch aber ganz gleichgiltig zu sein -- sprach Praxedis.
Ihr solltet Euch schon heut' auf eine Antwort besinnen. Siedet den
Krebs roth ab, dann beißt er nimmer.

Die Antwort, erwiederte Ekkehard, hat ein Anderer für mich ge-
geben. Wer zu seinem Bruder spricht Rakka! wird des hohen Rathes
schuldig sein, und wer sagt: du Narr! wird des höllischen Feuers
schuldig sein.

Ihr seid recht fromm und mild, sagte Praxedis, aber sehet zu,
wie weit Ihr damit in der Welt kommet. Wer sich seiner Haut
nicht wehret, dem wird sie abgezogen. Auch den schlechten Feind
sollt Ihr nicht gering anschlagen: sieben Wespen zusammen stechen ein
Roß todt.

Die Griechin hatte recht. Stumme Verachtung unwürdigen An-
greifers gilt allzuleicht für Schwäche. Aber es war Ekkehard's Na-
tur so.

Praxedis trat einen Schritt auf ihn zu, daß er betroffen zurück-
wich. Soll ich Euch noch einen guten Rath geben, Ehrwürdigster?
sprach sie. Er nickte schweigend.

Ihr schreitet wieder viel zu ernst einher; es möchte Einer glauben,
Ihr wollet mit Sonne und Mond Kegel schieben wenn Ihr des We-
ges kommt. 's ist heißer Sommer jetzt, die Capuze macht Euch
schwül. Lasset Euch ein linnen Gewand beschaffen, und meinetwegen
auch den Schloßbrunnen über's Haupt rieseln, aber seid fröhlich und
guter Dinge. Die Herrin möchte sonst recht gleichgiltig für Euch
werden.

Wie geht's Euch, Hunnentäufer? ſprach ſie leicht, ich bin ernſtlich
um Euch beſorgt. Es hat mir geträumt, ein großer brauner Meer-
krebs ſei den Rhein herauf geſchwommen und aus dem Rhein in
Bodenſee, und vom Bodenſee ſei er auf unſere Burg gekrochen, und
hätt' ſchneidige Scheeren, und hätt' Euch drein geklemmt und ſcharf
in's Fleiſch geſchnitten. Der Seekrebs heißt Gunzo. Habt Ihr noch
viel ſo gute Freunde?

Ekkehard lächelte.

Ich mißfalle manchem Mann, der mir auch nicht gefallen kann,
ſprach er. Wer an rußige Keſſel anſtößt, kann leichtlich ſchwarz
werden.

Scheint Euch aber ganz gleichgiltig zu ſein — ſprach Praxedis.
Ihr ſolltet Euch ſchon heut' auf eine Antwort beſinnen. Siedet den
Krebs roth ab, dann beißt er nimmer.

Die Antwort, erwiederte Ekkehard, hat ein Anderer für mich ge-
geben. Wer zu ſeinem Bruder ſpricht Rakka! wird des hohen Rathes
ſchuldig ſein, und wer ſagt: du Narr! wird des hölliſchen Feuers
ſchuldig ſein.

Ihr ſeid recht fromm und mild, ſagte Praxedis, aber ſehet zu,
wie weit Ihr damit in der Welt kommet. Wer ſich ſeiner Haut
nicht wehret, dem wird ſie abgezogen. Auch den ſchlechten Feind
ſollt Ihr nicht gering anſchlagen: ſieben Wespen zuſammen ſtechen ein
Roß todt.

Die Griechin hatte recht. Stumme Verachtung unwürdigen An-
greifers gilt allzuleicht für Schwäche. Aber es war Ekkehard's Na-
tur ſo.

Praxedis trat einen Schritt auf ihn zu, daß er betroffen zurück-
wich. Soll ich Euch noch einen guten Rath geben, Ehrwürdigſter?
ſprach ſie. Er nickte ſchweigend.

Ihr ſchreitet wieder viel zu ernſt einher; es möchte Einer glauben,
Ihr wollet mit Sonne und Mond Kegel ſchieben wenn Ihr des We-
ges kommt. 's iſt heißer Sommer jetzt, die Capuze macht Euch
ſchwül. Laſſet Euch ein linnen Gewand beſchaffen, und meinetwegen
auch den Schloßbrunnen über's Haupt rieſeln, aber ſeid fröhlich und
guter Dinge. Die Herrin möchte ſonſt recht gleichgiltig für Euch
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[269/0291] Wie geht's Euch, Hunnentäufer? ſprach ſie leicht, ich bin ernſtlich um Euch beſorgt. Es hat mir geträumt, ein großer brauner Meer- krebs ſei den Rhein herauf geſchwommen und aus dem Rhein in Bodenſee, und vom Bodenſee ſei er auf unſere Burg gekrochen, und hätt' ſchneidige Scheeren, und hätt' Euch drein geklemmt und ſcharf in's Fleiſch geſchnitten. Der Seekrebs heißt Gunzo. Habt Ihr noch viel ſo gute Freunde? Ekkehard lächelte. Ich mißfalle manchem Mann, der mir auch nicht gefallen kann, ſprach er. Wer an rußige Keſſel anſtößt, kann leichtlich ſchwarz werden. Scheint Euch aber ganz gleichgiltig zu ſein — ſprach Praxedis. Ihr ſolltet Euch ſchon heut' auf eine Antwort beſinnen. Siedet den Krebs roth ab, dann beißt er nimmer. Die Antwort, erwiederte Ekkehard, hat ein Anderer für mich ge- geben. Wer zu ſeinem Bruder ſpricht Rakka! wird des hohen Rathes ſchuldig ſein, und wer ſagt: du Narr! wird des hölliſchen Feuers ſchuldig ſein. Ihr ſeid recht fromm und mild, ſagte Praxedis, aber ſehet zu, wie weit Ihr damit in der Welt kommet. Wer ſich ſeiner Haut nicht wehret, dem wird ſie abgezogen. Auch den ſchlechten Feind ſollt Ihr nicht gering anſchlagen: ſieben Wespen zuſammen ſtechen ein Roß todt. Die Griechin hatte recht. Stumme Verachtung unwürdigen An- greifers gilt allzuleicht für Schwäche. Aber es war Ekkehard's Na- tur ſo. Praxedis trat einen Schritt auf ihn zu, daß er betroffen zurück- wich. Soll ich Euch noch einen guten Rath geben, Ehrwürdigſter? ſprach ſie. Er nickte ſchweigend. Ihr ſchreitet wieder viel zu ernſt einher; es möchte Einer glauben, Ihr wollet mit Sonne und Mond Kegel ſchieben wenn Ihr des We- ges kommt. 's iſt heißer Sommer jetzt, die Capuze macht Euch ſchwül. Laſſet Euch ein linnen Gewand beſchaffen, und meinetwegen auch den Schloßbrunnen über's Haupt rieſeln, aber ſeid fröhlich und guter Dinge. Die Herrin möchte ſonſt recht gleichgiltig für Euch werden.

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/291>, abgerufen am 15.05.2024.