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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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Zweig der Kenntniß gebildet worden: nicht
ohne richtigen Sinn mit Enthaltung von al¬
ler Berufung auf innere qualitative Bestim¬
mungen. Nachdem die specifische Verschieden¬
heit der Materie selbst quantitativ begriffen
und die Möglichkeit gegeben ist, sie als Me¬
tamorphose einer und derselben Substanz durch
bloße Formänderung darzustellen: ist auch der
Weg zu einer historischen Construction der
Körperreihe geöffnet, zu welcher bereits durch
Steffens Ideen ein entschiedener Anfang ge¬
macht ist.

Die Geologie, welche das Gleiche in An¬
sehung der ganzen Erde seyn müßte, dürfte
keine ihrer Hervorbringungen ausschließen und
müßte die Genesis aller in historischer Ste¬
tigkeit und Wechselbestimmung zeigen. Da
die reale Seite der Wissenschaft immer nur
historisch seyn kann, (weil außer der Wissen¬
schaft nichts ist, was unmittelbar und ur¬
sprünglich auf Wahrheit geht, als die Hi¬
storie), so würde die Geologie, in der Fülle
der höchsten Ausbildung, als Historie der

Zweig der Kenntniß gebildet worden: nicht
ohne richtigen Sinn mit Enthaltung von al¬
ler Berufung auf innere qualitative Beſtim¬
mungen. Nachdem die ſpecifiſche Verſchieden¬
heit der Materie ſelbſt quantitativ begriffen
und die Moͤglichkeit gegeben iſt, ſie als Me¬
tamorphoſe einer und derſelben Subſtanz durch
bloße Formaͤnderung darzuſtellen: iſt auch der
Weg zu einer hiſtoriſchen Conſtruction der
Koͤrperreihe geoͤffnet, zu welcher bereits durch
Steffens Ideen ein entſchiedener Anfang ge¬
macht iſt.

Die Geologie, welche das Gleiche in An¬
ſehung der ganzen Erde ſeyn muͤßte, duͤrfte
keine ihrer Hervorbringungen ausſchließen und
muͤßte die Geneſis aller in hiſtoriſcher Ste¬
tigkeit und Wechſelbeſtimmung zeigen. Da
die reale Seite der Wiſſenſchaft immer nur
hiſtoriſch ſeyn kann, (weil außer der Wiſſen¬
ſchaft nichts iſt, was unmittelbar und ur¬
ſpruͤnglich auf Wahrheit geht, als die Hi¬
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[268/0277] Zweig der Kenntniß gebildet worden: nicht ohne richtigen Sinn mit Enthaltung von al¬ ler Berufung auf innere qualitative Beſtim¬ mungen. Nachdem die ſpecifiſche Verſchieden¬ heit der Materie ſelbſt quantitativ begriffen und die Moͤglichkeit gegeben iſt, ſie als Me¬ tamorphoſe einer und derſelben Subſtanz durch bloße Formaͤnderung darzuſtellen: iſt auch der Weg zu einer hiſtoriſchen Conſtruction der Koͤrperreihe geoͤffnet, zu welcher bereits durch Steffens Ideen ein entſchiedener Anfang ge¬ macht iſt. Die Geologie, welche das Gleiche in An¬ ſehung der ganzen Erde ſeyn muͤßte, duͤrfte keine ihrer Hervorbringungen ausſchließen und muͤßte die Geneſis aller in hiſtoriſcher Ste¬ tigkeit und Wechſelbeſtimmung zeigen. Da die reale Seite der Wiſſenſchaft immer nur hiſtoriſch ſeyn kann, (weil außer der Wiſſen¬ ſchaft nichts iſt, was unmittelbar und ur¬ ſpruͤnglich auf Wahrheit geht, als die Hi¬ ſtorie), ſo wuͤrde die Geologie, in der Fuͤlle der hoͤchſten Ausbildung, als Hiſtorie der

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/277>, abgerufen am 11.05.2024.