Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

psc_121.001
anerkannt werden, und wer sie sich aneignet, soll sie psc_121.002
gestohlen haben.

psc_121.003

Früher als litterarischen Ruhm aber erstrebt der Berufsdichter psc_121.004
um seiner selbst willen, um des Werths willen, den psc_121.005
er in sich trägt und dem Publicum mittheilt, gute Behandlung, psc_121.006
freie Bewirthung, reichliche Anerkennung.

psc_121.007

So hat die Poesie schon in alter Zeit einen Tauschwerth.

psc_121.008
A. Der Tauschwerth der Poesie und der litterarische psc_121.009
Verkehr.
psc_121.010

Ruhm ist immerhin eine der Belohnungen, welche der psc_121.011
Sänger erstrebt. Noch früher aber strebt er nach materieller psc_121.012
Begünstigung. Er war ein Fürstendichter, und er wollte, psc_121.013
daß man ihn erhielt. Der Possenreißer, der umherzog, psc_121.014
erwartete auch beschenkt zu werden.

psc_121.015

Der Dichter, der zum Gefolge des Fürsten gehört, wie psc_121.016
der, der von Hof zu Hof zieht, begehrt Lohn, will sich bereichern. psc_121.017
Er begehrt vielleicht einen Armring, und diese psc_121.018
Armringe geben einen Werth. Und so früh dies vorhanden, psc_121.019
so früh hat die Poesie nicht bloß einen idealen, sondern auch psc_121.020
einen nationalökonomischen Werth, Tauschwerth.

psc_121.021

Die Poesie ist also schon in alter Zeit eine Art von psc_121.022
Waare. Jhr Werth regelt sich nach Angebot und Nachfrage, psc_121.023
nach dem Verhältniß von Production und Consumtion. Dies psc_121.024
Verhältniß hat in neuer Zeit einen bestimmten Ausdruck psc_121.025
erhalten, insofern es das litterarische Product als bloße psc_121.026
Waare angeht. Seit dem 15. Jahrhundert mindestens gab psc_121.027
es in Deutschland einen Buchhandel, der dann durch die

psc_121.001
anerkannt werden, und wer sie sich aneignet, soll sie psc_121.002
gestohlen haben.

psc_121.003

  Früher als litterarischen Ruhm aber erstrebt der Berufsdichter psc_121.004
um seiner selbst willen, um des Werths willen, den psc_121.005
er in sich trägt und dem Publicum mittheilt, gute Behandlung, psc_121.006
freie Bewirthung, reichliche Anerkennung.

psc_121.007

  So hat die Poesie schon in alter Zeit einen Tauschwerth.

psc_121.008
A. Der Tauschwerth der Poesie und der litterarische psc_121.009
Verkehr.
psc_121.010

  Ruhm ist immerhin eine der Belohnungen, welche der psc_121.011
Sänger erstrebt. Noch früher aber strebt er nach materieller psc_121.012
Begünstigung. Er war ein Fürstendichter, und er wollte, psc_121.013
daß man ihn erhielt. Der Possenreißer, der umherzog, psc_121.014
erwartete auch beschenkt zu werden.

psc_121.015

  Der Dichter, der zum Gefolge des Fürsten gehört, wie psc_121.016
der, der von Hof zu Hof zieht, begehrt Lohn, will sich bereichern. psc_121.017
Er begehrt vielleicht einen Armring, und diese psc_121.018
Armringe geben einen Werth. Und so früh dies vorhanden, psc_121.019
so früh hat die Poesie nicht bloß einen idealen, sondern auch psc_121.020
einen nationalökonomischen Werth, Tauschwerth.

psc_121.021

  Die Poesie ist also schon in alter Zeit eine Art von psc_121.022
Waare. Jhr Werth regelt sich nach Angebot und Nachfrage, psc_121.023
nach dem Verhältniß von Production und Consumtion. Dies psc_121.024
Verhältniß hat in neuer Zeit einen bestimmten Ausdruck psc_121.025
erhalten, insofern es das litterarische Product als bloße psc_121.026
Waare angeht. Seit dem 15. Jahrhundert mindestens gab psc_121.027
es in Deutschland einen Buchhandel, der dann durch die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0137" n="121"/><lb n="psc_121.001"/>
anerkannt werden, und wer sie sich aneignet, soll sie <lb n="psc_121.002"/>
gestohlen haben.</p>
          <lb n="psc_121.003"/>
          <p>  Früher als litterarischen Ruhm aber erstrebt der Berufsdichter <lb n="psc_121.004"/>
um seiner selbst willen, um des Werths willen, den <lb n="psc_121.005"/>
er in sich trägt und dem Publicum mittheilt, gute Behandlung, <lb n="psc_121.006"/>
freie Bewirthung, reichliche Anerkennung.</p>
          <lb n="psc_121.007"/>
          <p>  So hat die Poesie schon in alter Zeit einen Tauschwerth.</p>
          <div n="3">
            <lb n="psc_121.008"/>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">A</hi>. <hi rendition="#g">Der Tauschwerth der Poesie und der litterarische <lb n="psc_121.009"/>
Verkehr.</hi></hi> </head>
            <lb n="psc_121.010"/>
            <p>  Ruhm ist immerhin eine der Belohnungen, welche der <lb n="psc_121.011"/>
Sänger erstrebt. Noch früher aber strebt er nach materieller <lb n="psc_121.012"/>
Begünstigung. Er war ein Fürstendichter, und er wollte, <lb n="psc_121.013"/>
daß man ihn erhielt. Der Possenreißer, der umherzog, <lb n="psc_121.014"/>
erwartete auch beschenkt zu werden.</p>
            <lb n="psc_121.015"/>
            <p>  Der Dichter, der zum Gefolge des Fürsten gehört, wie <lb n="psc_121.016"/>
der, der von Hof zu Hof zieht, begehrt Lohn, will sich bereichern. <lb n="psc_121.017"/>
Er begehrt vielleicht einen Armring, und diese <lb n="psc_121.018"/>
Armringe geben einen Werth. Und so früh dies vorhanden, <lb n="psc_121.019"/>
so früh hat die Poesie nicht bloß einen idealen, sondern auch <lb n="psc_121.020"/>
einen nationalökonomischen Werth, Tauschwerth.</p>
            <lb n="psc_121.021"/>
            <p>  Die Poesie ist also schon in alter Zeit eine Art von <lb n="psc_121.022"/>
Waare. Jhr Werth regelt sich nach Angebot und Nachfrage, <lb n="psc_121.023"/>
nach dem Verhältniß von Production und Consumtion. Dies <lb n="psc_121.024"/>
Verhältniß hat in neuer Zeit einen bestimmten Ausdruck <lb n="psc_121.025"/>
erhalten, insofern es das litterarische Product als bloße <lb n="psc_121.026"/>
Waare angeht. Seit dem 15. Jahrhundert mindestens gab <lb n="psc_121.027"/>
es in Deutschland einen Buchhandel, der dann durch die
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0137] psc_121.001 anerkannt werden, und wer sie sich aneignet, soll sie psc_121.002 gestohlen haben. psc_121.003   Früher als litterarischen Ruhm aber erstrebt der Berufsdichter psc_121.004 um seiner selbst willen, um des Werths willen, den psc_121.005 er in sich trägt und dem Publicum mittheilt, gute Behandlung, psc_121.006 freie Bewirthung, reichliche Anerkennung. psc_121.007   So hat die Poesie schon in alter Zeit einen Tauschwerth. psc_121.008 A. Der Tauschwerth der Poesie und der litterarische psc_121.009 Verkehr. psc_121.010   Ruhm ist immerhin eine der Belohnungen, welche der psc_121.011 Sänger erstrebt. Noch früher aber strebt er nach materieller psc_121.012 Begünstigung. Er war ein Fürstendichter, und er wollte, psc_121.013 daß man ihn erhielt. Der Possenreißer, der umherzog, psc_121.014 erwartete auch beschenkt zu werden. psc_121.015   Der Dichter, der zum Gefolge des Fürsten gehört, wie psc_121.016 der, der von Hof zu Hof zieht, begehrt Lohn, will sich bereichern. psc_121.017 Er begehrt vielleicht einen Armring, und diese psc_121.018 Armringe geben einen Werth. Und so früh dies vorhanden, psc_121.019 so früh hat die Poesie nicht bloß einen idealen, sondern auch psc_121.020 einen nationalökonomischen Werth, Tauschwerth. psc_121.021   Die Poesie ist also schon in alter Zeit eine Art von psc_121.022 Waare. Jhr Werth regelt sich nach Angebot und Nachfrage, psc_121.023 nach dem Verhältniß von Production und Consumtion. Dies psc_121.024 Verhältniß hat in neuer Zeit einen bestimmten Ausdruck psc_121.025 erhalten, insofern es das litterarische Product als bloße psc_121.026 Waare angeht. Seit dem 15. Jahrhundert mindestens gab psc_121.027 es in Deutschland einen Buchhandel, der dann durch die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/137
Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/137>, abgerufen am 26.04.2024.