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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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Paßt diese Vergleichung?

"Vollkommen; denn ich sage hier ausdrück¬
lich um schön zu seyn, dort um glücklich zu
seyn -- nicht um vorhanden zu seyn! Dieß
lezte gehört für eine neue Untersuchung, und ich will
das Gespräch nicht verlängern."

Ich kann Sie doch noch nicht ganz los geben,
gnädigster Prinz. Sie haben -- und mir deucht
unumstößlich -- bewiesen, daß der Mensch nur
moralisch sey, in so fern er in sich selbst thätig sey --
aber Sie behaupteten vorhin, daß er nur Morali¬
tät habe um außer sich zu wirken.

"Sagen Sie, nur ausser sich wirksam sey, weil
er Moralität hat. Ihre Damit verwirren uns.
Ich kann Ihre Zwecke nicht leiden."

Hier kommt es auf eins. Es hieße also, daß
er nur in so fern den Grund der meisten Wirkun¬
gen außer sich enthalte, in so fern er den höchsten
Grad seiner Moralität erreiche. Und diesen Be¬
weis sind Sie mir noch schuldig.

"Können Sie ihn aus dem Bisherigen nicht
selbst führen? Der Zustand der höchsten innern
Wirksamkeit seiner Kräfte, ist es nicht derselbe, in
welchem er auch die Ursache der meisten Wirkungen
außer sich seyn kann?"

Seyn kann, aber nicht seyn muß -- denn ha¬
ben Sie nicht selbst zugestanden, daß eine unwirk¬
sam gebliebene gute That ihrem moralischen Werth
nichts benehme?

"Nicht bloß zugestanden, sondern als höchst
nothwendig fest gesezt: -- Wie schwer sind Sie

doch

Paßt dieſe Vergleichung?

„Vollkommen; denn ich ſage hier ausdrück¬
lich um ſchön zu ſeyn, dort um glücklich zu
ſeyn — nicht um vorhanden zu ſeyn! Dieß
lezte gehört für eine neue Unterſuchung, und ich will
das Geſpräch nicht verlängern.“

Ich kann Sie doch noch nicht ganz los geben,
gnädigſter Prinz. Sie haben — und mir deucht
unumſtößlich — bewieſen, daß der Menſch nur
moraliſch ſey, in ſo fern er in ſich ſelbſt thätig ſey —
aber Sie behaupteten vorhin, daß er nur Morali¬
tät habe um außer ſich zu wirken.

„Sagen Sie, nur auſſer ſich wirkſam ſey, weil
er Moralität hat. Ihre Damit verwirren uns.
Ich kann Ihre Zwecke nicht leiden.“

Hier kommt es auf eins. Es hieße alſo, daß
er nur in ſo fern den Grund der meiſten Wirkun¬
gen außer ſich enthalte, in ſo fern er den höchſten
Grad ſeiner Moralität erreiche. Und dieſen Be¬
weis ſind Sie mir noch ſchuldig.

„Können Sie ihn aus dem Bisherigen nicht
ſelbſt führen? Der Zuſtand der höchſten innern
Wirkſamkeit ſeiner Kräfte, iſt es nicht derſelbe, in
welchem er auch die Urſache der meiſten Wirkungen
außer ſich ſeyn kann?“

Seyn kann, aber nicht ſeyn muß — denn ha¬
ben Sie nicht ſelbſt zugeſtanden, daß eine unwirk¬
ſam gebliebene gute That ihrem moraliſchen Werth
nichts benehme?

„Nicht bloß zugeſtanden, ſondern als höchſt
nothwendig feſt geſezt: — Wie ſchwer ſind Sie

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[156/0164] Paßt dieſe Vergleichung? „Vollkommen; denn ich ſage hier ausdrück¬ lich um ſchön zu ſeyn, dort um glücklich zu ſeyn — nicht um vorhanden zu ſeyn! Dieß lezte gehört für eine neue Unterſuchung, und ich will das Geſpräch nicht verlängern.“ Ich kann Sie doch noch nicht ganz los geben, gnädigſter Prinz. Sie haben — und mir deucht unumſtößlich — bewieſen, daß der Menſch nur moraliſch ſey, in ſo fern er in ſich ſelbſt thätig ſey — aber Sie behaupteten vorhin, daß er nur Morali¬ tät habe um außer ſich zu wirken. „Sagen Sie, nur auſſer ſich wirkſam ſey, weil er Moralität hat. Ihre Damit verwirren uns. Ich kann Ihre Zwecke nicht leiden.“ Hier kommt es auf eins. Es hieße alſo, daß er nur in ſo fern den Grund der meiſten Wirkun¬ gen außer ſich enthalte, in ſo fern er den höchſten Grad ſeiner Moralität erreiche. Und dieſen Be¬ weis ſind Sie mir noch ſchuldig. „Können Sie ihn aus dem Bisherigen nicht ſelbſt führen? Der Zuſtand der höchſten innern Wirkſamkeit ſeiner Kräfte, iſt es nicht derſelbe, in welchem er auch die Urſache der meiſten Wirkungen außer ſich ſeyn kann?“ Seyn kann, aber nicht ſeyn muß — denn ha¬ ben Sie nicht ſelbſt zugeſtanden, daß eine unwirk¬ ſam gebliebene gute That ihrem moraliſchen Werth nichts benehme? „Nicht bloß zugeſtanden, ſondern als höchſt nothwendig feſt geſezt: — Wie ſchwer ſind Sie doch

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/164>, abgerufen am 27.04.2024.