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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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Lächelnd: doch Hades Neid birgt den melodischen Geist.
Heil dem Retter Apollo! Der Attischen Bühne Vollender
Seh' id Epheubekränzt; rüstig auf hohem Kothurn
Schreitet der Kühne voran, der, grauser Verhängnisse Spindel
Rollend, aus alter Nacht rief der Erinnyen Schaar.
Daß er der ländlichen Satyrn noch spottete! wie sie Prometheus
Feuerbringend gewarnt: "Rühre nicht, Bock! denn es brennt."
Dir auch opfern wir froh, gesegneter Greis von Kolonos!
Raubte die Zeit dir gleich viel von den Gütern hinweg,
Führen dich doch zwey Töchter, Antigone stets und Elektra,
Bis du im heiligen Hain sterblichen Augen entgehst.
Treibt Aristophanes gaukelnd ein Heer muthwilliger Larven
Ueber den Schauplatz hin: dennoch entbehren wir dort
Jenen Erfinder des Spiels, die Dorische Stimm' Epicharmos.
Nur in Sprüchen noch lehrt, einzeln, der sittige Scherz,
Dem vertrauend Menandros, der Spätling Athenischer Anmuth,
Glykera's üppiger Freund, leiser die Szene betrat.
Wem Dionysos mit trunkener Wuth die Seele durchblitzte,
Den gab Pythios frey jedes Gesetzes, und so
Taumelten festlich entzückt im Flötengetön Dithyramben.
Laͤchelnd: doch Hades Neid birgt den melodischen Geist.
Heil dem Retter Apollo! Der Attischen Buͤhne Vollender
Seh' id Epheubekraͤnzt; ruͤstig auf hohem Kothurn
Schreitet der Kuͤhne voran, der, grauser Verhaͤngnisse Spindel
Rollend, aus alter Nacht rief der Erinnyen Schaar.
Daß er der laͤndlichen Satyrn noch spottete! wie sie Prometheus
Feuerbringend gewarnt: “Ruͤhre nicht, Bock! denn es brennt.”
Dir auch opfern wir froh, gesegneter Greis von Kolonos!
Raubte die Zeit dir gleich viel von den Guͤtern hinweg,
Fuͤhren dich doch zwey Toͤchter, Antigone stets und Elektra,
Bis du im heiligen Hain sterblichen Augen entgehst.
Treibt Aristophanes gaukelnd ein Heer muthwilliger Larven
Ueber den Schauplatz hin: dennoch entbehren wir dort
Jenen Erfinder des Spiels, die Dorische Stimm' Epicharmos.
Nur in Spruͤchen noch lehrt, einzeln, der sittige Scherz,
Dem vertrauend Menandros, der Spaͤtling Athenischer Anmuth,
Glykera's uͤppiger Freund, leiser die Szene betrat.
Wem Dionysos mit trunkener Wuth die Seele durchblitzte,
Den gab Pythios frey jedes Gesetzes, und so
Taumelten festlich entzuͤckt im Floͤtengetoͤn Dithyramben.
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[190/0200] Laͤchelnd: doch Hades Neid birgt den melodischen Geist. Heil dem Retter Apollo! Der Attischen Buͤhne Vollender Seh' id Epheubekraͤnzt; ruͤstig auf hohem Kothurn Schreitet der Kuͤhne voran, der, grauser Verhaͤngnisse Spindel Rollend, aus alter Nacht rief der Erinnyen Schaar. Daß er der laͤndlichen Satyrn noch spottete! wie sie Prometheus Feuerbringend gewarnt: “Ruͤhre nicht, Bock! denn es brennt.” Dir auch opfern wir froh, gesegneter Greis von Kolonos! Raubte die Zeit dir gleich viel von den Guͤtern hinweg, Fuͤhren dich doch zwey Toͤchter, Antigone stets und Elektra, Bis du im heiligen Hain sterblichen Augen entgehst. Treibt Aristophanes gaukelnd ein Heer muthwilliger Larven Ueber den Schauplatz hin: dennoch entbehren wir dort Jenen Erfinder des Spiels, die Dorische Stimm' Epicharmos. Nur in Spruͤchen noch lehrt, einzeln, der sittige Scherz, Dem vertrauend Menandros, der Spaͤtling Athenischer Anmuth, Glykera's uͤppiger Freund, leiser die Szene betrat. Wem Dionysos mit trunkener Wuth die Seele durchblitzte, Den gab Pythios frey jedes Gesetzes, und so Taumelten festlich entzuͤckt im Floͤtengetoͤn Dithyramben.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/200>, abgerufen am 19.05.2024.