Zellen, in deren Wunden häufig die zierlichsten kleinen Canäle ver- laufen. Sie ist bei verschiedenen Cactusarten verschieden dick und zwar am dicksten und daher undurchdringlichsten bei den Melonen- cactus, die in den dürrsten und heißesten Gegenden wachsen, am wenigsten auffallend dagegen bei den Rhipsalisarten, welche parasitisch auf den Bäumen der feuchten brasilianischen Wälder leben.
Eine andere Merkwürdigkeit dieser Pflanzengruppe ist die Bildung einer außerordentlichen Menge von Sauerkleesäure. Diese Säure würde in großer Menge in der Pflanze angehäuft für dieselbe nothwen- dig tödtlich werden müssen. Die Pflanze nimmt daher aus dem Boden, auf dem sie wächst, eine verhältnißmäßige Menge Kalk auf, dieser ver- bindet sich dann mit der Sauerkleesäure zu unlöslichen Krystallen, welche sich in allen Cacteen in großer Menge finden. In einigen Arten, z. B. dem peruanischen und Greisen-Cactus enthält die Pflanze fünf und achtzig Procent oralsauren Kalk. Sicher ließen sich die Cacteen unter den Tropen mit Vortheil zur Gewinnung des Sauer- kleesalzes benutzen.
Eine dritte Eigenthümlichkeit zeigt sich ferner bei den kugligen Formen der Melonencactus und Mamillarien in der Bildung des Holzes, welches durchaus von dem der gewöhnlichen Holzpflanzen abweicht. Das gewöhnliche Holz, z. B. der Pappel besteht aus langen Holzzellen, deren Wände ganz einfach und gleichförmig sind, und aus luftführenden Zellen, sogenannten Gefäßen, deren Wände ganz dicht mit kleinen Poren besetzt sind. Ganz abweichend davon zeigt das Holz der genannten Cacteen nur kurze spindelförmige Zellen, in denen sich höchst zierliche spiralförmig gewundene Bänder, wie kleine Wen- deltreppen hinaufziehen.
Endlich verdienen die an der Stelle der Blätter sitzenden Haare, Stacheln u. s. w. noch eine besondere Erwähnung. Man kann im Allgemeinen drei Formen derselben unterscheiden, die gewöhnlich zu- sammen an derselben Stelle vorkommen. Die Ersten sind ganz biegsame
Zellen, in deren Wunden häufig die zierlichſten kleinen Canäle ver- laufen. Sie iſt bei verſchiedenen Cactusarten verſchieden dick und zwar am dickſten und daher undurchdringlichſten bei den Melonen- cactus, die in den dürrſten und heißeſten Gegenden wachſen, am wenigſten auffallend dagegen bei den Rhipſalisarten, welche paraſitiſch auf den Bäumen der feuchten braſilianiſchen Wälder leben.
Eine andere Merkwürdigkeit dieſer Pflanzengruppe iſt die Bildung einer außerordentlichen Menge von Sauerkleeſäure. Dieſe Säure würde in großer Menge in der Pflanze angehäuft für dieſelbe nothwen- dig tödtlich werden müſſen. Die Pflanze nimmt daher aus dem Boden, auf dem ſie wächſt, eine verhältnißmäßige Menge Kalk auf, dieſer ver- bindet ſich dann mit der Sauerkleeſäure zu unlöslichen Kryſtallen, welche ſich in allen Cacteen in großer Menge finden. In einigen Arten, z. B. dem peruaniſchen und Greiſen-Cactus enthält die Pflanze fünf und achtzig Procent oralſauren Kalk. Sicher ließen ſich die Cacteen unter den Tropen mit Vortheil zur Gewinnung des Sauer- kleeſalzes benutzen.
Eine dritte Eigenthümlichkeit zeigt ſich ferner bei den kugligen Formen der Melonencactus und Mamillarien in der Bildung des Holzes, welches durchaus von dem der gewöhnlichen Holzpflanzen abweicht. Das gewöhnliche Holz, z. B. der Pappel beſteht aus langen Holzzellen, deren Wände ganz einfach und gleichförmig ſind, und aus luftführenden Zellen, ſogenannten Gefäßen, deren Wände ganz dicht mit kleinen Poren beſetzt ſind. Ganz abweichend davon zeigt das Holz der genannten Cacteen nur kurze ſpindelförmige Zellen, in denen ſich höchſt zierliche ſpiralförmig gewundene Bänder, wie kleine Wen- deltreppen hinaufziehen.
Endlich verdienen die an der Stelle der Blätter ſitzenden Haare, Stacheln u. ſ. w. noch eine beſondere Erwähnung. Man kann im Allgemeinen drei Formen derſelben unterſcheiden, die gewöhnlich zu- ſammen an derſelben Stelle vorkommen. Die Erſten ſind ganz biegſame
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0222"n="206"/>
Zellen, in deren Wunden häufig die zierlichſten kleinen Canäle ver-<lb/>
laufen. Sie iſt bei verſchiedenen Cactusarten verſchieden dick und<lb/>
zwar am dickſten und daher undurchdringlichſten bei den Melonen-<lb/>
cactus, die in den dürrſten und heißeſten Gegenden wachſen, am<lb/>
wenigſten auffallend dagegen bei den <hirendition="#g">Rhipſalisarten</hi>, welche<lb/>
paraſitiſch auf den Bäumen der feuchten braſilianiſchen Wälder leben.</p><lb/><p>Eine andere Merkwürdigkeit dieſer Pflanzengruppe iſt die Bildung<lb/>
einer außerordentlichen Menge von Sauerkleeſäure. Dieſe Säure<lb/>
würde in großer Menge in der Pflanze angehäuft für dieſelbe nothwen-<lb/>
dig tödtlich werden müſſen. Die Pflanze nimmt daher aus dem Boden,<lb/>
auf dem ſie wächſt, eine verhältnißmäßige Menge Kalk auf, dieſer ver-<lb/>
bindet ſich dann mit der Sauerkleeſäure zu unlöslichen Kryſtallen,<lb/>
welche ſich in allen Cacteen in großer Menge finden. In einigen<lb/>
Arten, z. B. dem peruaniſchen und Greiſen-Cactus enthält die Pflanze<lb/>
fünf und achtzig Procent oralſauren Kalk. Sicher ließen ſich die<lb/>
Cacteen unter den Tropen mit Vortheil zur Gewinnung des Sauer-<lb/>
kleeſalzes benutzen.</p><lb/><p>Eine dritte Eigenthümlichkeit zeigt ſich ferner bei den kugligen<lb/>
Formen der Melonencactus und Mamillarien in der Bildung des<lb/>
Holzes, welches durchaus von dem der gewöhnlichen Holzpflanzen<lb/>
abweicht. Das gewöhnliche Holz, z. B. der Pappel beſteht aus langen<lb/><hirendition="#g">Holzzellen</hi>, deren Wände ganz einfach und gleichförmig ſind, und<lb/>
aus luftführenden Zellen, ſogenannten <hirendition="#g">Gefäßen</hi>, deren Wände ganz<lb/>
dicht mit kleinen Poren beſetzt ſind. Ganz abweichend davon zeigt das<lb/>
Holz der genannten Cacteen nur kurze ſpindelförmige Zellen, in denen<lb/>ſich höchſt zierliche ſpiralförmig gewundene Bänder, wie kleine Wen-<lb/>
deltreppen hinaufziehen.</p><lb/><p>Endlich verdienen die an der Stelle der Blätter ſitzenden Haare,<lb/>
Stacheln u. ſ. w. noch eine beſondere Erwähnung. Man kann im<lb/>
Allgemeinen drei Formen derſelben unterſcheiden, die gewöhnlich zu-<lb/>ſammen an derſelben Stelle vorkommen. Die Erſten ſind ganz biegſame<lb/></p></div></body></text></TEI>
[206/0222]
Zellen, in deren Wunden häufig die zierlichſten kleinen Canäle ver-
laufen. Sie iſt bei verſchiedenen Cactusarten verſchieden dick und
zwar am dickſten und daher undurchdringlichſten bei den Melonen-
cactus, die in den dürrſten und heißeſten Gegenden wachſen, am
wenigſten auffallend dagegen bei den Rhipſalisarten, welche
paraſitiſch auf den Bäumen der feuchten braſilianiſchen Wälder leben.
Eine andere Merkwürdigkeit dieſer Pflanzengruppe iſt die Bildung
einer außerordentlichen Menge von Sauerkleeſäure. Dieſe Säure
würde in großer Menge in der Pflanze angehäuft für dieſelbe nothwen-
dig tödtlich werden müſſen. Die Pflanze nimmt daher aus dem Boden,
auf dem ſie wächſt, eine verhältnißmäßige Menge Kalk auf, dieſer ver-
bindet ſich dann mit der Sauerkleeſäure zu unlöslichen Kryſtallen,
welche ſich in allen Cacteen in großer Menge finden. In einigen
Arten, z. B. dem peruaniſchen und Greiſen-Cactus enthält die Pflanze
fünf und achtzig Procent oralſauren Kalk. Sicher ließen ſich die
Cacteen unter den Tropen mit Vortheil zur Gewinnung des Sauer-
kleeſalzes benutzen.
Eine dritte Eigenthümlichkeit zeigt ſich ferner bei den kugligen
Formen der Melonencactus und Mamillarien in der Bildung des
Holzes, welches durchaus von dem der gewöhnlichen Holzpflanzen
abweicht. Das gewöhnliche Holz, z. B. der Pappel beſteht aus langen
Holzzellen, deren Wände ganz einfach und gleichförmig ſind, und
aus luftführenden Zellen, ſogenannten Gefäßen, deren Wände ganz
dicht mit kleinen Poren beſetzt ſind. Ganz abweichend davon zeigt das
Holz der genannten Cacteen nur kurze ſpindelförmige Zellen, in denen
ſich höchſt zierliche ſpiralförmig gewundene Bänder, wie kleine Wen-
deltreppen hinaufziehen.
Endlich verdienen die an der Stelle der Blätter ſitzenden Haare,
Stacheln u. ſ. w. noch eine beſondere Erwähnung. Man kann im
Allgemeinen drei Formen derſelben unterſcheiden, die gewöhnlich zu-
ſammen an derſelben Stelle vorkommen. Die Erſten ſind ganz biegſame
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/222>, abgerufen am 04.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.