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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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Abgaben aller Art, theils zur Gemeinde- und Ober-
amts-Corporations, Casse, theils zur Staats Casse,
so sehr belastet sind, daß sie schon diese, schon ihre
bisherigen laufenden Schuldigkeiten nicht zu bezahlen
vermögen. Es gibt Gemeinden, welche überdieß noch
mit älteren, zum Theil ungeheuern, Steuerrückständen
zu kämpfen haben. Es gibt also Gemeinden, oder
wenigstens einzelne Steuer-Contribuenten, welchen,
wenn sie nicht vollends gänzlich zu Grunde gerichtet
werden sollen, absolut keine neuen Ausgaben und Auf-
lagen dieser Art zugemuthet werden können und dürfen.

§. 99.

Jedoch auch solchen Gemeinden sind bisher zum
Theil einzelne wohlhabendere Einwohner mit freywil-
ligen Beyträgen
zum Behuf der Errichtung und
Unterhaltung einer Jndustrie-Schule zu Hülfe gekom-
men. Es gibt Orte, wo die Gutsherrschaft wenigstens das
für eine solche Schule erforderliche Brennholz aus ihren
Waldungen unentgeldlich abgibt; an anderen Orten
werden wöchentlich Beyträge von der Jnwohnerschaft
eingesammelt; wieder an anderen Orten sind in dem
Lokal der Jndustrie-Schule Opferstöcke zu freywilligen
Gaben zum Besten derselben aufgestellt. -- Freylich
gibt es auch wieder andere Orte, wo man die Guts-
herrschaft nicht auch zu diesem Zwecke in Anspruch neh-
men kann und will, weil sie schon bisher für andere
wohlthätige Zwecke alles Mögliche gethan hat; es gibt
Orte, wo überhaupt keine reichen Personen sind, wo
die ganze Einwohnerschaft aus unvermöglichen Leuten
besteht, wo der Wohlstand der Einwohner so sehr ge-
sunken, ihre Mittellosigkeit und Armuth so groß ist,
daß sie, besonders bey dem gegenwärtigen allgemeinen

Abgaben aller Art, theils zur Gemeinde- und Ober-
amts-Corporations, Caſſe, theils zur Staats Caſſe,
ſo ſehr belaſtet ſind, daß ſie ſchon dieſe, ſchon ihre
bisherigen laufenden Schuldigkeiten nicht zu bezahlen
vermoͤgen. Es gibt Gemeinden, welche uͤberdieß noch
mit aͤlteren, zum Theil ungeheuern, Steuerruͤckſtaͤnden
zu kaͤmpfen haben. Es gibt alſo Gemeinden, oder
wenigſtens einzelne Steuer-Contribuenten, welchen,
wenn ſie nicht vollends gaͤnzlich zu Grunde gerichtet
werden ſollen, abſolut keine neuen Ausgaben und Auf-
lagen dieſer Art zugemuthet werden koͤnnen und duͤrfen.

§. 99.

Jedoch auch ſolchen Gemeinden ſind bisher zum
Theil einzelne wohlhabendere Einwohner mit freywil-
ligen Beytraͤgen
zum Behuf der Errichtung und
Unterhaltung einer Jnduſtrie-Schule zu Huͤlfe gekom-
men. Es gibt Orte, wo die Gutsherrſchaft wenigſtens das
fuͤr eine ſolche Schule erforderliche Brennholz aus ihren
Waldungen unentgeldlich abgibt; an anderen Orten
werden woͤchentlich Beytraͤge von der Jnwohnerſchaft
eingeſammelt; wieder an anderen Orten ſind in dem
Lokal der Jnduſtrie-Schule Opferſtoͤcke zu freywilligen
Gaben zum Beſten derſelben aufgeſtellt. — Freylich
gibt es auch wieder andere Orte, wo man die Guts-
herrſchaft nicht auch zu dieſem Zwecke in Anſpruch neh-
men kann und will, weil ſie ſchon bisher fuͤr andere
wohlthaͤtige Zwecke alles Moͤgliche gethan hat; es gibt
Orte, wo uͤberhaupt keine reichen Perſonen ſind, wo
die ganze Einwohnerſchaft aus unvermoͤglichen Leuten
beſteht, wo der Wohlſtand der Einwohner ſo ſehr ge-
ſunken, ihre Mittelloſigkeit und Armuth ſo groß iſt,
daß ſie, beſonders bey dem gegenwaͤrtigen allgemeinen

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[135/0145] Abgaben aller Art, theils zur Gemeinde- und Ober- amts-Corporations, Caſſe, theils zur Staats Caſſe, ſo ſehr belaſtet ſind, daß ſie ſchon dieſe, ſchon ihre bisherigen laufenden Schuldigkeiten nicht zu bezahlen vermoͤgen. Es gibt Gemeinden, welche uͤberdieß noch mit aͤlteren, zum Theil ungeheuern, Steuerruͤckſtaͤnden zu kaͤmpfen haben. Es gibt alſo Gemeinden, oder wenigſtens einzelne Steuer-Contribuenten, welchen, wenn ſie nicht vollends gaͤnzlich zu Grunde gerichtet werden ſollen, abſolut keine neuen Ausgaben und Auf- lagen dieſer Art zugemuthet werden koͤnnen und duͤrfen. §. 99. Jedoch auch ſolchen Gemeinden ſind bisher zum Theil einzelne wohlhabendere Einwohner mit freywil- ligen Beytraͤgen zum Behuf der Errichtung und Unterhaltung einer Jnduſtrie-Schule zu Huͤlfe gekom- men. Es gibt Orte, wo die Gutsherrſchaft wenigſtens das fuͤr eine ſolche Schule erforderliche Brennholz aus ihren Waldungen unentgeldlich abgibt; an anderen Orten werden woͤchentlich Beytraͤge von der Jnwohnerſchaft eingeſammelt; wieder an anderen Orten ſind in dem Lokal der Jnduſtrie-Schule Opferſtoͤcke zu freywilligen Gaben zum Beſten derſelben aufgeſtellt. — Freylich gibt es auch wieder andere Orte, wo man die Guts- herrſchaft nicht auch zu dieſem Zwecke in Anſpruch neh- men kann und will, weil ſie ſchon bisher fuͤr andere wohlthaͤtige Zwecke alles Moͤgliche gethan hat; es gibt Orte, wo uͤberhaupt keine reichen Perſonen ſind, wo die ganze Einwohnerſchaft aus unvermoͤglichen Leuten beſteht, wo der Wohlſtand der Einwohner ſo ſehr ge- ſunken, ihre Mittelloſigkeit und Armuth ſo groß iſt, daß ſie, beſonders bey dem gegenwaͤrtigen allgemeinen

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/145>, abgerufen am 13.05.2024.