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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Katze die Schelle anzuhängen, ich wolte ihm gerne
alle Gefälligkeit darvor erzeigen, und - - - wei-
ter konte ich nichts vernehmen, denn sie redeten wie-
derum heimlich, verstund aber dieses Sprüchwort
in sensu proprio, holete mir bey einem Schul-Ca-
merad
en eine grosse Schelle, versteckte selbige in
mein Bette, wartete bis die Katze des Nachts zu
mir hinein kam, hing dieser sonst wilden Bestie, die
sich leichtlich von niemanden als von mir angreiffen
ließ, andere aber grimmig biß und kratzte, ohne be-
sondere Mühe die grosse Schelle an, und warff sie
zu meiner Kammer hinaus. Was dieses Thier
hernachmahls die gantze Nacht hindurch vor
ein grausames Lermen, mit springen, poltern und
herum lauffen im gantzen Hause verführet, ist nicht
auszusprechen, ich schlief zwar darüber ein, allein
mein Vetter und die meisten andern, im Hause woh-
nenden Leute, vermeynen nicht anders, als daß es ein
teuflisches Gespenst sey, wollen derowegen sich mit
selbigem nicht vermengen, sondern bringen die gan-
tze Nacht mit grosser Furcht in ängstlichen Schweis-
se zu. Endlich früh morgens hat sich das Gespenst
gefunden, ich wurde darum befraget, und sobald nur
ja gesagt, war mein Hinter-Castel, ohne mir ferne-
re Defension zuzulassen, dermassen mit Ruthen ge-
strichen, daß ich in etlichen Tagen keine Banck da-
mit drücken konte. Das war also nicht allein der
Danck vor meine einfältige Treuhertzigkeit, sondern
es wurde dieser Streich so gar vor die allererschreck-
lichste Bosheit ausgeschryen. Ein andermahl fand
ich einen Tobacks-Brief, worauf mit ziemlich gros-
sen Buchstaben diese Worte gedruckt waren: Wer

mich

Katze die Schelle anzuhaͤngen, ich wolte ihm gerne
alle Gefaͤlligkeit darvor erzeigen, und ‒ ‒ ‒ wei-
ter konte ich nichts vernehmen, denn ſie redeten wie-
derum heimlich, verſtund aber dieſes Spruͤchwort
in ſenſu proprio, holete mir bey einem Schul-Ca-
merad
en eine groſſe Schelle, verſteckte ſelbige in
mein Bette, wartete bis die Katze des Nachts zu
mir hinein kam, hing dieſer ſonſt wilden Beſtie, die
ſich leichtlich von niemanden als von mir angreiffen
ließ, andere aber grimmig biß und kratzte, ohne be-
ſondere Muͤhe die groſſe Schelle an, und warff ſie
zu meiner Kammer hinaus. Was dieſes Thier
hernachmahls die gantze Nacht hindurch vor
ein grauſames Lermen, mit ſpringen, poltern und
herum lauffen im gantzen Hauſe verfuͤhret, iſt nicht
auszuſprechen, ich ſchlief zwar daruͤber ein, allein
mein Vetter und die meiſten andern, im Hauſe woh-
nenden Leute, vermeynen nicht anders, als daß es ein
teufliſches Geſpenſt ſey, wollen derowegen ſich mit
ſelbigem nicht vermengen, ſondern bringen die gan-
tze Nacht mit groſſer Furcht in aͤngſtlichen Schweiſ-
ſe zu. Endlich fruͤh morgens hat ſich das Geſpenſt
gefunden, ich wurde darum befraget, und ſobald nur
ja geſagt, war mein Hinter-Caſtel, ohne mir ferne-
re Defenſion zuzulaſſen, dermaſſen mit Ruthen ge-
ſtrichen, daß ich in etlichen Tagen keine Banck da-
mit druͤcken konte. Das war alſo nicht allein der
Danck vor meine einfaͤltige Treuhertzigkeit, ſondern
es wurde dieſer Streich ſo gar vor die allererſchreck-
lichſte Bosheit ausgeſchryen. Ein andermahl fand
ich einen Tobacks-Brief, worauf mit ziemlich groſ-
ſen Buchſtaben dieſe Worte gedruckt waren: Wer

mich
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[178/0192] Katze die Schelle anzuhaͤngen, ich wolte ihm gerne alle Gefaͤlligkeit darvor erzeigen, und ‒ ‒ ‒ wei- ter konte ich nichts vernehmen, denn ſie redeten wie- derum heimlich, verſtund aber dieſes Spruͤchwort in ſenſu proprio, holete mir bey einem Schul-Ca- meraden eine groſſe Schelle, verſteckte ſelbige in mein Bette, wartete bis die Katze des Nachts zu mir hinein kam, hing dieſer ſonſt wilden Beſtie, die ſich leichtlich von niemanden als von mir angreiffen ließ, andere aber grimmig biß und kratzte, ohne be- ſondere Muͤhe die groſſe Schelle an, und warff ſie zu meiner Kammer hinaus. Was dieſes Thier hernachmahls die gantze Nacht hindurch vor ein grauſames Lermen, mit ſpringen, poltern und herum lauffen im gantzen Hauſe verfuͤhret, iſt nicht auszuſprechen, ich ſchlief zwar daruͤber ein, allein mein Vetter und die meiſten andern, im Hauſe woh- nenden Leute, vermeynen nicht anders, als daß es ein teufliſches Geſpenſt ſey, wollen derowegen ſich mit ſelbigem nicht vermengen, ſondern bringen die gan- tze Nacht mit groſſer Furcht in aͤngſtlichen Schweiſ- ſe zu. Endlich fruͤh morgens hat ſich das Geſpenſt gefunden, ich wurde darum befraget, und ſobald nur ja geſagt, war mein Hinter-Caſtel, ohne mir ferne- re Defenſion zuzulaſſen, dermaſſen mit Ruthen ge- ſtrichen, daß ich in etlichen Tagen keine Banck da- mit druͤcken konte. Das war alſo nicht allein der Danck vor meine einfaͤltige Treuhertzigkeit, ſondern es wurde dieſer Streich ſo gar vor die allererſchreck- lichſte Bosheit ausgeſchryen. Ein andermahl fand ich einen Tobacks-Brief, worauf mit ziemlich groſ- ſen Buchſtaben dieſe Worte gedruckt waren: Wer mich

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/192>, abgerufen am 29.04.2024.