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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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nicht umzugehen weiß, etwa meinen Hur
einzubüssen. Demnach ist nichts übrig,
als daß ich Jhnen einen frölichen Kirchgang
wünsche, und den Verlöbniß-Ring, nebst
andern Sachen, so Sie mir auf die Treue
gegeben, zurück sende, auch was ich Jhnen
dargegen gegeben, wieder abfordere, und
beharre

Madame
votre obeissant Serviteur
P. W. Horn.

Es mochte aber doch noch zu frühzeitig gewe-
sen seyn, dem zarten Bilde dergleichen Schrecken
zu machen, denn sie hat meinen Brief kaum gele-
sen, als sie in Ohnmacht sinckt, so, daß die Frau
Muhme und Magd viel Mühe haben, sie wieder
zu sich selbst zu bringen. Diese letztere geräth in
den Verdacht, als ob sie sich durch Geschencke ver-
leiten lassen, mir das Geheimniß zu offenbahren,
weil sie aber ihre Unschuld mit grausamen Eyd-
schwüren bekräfftiget, errathen sie endlich fast die
Wahrheit, wie ich nemlich im Hause gewesen seyn,
und das gantze Spiel selbst mit angehöret haben
müste. Eben dieses gestund ich der alten Frau
Muhme, welche noch selbigen Abends selbst auf
meine Stube kam, ohne alles Bedencken gantz of-
fenhertzig; gab derselben auch den Schlüssel zu ih-

rer

nicht umzugehen weiß, etwa meinen Hur
einzubuͤſſen. Demnach iſt nichts uͤbrig,
als daß ich Jhnen einen froͤlichen Kirchgang
wuͤnſche, und den Verloͤbniß-Ring, nebſt
andern Sachen, ſo Sie mir auf die Treue
gegeben, zuruͤck ſende, auch was ich Jhnen
dargegen gegeben, wieder abfordere, und
beharre

Madame
vôtre obeiſſant Serviteur
P. W. Horn.

Es mochte aber doch noch zu fruͤhzeitig gewe-
ſen ſeyn, dem zarten Bilde dergleichen Schrecken
zu machen, denn ſie hat meinen Brief kaum gele-
ſen, als ſie in Ohnmacht ſinckt, ſo, daß die Frau
Muhme und Magd viel Muͤhe haben, ſie wieder
zu ſich ſelbſt zu bringen. Dieſe letztere geraͤth in
den Verdacht, als ob ſie ſich durch Geſchencke ver-
leiten laſſen, mir das Geheimniß zu offenbahren,
weil ſie aber ihre Unſchuld mit grauſamen Eyd-
ſchwuͤren bekraͤfftiget, errathen ſie endlich faſt die
Wahrheit, wie ich nemlich im Hauſe geweſen ſeyn,
und das gantze Spiel ſelbſt mit angehoͤret haben
muͤſte. Eben dieſes geſtund ich der alten Frau
Muhme, welche noch ſelbigen Abends ſelbſt auf
meine Stube kam, ohne alles Bedencken gantz of-
fenhertzig; gab derſelben auch den Schluͤſſel zu ih-

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[438/0446] nicht umzugehen weiß, etwa meinen Hur einzubuͤſſen. Demnach iſt nichts uͤbrig, als daß ich Jhnen einen froͤlichen Kirchgang wuͤnſche, und den Verloͤbniß-Ring, nebſt andern Sachen, ſo Sie mir auf die Treue gegeben, zuruͤck ſende, auch was ich Jhnen dargegen gegeben, wieder abfordere, und beharre Madame vôtre obeiſſant Serviteur P. W. Horn. Es mochte aber doch noch zu fruͤhzeitig gewe- ſen ſeyn, dem zarten Bilde dergleichen Schrecken zu machen, denn ſie hat meinen Brief kaum gele- ſen, als ſie in Ohnmacht ſinckt, ſo, daß die Frau Muhme und Magd viel Muͤhe haben, ſie wieder zu ſich ſelbſt zu bringen. Dieſe letztere geraͤth in den Verdacht, als ob ſie ſich durch Geſchencke ver- leiten laſſen, mir das Geheimniß zu offenbahren, weil ſie aber ihre Unſchuld mit grauſamen Eyd- ſchwuͤren bekraͤfftiget, errathen ſie endlich faſt die Wahrheit, wie ich nemlich im Hauſe geweſen ſeyn, und das gantze Spiel ſelbſt mit angehoͤret haben muͤſte. Eben dieſes geſtund ich der alten Frau Muhme, welche noch ſelbigen Abends ſelbſt auf meine Stube kam, ohne alles Bedencken gantz of- fenhertzig; gab derſelben auch den Schluͤſſel zu ih- rer

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/446>, abgerufen am 26.04.2024.