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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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der Greiß auf eine grüne Grase-Banck niederließ,
und also zu uns redete: "Jhr glaubt, meine lieben
&q;Kinder! daß ich etwa einen Brunnen graben will,
&q;um jederzeit frisches Wasser zu haben, allein dieses
&q;fehlet mir nicht, weiln etwa nur 20. biß 30. Schritte
&q;hinter dieser meiner Clause das allervortrefflichste
&q;Wasser aus einem kieselharten Felsen mir entge-
&q;gen gesprungen kömmt. Jch will euch aber dieses
&q;sagen, daß das Loch, welches ich seit gestern und
&q;heute ausgegraben, mein Grab bedeuten soll. Mei-
&q;nen Gefährden habe ich bereits vor einem halben
&q;Jahre begraben, weiln derselbe eines natürlichen
&q;und sanfften Todes gestorben war; Mir aber hat
&q;der Himmel wissen lassen, daß ich durch die Hän-
&q;de einer verfolgten Christlichen Printzeßin entwe-
&q;der beerdigt werden, oder dieselbe aus diesem Rei-
&q;che in die Christenheit schaffen solte. Nun habe
&q;ich euch allen beyden schon seit etlichen Tagen da-
&q;her mit sonderbarem Verlangen entgegen gesehen:
&q;denn ich weiß alle eure Umstände und Geschichte,
&q;welche mir in meinem grossen Spiegel gezeigt wor-
&q;den, so offt ich denselben vor mich setze. Mittlerwei-
&q;le aber, da ich eure beschwerliche Reise gesehen,
&q;hat mir der Himmel offenbahret, daß ich zwar mein
&q;Grab machen, jedoch binnen Jahres-Frist noch
&q;nicht sterben, sondern nach Verlauff einiger Zeit
&q;mit euch eine Wallfahrt nach der Jnsul Ceylon
&q;zu dem Grabe Adams, als unsers aller ersten Va-
&q;ters, thun soll, allda werden wir sodann ein Hol-
&q;ländisches Schiff antreffen, dessen Patron auf
&q;Befehl einer höhern Macht uns einnehmen, und
&q;in die Christenheit führen wird, (denn ihr könnet

&q;mir

der Greiß auf eine gruͤne Graſe-Banck niederließ,
und alſo zu uns redete: „Jhr glaubt, meine lieben
&q;Kinder! daß ich etwa einen Brunnen graben will,
&q;um jederzeit friſches Waſſer zu haben, allein dieſes
&q;fehlet mir nicht, weiln etwa nur 20. biß 30. Schritte
&q;hinter dieſer meiner Clauſe das allervortrefflichſte
&q;Waſſer aus einem kieſelharten Felſen mir entge-
&q;gen geſprungen koͤmmt. Jch will euch aber dieſes
&q;ſagen, daß das Loch, welches ich ſeit geſtern und
&q;heute ausgegraben, mein Grab bedeuten ſoll. Mei-
&q;nen Gefaͤhrden habe ich bereits vor einem halben
&q;Jahre begraben, weiln derſelbe eines natuͤrlichen
&q;und ſanfften Todes geſtorben war; Mir aber hat
&q;der Himmel wiſſen laſſen, daß ich durch die Haͤn-
&q;de einer verfolgten Chriſtlichen Printzeßin entwe-
&q;der beerdigt werden, oder dieſelbe aus dieſem Rei-
&q;che in die Chriſtenheit ſchaffen ſolte. Nun habe
&q;ich euch allen beyden ſchon ſeit etlichen Tagen da-
&q;her mit ſonderbarem Verlangen entgegen geſehen:
&q;denn ich weiß alle eure Umſtaͤnde und Geſchichte,
&q;welche mir in meinem groſſen Spiegel gezeigt wor-
&q;den, ſo offt ich denſelben vor mich ſetze. Mittlerwei-
&q;le aber, da ich eure beſchwerliche Reiſe geſehen,
&q;hat mir der Himmel offenbahret, daß ich zwar mein
&q;Grab machen, jedoch binnen Jahres-Friſt noch
&q;nicht ſterben, ſondern nach Verlauff einiger Zeit
&q;mit euch eine Wallfahrt nach der Jnſul Ceylon
&q;zu dem Grabe Adams, als unſers aller erſten Va-
&q;ters, thun ſoll, allda werden wir ſodann ein Hol-
&q;laͤndiſches Schiff antreffen, deſſen Patron auf
&q;Befehl einer hoͤhern Macht uns einnehmen, und
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[491/0501] der Greiß auf eine gruͤne Graſe-Banck niederließ, und alſo zu uns redete: „Jhr glaubt, meine lieben &q;Kinder! daß ich etwa einen Brunnen graben will, &q;um jederzeit friſches Waſſer zu haben, allein dieſes &q;fehlet mir nicht, weiln etwa nur 20. biß 30. Schritte &q;hinter dieſer meiner Clauſe das allervortrefflichſte &q;Waſſer aus einem kieſelharten Felſen mir entge- &q;gen geſprungen koͤmmt. Jch will euch aber dieſes &q;ſagen, daß das Loch, welches ich ſeit geſtern und &q;heute ausgegraben, mein Grab bedeuten ſoll. Mei- &q;nen Gefaͤhrden habe ich bereits vor einem halben &q;Jahre begraben, weiln derſelbe eines natuͤrlichen &q;und ſanfften Todes geſtorben war; Mir aber hat &q;der Himmel wiſſen laſſen, daß ich durch die Haͤn- &q;de einer verfolgten Chriſtlichen Printzeßin entwe- &q;der beerdigt werden, oder dieſelbe aus dieſem Rei- &q;che in die Chriſtenheit ſchaffen ſolte. Nun habe &q;ich euch allen beyden ſchon ſeit etlichen Tagen da- &q;her mit ſonderbarem Verlangen entgegen geſehen: &q;denn ich weiß alle eure Umſtaͤnde und Geſchichte, &q;welche mir in meinem groſſen Spiegel gezeigt wor- &q;den, ſo offt ich denſelben vor mich ſetze. Mittlerwei- &q;le aber, da ich eure beſchwerliche Reiſe geſehen, &q;hat mir der Himmel offenbahret, daß ich zwar mein &q;Grab machen, jedoch binnen Jahres-Friſt noch &q;nicht ſterben, ſondern nach Verlauff einiger Zeit &q;mit euch eine Wallfahrt nach der Jnſul Ceylon &q;zu dem Grabe Adams, als unſers aller erſten Va- &q;ters, thun ſoll, allda werden wir ſodann ein Hol- &q;laͤndiſches Schiff antreffen, deſſen Patron auf &q;Befehl einer hoͤhern Macht uns einnehmen, und &q;in die Chriſtenheit fuͤhren wird, (denn ihr koͤnnet &q;mir

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/501>, abgerufen am 06.06.2024.