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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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&q;ne Brüder sogleich eine Clause auf diese Stätte,
&q;unter welcher aber 4. in Stein gearbeitete Keller
&q;befindlich sind, und lebten in den ersten Jahren
&q;sehr schlecht und elend, nemlich von blossen Kräu-
&q;tern, Wurtzeln und wilden unschmackhafften
&q;Früchten, worbey uns die vortreffliche Wasser-
&q;Quelle sehr wohl zu statten kam; nach der Zeit aber
&q;haben sich aus einigen, in dem jenseitigen Groß-
&q;Mogulschen Gebiethe gelegenen kleinen Städten
&q;und Dörffern immerzu Leute bey uns eingefunden,
&q;weiln wir alle beyde die Gaben hatten, zu weissa-
&q;gen, Krancke gesund zu machen, auch dann und
&q;wann einige besondere Wunder zu thun. Also
&q;sind wir nachhero von diesen Leuten nicht allein mit
&q;guten Speisen und Geträncken versorgt, sondern
&q;auch mit allerhand Arten von Geschencken fast ü-
&q;berhäufft worden, biß endlich, wie ich schon gemel-
&q;det, mein Mit-Bruder ohngefähr vor einem hal-
&q;ben Jahre gestorben, und von mir begraben ist.
&q;Nunmehro habe ich einen stumm und taub gebohr-
&q;nen Mann zu meiner Bedienung, welcher mich
&q;wöchentlich 2. oder 3. mahl besucht, und zusiehet,
&q;ob ich auch noch lebe. Dieser bringet mir alles zu,
&q;was ich zur höchsten Nothdurfft brauche, und ohn-
&q;geachtet er taub und stumm ist, so verstehet er doch
&q;an den Zeichen, so ich ihm gebe, alles auf das al-
&q;lergenaueste, was ich von ihm haben will, als
&q;wovon ihr die Proben sehen sollet, denn er wird
&q;Heute, oder längstens Morgen gewiß kommen, und
&q;mir frischen Proviant bringen."

Nachdem der alte Greiß diese seine Rede vol-
lendet, nöthigte er uns beyde mit ihm in seine Clau-

se

&q;ne Bruͤder ſogleich eine Clauſe auf dieſe Staͤtte,
&q;unter welcher aber 4. in Stein gearbeitete Keller
&q;befindlich ſind, und lebten in den erſten Jahren
&q;ſehr ſchlecht und elend, nemlich von bloſſen Kraͤu-
&q;tern, Wurtzeln und wilden unſchmackhafften
&q;Fruͤchten, worbey uns die vortreffliche Waſſer-
&q;Quelle ſehr wohl zu ſtatten kam; nach der Zeit aber
&q;haben ſich aus einigen, in dem jenſeitigen Groß-
&q;Mogulſchen Gebiethe gelegenen kleinen Staͤdten
&q;und Doͤrffern immerzu Leute bey uns eingefunden,
&q;weiln wir alle beyde die Gaben hatten, zu weiſſa-
&q;gen, Krancke geſund zu machen, auch dann und
&q;wann einige beſondere Wunder zu thun. Alſo
&q;ſind wir nachhero von dieſen Leuten nicht allein mit
&q;guten Speiſen und Getraͤncken verſorgt, ſondern
&q;auch mit allerhand Arten von Geſchencken faſt uͤ-
&q;berhaͤufft worden, biß endlich, wie ich ſchon gemel-
&q;det, mein Mit-Bruder ohngefaͤhr vor einem hal-
&q;ben Jahre geſtorben, und von mir begraben iſt.
&q;Nunmehro habe ich einen ſtumm und taub gebohr-
&q;nen Mann zu meiner Bedienung, welcher mich
&q;woͤchentlich 2. oder 3. mahl beſucht, und zuſiehet,
&q;ob ich auch noch lebe. Dieſer bringet mir alles zu,
&q;was ich zur hoͤchſten Nothdurfft brauche, und ohn-
&q;geachtet er taub und ſtumm iſt, ſo verſtehet er doch
&q;an den Zeichen, ſo ich ihm gebe, alles auf das al-
&q;lergenaueſte, was ich von ihm haben will, als
&q;wovon ihr die Proben ſehen ſollet, denn er wird
&q;Heute, oder laͤngſtens Morgen gewiß kommen, und
&q;mir friſchen Proviant bringen.‟

Nachdem der alte Greiß dieſe ſeine Rede vol-
lendet, noͤthigte er uns beyde mit ihm in ſeine Clau-

ſe
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[493/0503] &q;ne Bruͤder ſogleich eine Clauſe auf dieſe Staͤtte, &q;unter welcher aber 4. in Stein gearbeitete Keller &q;befindlich ſind, und lebten in den erſten Jahren &q;ſehr ſchlecht und elend, nemlich von bloſſen Kraͤu- &q;tern, Wurtzeln und wilden unſchmackhafften &q;Fruͤchten, worbey uns die vortreffliche Waſſer- &q;Quelle ſehr wohl zu ſtatten kam; nach der Zeit aber &q;haben ſich aus einigen, in dem jenſeitigen Groß- &q;Mogulſchen Gebiethe gelegenen kleinen Staͤdten &q;und Doͤrffern immerzu Leute bey uns eingefunden, &q;weiln wir alle beyde die Gaben hatten, zu weiſſa- &q;gen, Krancke geſund zu machen, auch dann und &q;wann einige beſondere Wunder zu thun. Alſo &q;ſind wir nachhero von dieſen Leuten nicht allein mit &q;guten Speiſen und Getraͤncken verſorgt, ſondern &q;auch mit allerhand Arten von Geſchencken faſt uͤ- &q;berhaͤufft worden, biß endlich, wie ich ſchon gemel- &q;det, mein Mit-Bruder ohngefaͤhr vor einem hal- &q;ben Jahre geſtorben, und von mir begraben iſt. &q;Nunmehro habe ich einen ſtumm und taub gebohr- &q;nen Mann zu meiner Bedienung, welcher mich &q;woͤchentlich 2. oder 3. mahl beſucht, und zuſiehet, &q;ob ich auch noch lebe. Dieſer bringet mir alles zu, &q;was ich zur hoͤchſten Nothdurfft brauche, und ohn- &q;geachtet er taub und ſtumm iſt, ſo verſtehet er doch &q;an den Zeichen, ſo ich ihm gebe, alles auf das al- &q;lergenaueſte, was ich von ihm haben will, als &q;wovon ihr die Proben ſehen ſollet, denn er wird &q;Heute, oder laͤngſtens Morgen gewiß kommen, und &q;mir friſchen Proviant bringen.‟ Nachdem der alte Greiß dieſe ſeine Rede vol- lendet, noͤthigte er uns beyde mit ihm in ſeine Clau- ſe

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/503>, abgerufen am 06.06.2024.