Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Smith mochte eine so unumwundene Offenherzig-
keit, trotz seiner Herausforderung, doch nicht von
Arnolden erwartet haben, denn bei der Antwort des
jungen Mannes verfärbte er sich und es zeigte sich ein
ganz eigenthümlicher Ausdruck in seinen Gesichtszügen;
dies dauerte aber nur einen Augenblick und sich zu
einem Lächeln zwingend, sagte er:

-- "Also das ist es? Jch hätte Sie reifer ge-
glaubt, junger Mann," fügte er ernster hinzu, "auf
einem höhern Standpunkte stehend, über solche Thor-
heiten längst hinweg."

-- "Ueber welche Thorheiten sollte ich hinweg
seyn, Sir?" fragte Arnold streng und ernst. "Etwa
über die, es nicht verächtlich zu finden, mit dem Höch-
sten und Heiligsten, mit der Religion, ein heilloses
Spiel zu treiben? und was ist denn ihr Propheten-
thum anders, als ein solches?"

-- "Sie sind sehr streng, sehr entschieden in
Jhren Aussprüchen, Jhren Urtheilen, Sir," versetzte
Joe nach einem kurzen Nachdenken, ernst, aber nicht
zornig; "Sie scheinen sogar die Absicht zu haben, mir
wehe zu thun; aber trotz dem danke ich Jhnen, weil
Sie mir durch ihre Aufrichtigkeit Gelegenheit geben,
mich gegen Sie zu erklären, ja, zu rechtfertigen, denn
ich hoffe, daß mir das letztere gelingen werde. Ha-
beu Sie Zeit, mir zuzuhören, Sir?"

Smith mochte eine ſo unumwundene Offenherzig-
keit, trotz ſeiner Herausforderung, doch nicht von
Arnolden erwartet haben, denn bei der Antwort des
jungen Mannes verfärbte er ſich und es zeigte ſich ein
ganz eigenthümlicher Ausdruck in ſeinen Geſichtszügen;
dies dauerte aber nur einen Augenblick und ſich zu
einem Lächeln zwingend, ſagte er:

— „Alſo das iſt es? Jch hätte Sie reifer ge-
glaubt, junger Mann,“ fügte er ernſter hinzu, „auf
einem höhern Standpunkte ſtehend, über ſolche Thor-
heiten längſt hinweg.“

— „Ueber welche Thorheiten ſollte ich hinweg
ſeyn, Sir?“ fragte Arnold ſtreng und ernſt. „Etwa
über die, es nicht verächtlich zu finden, mit dem Höch-
ſten und Heiligſten, mit der Religion, ein heilloſes
Spiel zu treiben? und was iſt denn ihr Propheten-
thum anders, als ein ſolches?“

— „Sie ſind ſehr ſtreng, ſehr entſchieden in
Jhren Ausſprüchen, Jhren Urtheilen, Sir,“ verſetzte
Joe nach einem kurzen Nachdenken, ernſt, aber nicht
zornig; „Sie ſcheinen ſogar die Abſicht zu haben, mir
wehe zu thun; aber trotz dem danke ich Jhnen, weil
Sie mir durch ihre Aufrichtigkeit Gelegenheit geben,
mich gegen Sie zu erklären, ja, zu rechtfertigen, denn
ich hoffe, daß mir das letztere gelingen werde. Ha-
beu Sie Zeit, mir zuzuhören, Sir?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0093" n="85"/>
        <p>Smith mochte eine &#x017F;o unumwundene Offenherzig-<lb/>
keit, trotz &#x017F;einer Herausforderung, doch nicht von<lb/>
Arnolden erwartet haben, denn bei der Antwort des<lb/>
jungen Mannes verfärbte er &#x017F;ich und es zeigte &#x017F;ich ein<lb/>
ganz eigenthümlicher Ausdruck in &#x017F;einen Ge&#x017F;ichtszügen;<lb/>
dies dauerte aber nur einen Augenblick und &#x017F;ich zu<lb/>
einem Lächeln zwingend, &#x017F;agte er:</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Al&#x017F;o das i&#x017F;t es? Jch hätte Sie reifer ge-<lb/>
glaubt, junger Mann,&#x201C; fügte er ern&#x017F;ter hinzu, &#x201E;auf<lb/>
einem höhern Standpunkte &#x017F;tehend, über &#x017F;olche Thor-<lb/>
heiten läng&#x017F;t hinweg.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Ueber welche Thorheiten &#x017F;ollte ich hinweg<lb/>
&#x017F;eyn, Sir?&#x201C; fragte Arnold &#x017F;treng und ern&#x017F;t. &#x201E;Etwa<lb/>
über die, es nicht verächtlich zu finden, mit dem Höch-<lb/>
&#x017F;ten und Heilig&#x017F;ten, mit der Religion, ein heillo&#x017F;es<lb/>
Spiel zu treiben? und was i&#x017F;t denn ihr Propheten-<lb/>
thum anders, als ein &#x017F;olches?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Sie &#x017F;ind &#x017F;ehr &#x017F;treng, &#x017F;ehr ent&#x017F;chieden in<lb/>
Jhren Aus&#x017F;prüchen, Jhren Urtheilen, Sir,&#x201C; ver&#x017F;etzte<lb/>
Joe nach einem kurzen Nachdenken, ern&#x017F;t, aber nicht<lb/>
zornig; &#x201E;Sie &#x017F;cheinen &#x017F;ogar die Ab&#x017F;icht zu haben, mir<lb/>
wehe zu thun; aber trotz dem danke ich Jhnen, weil<lb/>
Sie mir durch ihre Aufrichtigkeit Gelegenheit geben,<lb/>
mich gegen Sie zu erklären, ja, zu rechtfertigen, denn<lb/>
ich hoffe, daß mir das letztere gelingen werde. Ha-<lb/>
beu Sie Zeit, mir zuzuhören, Sir?&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0093] Smith mochte eine ſo unumwundene Offenherzig- keit, trotz ſeiner Herausforderung, doch nicht von Arnolden erwartet haben, denn bei der Antwort des jungen Mannes verfärbte er ſich und es zeigte ſich ein ganz eigenthümlicher Ausdruck in ſeinen Geſichtszügen; dies dauerte aber nur einen Augenblick und ſich zu einem Lächeln zwingend, ſagte er: — „Alſo das iſt es? Jch hätte Sie reifer ge- glaubt, junger Mann,“ fügte er ernſter hinzu, „auf einem höhern Standpunkte ſtehend, über ſolche Thor- heiten längſt hinweg.“ — „Ueber welche Thorheiten ſollte ich hinweg ſeyn, Sir?“ fragte Arnold ſtreng und ernſt. „Etwa über die, es nicht verächtlich zu finden, mit dem Höch- ſten und Heiligſten, mit der Religion, ein heilloſes Spiel zu treiben? und was iſt denn ihr Propheten- thum anders, als ein ſolches?“ — „Sie ſind ſehr ſtreng, ſehr entſchieden in Jhren Ausſprüchen, Jhren Urtheilen, Sir,“ verſetzte Joe nach einem kurzen Nachdenken, ernſt, aber nicht zornig; „Sie ſcheinen ſogar die Abſicht zu haben, mir wehe zu thun; aber trotz dem danke ich Jhnen, weil Sie mir durch ihre Aufrichtigkeit Gelegenheit geben, mich gegen Sie zu erklären, ja, zu rechtfertigen, denn ich hoffe, daß mir das letztere gelingen werde. Ha- beu Sie Zeit, mir zuzuhören, Sir?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/93
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/93>, abgerufen am 07.05.2024.