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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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heit nicht weiter fort und so oft er sie daran mahnte,
ein so schönes Talent zu cultiviren, hatte sie irgend
einen Vorwand zur Hand, sich der Ausübung dessel-
ben zu entziehen und endlich verschwand die Malerei
gänzlich aus dem Zimmer.

Gern hätte unser Freund, verstimmt wie er durch
den längern Aufenthalt in der Wohnung des Prophe-
ten und durch den Umgang mit Marien war, seine
Zuflucht wieder zum reinen Naturleben, zu dem herz-
erquickenden und sinnerfrischenden Verkehr mit seinen
geliebten Sioux genommen, wenn nicht einige ihm
übertragene, sehr dringende geometrische Arbeiten, die
er zu liefern versprochen, ihn zurückgehalten hätten.
Er beeilte sich aber, sie zu beendigen, um sich endlich
die ersehnte Freude gewähren zu können, und da er
schnell arbeitete, sah er sich endlich so weit, sein Ge-
wehr unter dem Arm, die Jagdtasche auf der Hüfte
und seinen treuen Bruno zur Seite, der Stadt ent-
fliehen und die traute Einsamkeit der Wälder und der
Prairie aufsuchen zu dürfen, in denen er sicher war,
sich selbst und Ruhe für sein Herz wieder zu finden.

Fast ohne daß er es wußte, lenkten sich seine
Schritte dem Westen zu, wo seine Sioux das Leben
der Freiheit und des Glücks lebten, wo, wie er mit
Gewißheit annehmen durfte, ihm so viele gute Her-
zen in aufrichtiger Zuneigung entgegenschlugen und

heit nicht weiter fort und ſo oft er ſie daran mahnte,
ein ſo ſchönes Talent zu cultiviren, hatte ſie irgend
einen Vorwand zur Hand, ſich der Ausübung deſſel-
ben zu entziehen und endlich verſchwand die Malerei
gänzlich aus dem Zimmer.

Gern hätte unſer Freund, verſtimmt wie er durch
den längern Aufenthalt in der Wohnung des Prophe-
ten und durch den Umgang mit Marien war, ſeine
Zuflucht wieder zum reinen Naturleben, zu dem herz-
erquickenden und ſinnerfriſchenden Verkehr mit ſeinen
geliebten Sioux genommen, wenn nicht einige ihm
übertragene, ſehr dringende geometriſche Arbeiten, die
er zu liefern verſprochen, ihn zurückgehalten hätten.
Er beeilte ſich aber, ſie zu beendigen, um ſich endlich
die erſehnte Freude gewähren zu können, und da er
ſchnell arbeitete, ſah er ſich endlich ſo weit, ſein Ge-
wehr unter dem Arm, die Jagdtaſche auf der Hüfte
und ſeinen treuen Bruno zur Seite, der Stadt ent-
fliehen und die traute Einſamkeit der Wälder und der
Prairie aufſuchen zu dürfen, in denen er ſicher war,
ſich ſelbſt und Ruhe für ſein Herz wieder zu finden.

Faſt ohne daß er es wußte, lenkten ſich ſeine
Schritte dem Weſten zu, wo ſeine Sioux das Leben
der Freiheit und des Glücks lebten, wo, wie er mit
Gewißheit annehmen durfte, ihm ſo viele gute Her-
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[4/0010] heit nicht weiter fort und ſo oft er ſie daran mahnte, ein ſo ſchönes Talent zu cultiviren, hatte ſie irgend einen Vorwand zur Hand, ſich der Ausübung deſſel- ben zu entziehen und endlich verſchwand die Malerei gänzlich aus dem Zimmer. Gern hätte unſer Freund, verſtimmt wie er durch den längern Aufenthalt in der Wohnung des Prophe- ten und durch den Umgang mit Marien war, ſeine Zuflucht wieder zum reinen Naturleben, zu dem herz- erquickenden und ſinnerfriſchenden Verkehr mit ſeinen geliebten Sioux genommen, wenn nicht einige ihm übertragene, ſehr dringende geometriſche Arbeiten, die er zu liefern verſprochen, ihn zurückgehalten hätten. Er beeilte ſich aber, ſie zu beendigen, um ſich endlich die erſehnte Freude gewähren zu können, und da er ſchnell arbeitete, ſah er ſich endlich ſo weit, ſein Ge- wehr unter dem Arm, die Jagdtaſche auf der Hüfte und ſeinen treuen Bruno zur Seite, der Stadt ent- fliehen und die traute Einſamkeit der Wälder und der Prairie aufſuchen zu dürfen, in denen er ſicher war, ſich ſelbſt und Ruhe für ſein Herz wieder zu finden. Faſt ohne daß er es wußte, lenkten ſich ſeine Schritte dem Weſten zu, wo ſeine Sioux das Leben der Freiheit und des Glücks lebten, wo, wie er mit Gewißheit annehmen durfte, ihm ſo viele gute Her- zen in aufrichtiger Zuneigung entgegenſchlugen und

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/10>, abgerufen am 30.04.2024.