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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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ihnen fast auf jedem Schritte durch die Schmarotzer-
pflanzen, welche, von einem Baume zum andern hin-
überklimmend, gleichsam grüne Wände und Verhaue
bilden, die größesten Hindernisse darboten. Mit den
Schlägen ihrer Tomahawks durchhieben sie dieses Pflan-
zengewirr und bahnten sich Schritt für Schritt den
Weg, wobei zugleich die Kraft ihres Arms und ihre
Geschicklichkeit zu bewundern war.

Der Zug mochte sich etwa zwei Stunden im
Walde fortbewegt haben, als dieser sich zu lichten an-
fing und nach einer nur noch kurzen Wanderung langte
man in einem schönen, ringsum von Hügeln umschlos-
senen Thale an, in dem die Wigwams des Stammes,
kegelförmige, von gegerbten Thierfellen gemachte Hüt-
ten, mit so niedrigem Eingange, daß man nur tief
gebückt in dieselben hineingehen konnte, vom schön-
sten Mondschein bestrahlt, in friedlicher Ruhe vor den
Blicken der nächtlichen Wanderer da lagen; denn alle
Bewohner dieser Hütten, bis auf die, welche jetzt
von der Jagd zurückkehrten, hatten sich bereits längst
zum Schlafe niedergelegt, was bei den Wilden mit
Anbruch der Nacht zu geschehen pflegt, damit der erste
Strahl des erwachenden Tages sie wieder munter und
gekräftigt finde. Mit der Nacht wissen sie nichts anzu-
fangen, als sie zu verschlafen, dagegen sind sie während
der hellen Stunden unausgesetzt und unermüdlich thätig.

ihnen faſt auf jedem Schritte durch die Schmarotzer-
pflanzen, welche, von einem Baume zum andern hin-
überklimmend, gleichſam grüne Wände und Verhaue
bilden, die größeſten Hinderniſſe darboten. Mit den
Schlägen ihrer Tomahawks durchhieben ſie dieſes Pflan-
zengewirr und bahnten ſich Schritt für Schritt den
Weg, wobei zugleich die Kraft ihres Arms und ihre
Geſchicklichkeit zu bewundern war.

Der Zug mochte ſich etwa zwei Stunden im
Walde fortbewegt haben, als dieſer ſich zu lichten an-
fing und nach einer nur noch kurzen Wanderung langte
man in einem ſchönen, ringsum von Hügeln umſchloſ-
ſenen Thale an, in dem die Wigwams des Stammes,
kegelförmige, von gegerbten Thierfellen gemachte Hüt-
ten, mit ſo niedrigem Eingange, daß man nur tief
gebückt in dieſelben hineingehen konnte, vom ſchön-
ſten Mondſchein beſtrahlt, in friedlicher Ruhe vor den
Blicken der nächtlichen Wanderer da lagen; denn alle
Bewohner dieſer Hütten, bis auf die, welche jetzt
von der Jagd zurückkehrten, hatten ſich bereits längſt
zum Schlafe niedergelegt, was bei den Wilden mit
Anbruch der Nacht zu geſchehen pflegt, damit der erſte
Strahl des erwachenden Tages ſie wieder munter und
gekräftigt finde. Mit der Nacht wiſſen ſie nichts anzu-
fangen, als ſie zu verſchlafen, dagegen ſind ſie während
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[13/0019] ihnen faſt auf jedem Schritte durch die Schmarotzer- pflanzen, welche, von einem Baume zum andern hin- überklimmend, gleichſam grüne Wände und Verhaue bilden, die größeſten Hinderniſſe darboten. Mit den Schlägen ihrer Tomahawks durchhieben ſie dieſes Pflan- zengewirr und bahnten ſich Schritt für Schritt den Weg, wobei zugleich die Kraft ihres Arms und ihre Geſchicklichkeit zu bewundern war. Der Zug mochte ſich etwa zwei Stunden im Walde fortbewegt haben, als dieſer ſich zu lichten an- fing und nach einer nur noch kurzen Wanderung langte man in einem ſchönen, ringsum von Hügeln umſchloſ- ſenen Thale an, in dem die Wigwams des Stammes, kegelförmige, von gegerbten Thierfellen gemachte Hüt- ten, mit ſo niedrigem Eingange, daß man nur tief gebückt in dieſelben hineingehen konnte, vom ſchön- ſten Mondſchein beſtrahlt, in friedlicher Ruhe vor den Blicken der nächtlichen Wanderer da lagen; denn alle Bewohner dieſer Hütten, bis auf die, welche jetzt von der Jagd zurückkehrten, hatten ſich bereits längſt zum Schlafe niedergelegt, was bei den Wilden mit Anbruch der Nacht zu geſchehen pflegt, damit der erſte Strahl des erwachenden Tages ſie wieder munter und gekräftigt finde. Mit der Nacht wiſſen ſie nichts anzu- fangen, als ſie zu verſchlafen, dagegen ſind ſie während der hellen Stunden unausgeſetzt und unermüdlich thätig.

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/19>, abgerufen am 30.04.2024.