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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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diesen Kindern der Natur bewunderte und früher schon
an den Sioux bewundert hatte, war die bis in's
Kleinliche getriebene Reinlichkeit und der Geschmack,
den sie in Hinsicht ihrer Kleidung zeigten. Dem letz-
tern widerspricht allein das Tätowiren und Bemalen
ihres Gesichts, dessen natürliche Farbe nur dann zum
Vorschein kommt, wenn ihnen weder Freudiges noch
Trauriges begegnet. Wenn sie Krieg haben, malen
sie sich, wahrscheinlich um den Feinden Schrecken ein-
zuflößen, das Gesicht ganz schwarz; bei Trauer zur
Hälfte schwarz und bei fröhlichen Gelegenheiten, wie
z. B. bei Friedensschlüssen, Festgelagen u. s. w., grün
und roth. Wenn sie dieser Unsitte, die ihre Erschei-
nung für den Europäer höchst widerwärtig macht, ab-
legten, so würde man sie, trotz ihrer kupferfarbenen
Hautfarbe, für schöne Menschen erklären müssen, da
ihre Züge ausdrucksvoll sind und ihr hoher, schlan-
ker, das gewöhnliche Maß übersteigender Wuchs sie
zu imponirenden Erscheinungen macht. Um diesen vor-
theilhaften Eindruck zu vermehren, ist ihre Stimme
volltönend und ihre an Vokalen reiche Sprache über-
aus wohllautend.

Schon in wenigen Tagen fühlte sich Arnold eben
so heimisch unter seinen neuen Freunden, wie früher
unter den Sioux. Man beschenkte ihn mit trefflichen,
selbst verfertigten Waffen und einem jungen Pferde

dieſen Kindern der Natur bewunderte und früher ſchon
an den Sioux bewundert hatte, war die bis in’s
Kleinliche getriebene Reinlichkeit und der Geſchmack,
den ſie in Hinſicht ihrer Kleidung zeigten. Dem letz-
tern widerſpricht allein das Tätowiren und Bemalen
ihres Geſichts, deſſen natürliche Farbe nur dann zum
Vorſchein kommt, wenn ihnen weder Freudiges noch
Trauriges begegnet. Wenn ſie Krieg haben, malen
ſie ſich, wahrſcheinlich um den Feinden Schrecken ein-
zuflößen, das Geſicht ganz ſchwarz; bei Trauer zur
Hälfte ſchwarz und bei fröhlichen Gelegenheiten, wie
z. B. bei Friedensſchlüſſen, Feſtgelagen u. ſ. w., grün
und roth. Wenn ſie dieſer Unſitte, die ihre Erſchei-
nung für den Europäer höchſt widerwärtig macht, ab-
legten, ſo würde man ſie, trotz ihrer kupferfarbenen
Hautfarbe, für ſchöne Menſchen erklären müſſen, da
ihre Züge ausdrucksvoll ſind und ihr hoher, ſchlan-
ker, das gewöhnliche Maß überſteigender Wuchs ſie
zu imponirenden Erſcheinungen macht. Um dieſen vor-
theilhaften Eindruck zu vermehren, iſt ihre Stimme
volltönend und ihre an Vokalen reiche Sprache über-
aus wohllautend.

Schon in wenigen Tagen fühlte ſich Arnold eben
ſo heimiſch unter ſeinen neuen Freunden, wie früher
unter den Sioux. Man beſchenkte ihn mit trefflichen,
ſelbſt verfertigten Waffen und einem jungen Pferde

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[25/0031] dieſen Kindern der Natur bewunderte und früher ſchon an den Sioux bewundert hatte, war die bis in’s Kleinliche getriebene Reinlichkeit und der Geſchmack, den ſie in Hinſicht ihrer Kleidung zeigten. Dem letz- tern widerſpricht allein das Tätowiren und Bemalen ihres Geſichts, deſſen natürliche Farbe nur dann zum Vorſchein kommt, wenn ihnen weder Freudiges noch Trauriges begegnet. Wenn ſie Krieg haben, malen ſie ſich, wahrſcheinlich um den Feinden Schrecken ein- zuflößen, das Geſicht ganz ſchwarz; bei Trauer zur Hälfte ſchwarz und bei fröhlichen Gelegenheiten, wie z. B. bei Friedensſchlüſſen, Feſtgelagen u. ſ. w., grün und roth. Wenn ſie dieſer Unſitte, die ihre Erſchei- nung für den Europäer höchſt widerwärtig macht, ab- legten, ſo würde man ſie, trotz ihrer kupferfarbenen Hautfarbe, für ſchöne Menſchen erklären müſſen, da ihre Züge ausdrucksvoll ſind und ihr hoher, ſchlan- ker, das gewöhnliche Maß überſteigender Wuchs ſie zu imponirenden Erſcheinungen macht. Um dieſen vor- theilhaften Eindruck zu vermehren, iſt ihre Stimme volltönend und ihre an Vokalen reiche Sprache über- aus wohllautend. Schon in wenigen Tagen fühlte ſich Arnold eben ſo heimiſch unter ſeinen neuen Freunden, wie früher unter den Sioux. Man beſchenkte ihn mit trefflichen, ſelbſt verfertigten Waffen und einem jungen Pferde

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/31>, abgerufen am 30.04.2024.