Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.finden. Uebrigens denke er sich wegen einer Anstellung in den landesfürstlichen Forsten an seinen Freund, den Oberförster, zu wenden, an welchen er mich auch bitte ihm von seinen Sachen nachzusenden, was ich selbst für gut finde, vor Allem aber ein Zeichen der Vergebung und der Fortdauer meines Wohlwollens. -- Braver Junge! rief ich aus; er hat sie mit Gefahr seines Lebens dem Tod in den Mühlrädern entrissen und geht in die weite Welt, um meinem Glücke mit ihr nicht im Wege zu stehen! -- Laß dir sogleich einen Klepper satteln, Paul, und reite hinüber zum Oberförster. Ich lasse ihn bitten, heute Mittag zum Essen zu kommen und den Max mitzubringen! -- Warte! -- Nein; besorge schnell das Pferd und komm dann wieder. Ich will dir ein paar Zeilen mitgeben. Aber verrathe nicht im Hause, am wenigsten vor Gretchen, wo du hin reitest. Ich schrieb das Billet an den Oberförster und schärfte Paul, der es abholte, ein, sich gegen Max nicht merken zu lassen, was ich zu seinem Briefe gesagt habe. Der Alte war schwindelig vor Freude, und schwur, entweder gar nicht, oder mit Max wieder zu kommen. -- Mit leichterem Herzen und freierem Blick, als ich seit zehn Tagen gehabt hatte, trat ich ans Fenster, von welchem ich Gretchen eben aus dem Garten kommen sah. Sie bemerkte mich nicht, sondern ging ernst und sinnend mit ihrem Körbchen voll Kirschen über den Hof die Treppe herauf und erschrak, als ich ihr unvermuthet aus meiner Thür entgegen trat und ihr einen guten Morgen bot. finden. Uebrigens denke er sich wegen einer Anstellung in den landesfürstlichen Forsten an seinen Freund, den Oberförster, zu wenden, an welchen er mich auch bitte ihm von seinen Sachen nachzusenden, was ich selbst für gut finde, vor Allem aber ein Zeichen der Vergebung und der Fortdauer meines Wohlwollens. — Braver Junge! rief ich aus; er hat sie mit Gefahr seines Lebens dem Tod in den Mühlrädern entrissen und geht in die weite Welt, um meinem Glücke mit ihr nicht im Wege zu stehen! — Laß dir sogleich einen Klepper satteln, Paul, und reite hinüber zum Oberförster. Ich lasse ihn bitten, heute Mittag zum Essen zu kommen und den Max mitzubringen! — Warte! — Nein; besorge schnell das Pferd und komm dann wieder. Ich will dir ein paar Zeilen mitgeben. Aber verrathe nicht im Hause, am wenigsten vor Gretchen, wo du hin reitest. Ich schrieb das Billet an den Oberförster und schärfte Paul, der es abholte, ein, sich gegen Max nicht merken zu lassen, was ich zu seinem Briefe gesagt habe. Der Alte war schwindelig vor Freude, und schwur, entweder gar nicht, oder mit Max wieder zu kommen. — Mit leichterem Herzen und freierem Blick, als ich seit zehn Tagen gehabt hatte, trat ich ans Fenster, von welchem ich Gretchen eben aus dem Garten kommen sah. Sie bemerkte mich nicht, sondern ging ernst und sinnend mit ihrem Körbchen voll Kirschen über den Hof die Treppe herauf und erschrak, als ich ihr unvermuthet aus meiner Thür entgegen trat und ihr einen guten Morgen bot. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="18"> <p><pb facs="#f0092"/> finden. Uebrigens denke er sich wegen einer Anstellung in den landesfürstlichen Forsten an seinen Freund, den Oberförster, zu wenden, an welchen er mich auch bitte ihm von seinen Sachen nachzusenden, was ich selbst für gut finde, vor Allem aber ein Zeichen der Vergebung und der Fortdauer meines Wohlwollens. — Braver Junge! rief ich aus; er hat sie mit Gefahr seines Lebens dem Tod in den Mühlrädern entrissen und geht in die weite Welt, um meinem Glücke mit ihr nicht im Wege zu stehen! — Laß dir sogleich einen Klepper satteln, Paul, und reite hinüber zum Oberförster. Ich lasse ihn bitten, heute Mittag zum Essen zu kommen und den Max mitzubringen! — Warte! — Nein; besorge schnell das Pferd und komm dann wieder. Ich will dir ein paar Zeilen mitgeben. Aber verrathe nicht im Hause, am wenigsten vor Gretchen, wo du hin reitest.</p><lb/> <p>Ich schrieb das Billet an den Oberförster und schärfte Paul, der es abholte, ein, sich gegen Max nicht merken zu lassen, was ich zu seinem Briefe gesagt habe. Der Alte war schwindelig vor Freude, und schwur, entweder gar nicht, oder mit Max wieder zu kommen. — Mit leichterem Herzen und freierem Blick, als ich seit zehn Tagen gehabt hatte, trat ich ans Fenster, von welchem ich Gretchen eben aus dem Garten kommen sah. Sie bemerkte mich nicht, sondern ging ernst und sinnend mit ihrem Körbchen voll Kirschen über den Hof die Treppe herauf und erschrak, als ich ihr unvermuthet aus meiner Thür entgegen trat und ihr einen guten Morgen bot.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
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Ich schrieb das Billet an den Oberförster und schärfte Paul, der es abholte, ein, sich gegen Max nicht merken zu lassen, was ich zu seinem Briefe gesagt habe. Der Alte war schwindelig vor Freude, und schwur, entweder gar nicht, oder mit Max wieder zu kommen. — Mit leichterem Herzen und freierem Blick, als ich seit zehn Tagen gehabt hatte, trat ich ans Fenster, von welchem ich Gretchen eben aus dem Garten kommen sah. Sie bemerkte mich nicht, sondern ging ernst und sinnend mit ihrem Körbchen voll Kirschen über den Hof die Treppe herauf und erschrak, als ich ihr unvermuthet aus meiner Thür entgegen trat und ihr einen guten Morgen bot.
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Zitationshilfe: | Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/92>, abgerufen am 15.06.2024. |