Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

Bild:
<< vorherige Seite

McColl's Anwendung des Aussagenkalkuls etc.
Grenzen schliessen, so wie sie in der That in obiger Formel rechter-
hand sich angegeben finden, während für die äussere Integration sich die
(konstanten) Grenzen aus der schon erwähnten Dreiteilung ergaben. --

Nun ist die analoge Veranschaulichung des Integrationsbereiches
(als eines von verschiedenen Flächen begrenzten Raumes) bei einer
dreifachen Ausdehnung desselben schon nicht mehr so leicht durch-
führbar; bei vier- oder mehrfacher Dimension des Bereiches, wie sie
der Erstreckung eines vier- oder mehrfachen Integrales zukommen wird,
ist sie überhaupt nicht thunlich.

Unter allen Umständen aber ist das ganze Veranschaulichungs-
verfahren, die Berufung auf die Anschauung, als ein Notbehelf zu
qualifiziren, welcher nicht der Würde einer Wissenschaft entspricht,
die ein rein analytisches Problem auch auf rein analytischem Wege --
somit rechnend oder schliessend -- lösen sollte. Auch kommen Fälle
vor, wo die auf dem "Schein" basirende Anschauung trügerisch ist.

Darum verlohnt es, nach einer Methode auszuschauen, gemäss
welcher die verschiedenen Teilintegrale, in die ein gegebenes mehrfaches
Integral bei vorgeschriebener Abänderung der Integrationsfolge eventuell
zerfällt, samt ihren verschiedenen Grenzen, zu finden sind in mechanischer
Rechenarbeit nach bestimmten und allgemein gültigen Schemata. Dies
aber leistet die McColl'sche Methode und zwar -- nach einer an-
zubringenden Berichtigung
(siehe unten sub "Regel 3") -- in einer, wie
es scheint, schon nahezu vollendeten Weise.

An dem Beispiel lässt sich sogleich erkennen, dass die Methode
weiter nichts als ein gewisses Transformationsproblem des Aussagen-
kalkuls
zu lösen hat: Es handelt sich um geeignete Umformung der
Aussage:
"Der Punkt x, y fällt in das Integrationsbereich hinein."

Diese Aussage A erscheint in der That bei dem Doppelintegrale
linkerhand zunächst gegeben in der Gestalt:
A, = (a < x < 2 a) (x -- a < y < x + a);
nachdem aber die Umkehrung der Integrationsordnung geleistet ist, mithin
bei der Summe dreier Doppelintegrale rechterhand, erscheint dieselbe Aus-
sage in der Form statuirt:
A, = (0 < y < a) (a < x < a + y) + (a < y < 2 a) (a < x < 2 a) +
+ (2 a < y < 3 a) (y -- a < x < 2 a);

und umgekehrt würden wir, sobald einmal die letztere Form der Aussage A
gefunden wäre, leicht im Stande sein, den gesuchten Ausdruck rechterhand
hinzuschreiben und somit bei dem Doppelintegrale links die Umkehrung der
Integrationsfolge zu leisten.

McColl’s Anwendung des Aussagenkalkuls etc.
Grenzen schliessen, so wie sie in der That in obiger Formel rechter-
hand sich angegeben finden, während für die äussere Integration sich die
(konstanten) Grenzen aus der schon erwähnten Dreiteilung ergaben. —

Nun ist die analoge Veranschaulichung des Integrationsbereiches
(als eines von verschiedenen Flächen begrenzten Raumes) bei einer
dreifachen Ausdehnung desselben schon nicht mehr so leicht durch-
führbar; bei vier- oder mehrfacher Dimension des Bereiches, wie sie
der Erstreckung eines vier- oder mehrfachen Integrales zukommen wird,
ist sie überhaupt nicht thunlich.

Unter allen Umständen aber ist das ganze Veranschaulichungs-
verfahren, die Berufung auf die Anschauung, als ein Notbehelf zu
qualifiziren, welcher nicht der Würde einer Wissenschaft entspricht,
die ein rein analytisches Problem auch auf rein analytischem Wege —
somit rechnend oder schliessend — lösen sollte. Auch kommen Fälle
vor, wo die auf dem „Schein“ basirende Anschauung trügerisch ist.

Darum verlohnt es, nach einer Methode auszuschauen, gemäss
welcher die verschiedenen Teilintegrale, in die ein gegebenes mehrfaches
Integral bei vorgeschriebener Abänderung der Integrationsfolge eventuell
zerfällt, samt ihren verschiedenen Grenzen, zu finden sind in mechanischer
Rechenarbeit nach bestimmten und allgemein gültigen Schemata. Dies
aber leistet die McColl’sche Methode und zwar — nach einer an-
zubringenden Berichtigung
(siehe unten sub „Regel 3“) — in einer, wie
es scheint, schon nahezu vollendeten Weise.

An dem Beispiel lässt sich sogleich erkennen, dass die Methode
weiter nichts als ein gewisses Transformationsproblem des Aussagen-
kalkuls
zu lösen hat: Es handelt sich um geeignete Umformung der
Aussage:
Der Punkt x, y fällt in das Integrationsbereich hinein.

Diese Aussage A erscheint in der That bei dem Doppelintegrale
linkerhand zunächst gegeben in der Gestalt:
A, = (a < x < 2 a) (xa < y < x + a);
nachdem aber die Umkehrung der Integrationsordnung geleistet ist, mithin
bei der Summe dreier Doppelintegrale rechterhand, erscheint dieselbe Aus-
sage in der Form statuirt:
A, = (0 < y < a) (a < x < a + y) + (a < y < 2 a) (a < x < 2 a) +
+ (2 a < y < 3 a) (ya < x < 2 a);

und umgekehrt würden wir, sobald einmal die letztere Form der Aussage A
gefunden wäre, leicht im Stande sein, den gesuchten Ausdruck rechterhand
hinzuschreiben und somit bei dem Doppelintegrale links die Umkehrung der
Integrationsfolge zu leisten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="517"/><fw place="top" type="header">McColl&#x2019;s Anwendung des Aussagenkalkuls etc.</fw><lb/>
Grenzen schliessen, so wie sie in der That in obiger Formel rechter-<lb/>
hand sich angegeben finden, während für die äussere Integration sich die<lb/>
(konstanten) Grenzen aus der schon erwähnten Dreiteilung ergaben. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Nun ist die analoge Veranschaulichung des Integrationsbereiches<lb/>
(als eines von verschiedenen Flächen begrenzten Raumes) bei einer<lb/>
dreifachen Ausdehnung desselben schon nicht mehr so leicht durch-<lb/>
führbar; bei vier- oder mehrfacher Dimension des Bereiches, wie sie<lb/>
der Erstreckung eines vier- oder mehrfachen Integrales zukommen wird,<lb/>
ist sie überhaupt nicht thunlich.</p><lb/>
          <p>Unter allen Umständen aber ist das ganze Veranschaulichungs-<lb/>
verfahren, die Berufung auf die Anschauung, als ein Notbehelf zu<lb/>
qualifiziren, welcher nicht der Würde einer Wissenschaft entspricht,<lb/>
die ein rein analytisches Problem auch auf rein analytischem Wege &#x2014;<lb/>
somit rechnend oder schliessend &#x2014; lösen sollte. Auch kommen Fälle<lb/>
vor, wo die auf dem &#x201E;Schein&#x201C; basirende Anschauung trügerisch ist.</p><lb/>
          <p>Darum verlohnt es, nach einer Methode auszuschauen, gemäss<lb/>
welcher die verschiedenen Teilintegrale, in die ein gegebenes mehrfaches<lb/>
Integral bei vorgeschriebener Abänderung der Integrationsfolge eventuell<lb/>
zerfällt, samt ihren verschiedenen Grenzen, zu finden sind in mechanischer<lb/>
Rechenarbeit nach bestimmten und allgemein gültigen Schemata. Dies<lb/>
aber leistet die <hi rendition="#g">McColl&#x2019;</hi>sche Methode und zwar &#x2014; <hi rendition="#i">nach einer an-<lb/>
zubringenden Berichtigung</hi> (siehe unten sub &#x201E;Regel 3&#x201C;) &#x2014; in einer, wie<lb/>
es scheint, schon nahezu vollendeten Weise.</p><lb/>
          <p>An dem Beispiel lässt sich sogleich erkennen, dass die Methode<lb/>
weiter nichts als ein gewisses <hi rendition="#i">Transformationsproblem des Aussagen-<lb/>
kalkuls</hi> zu lösen hat: Es handelt sich um geeignete Umformung der<lb/>
Aussage:<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;<hi rendition="#i">Der Punkt x</hi>, <hi rendition="#i">y fällt in das Integrationsbereich hinein.</hi>&#x201C;</hi></p><lb/>
          <p>Diese Aussage <hi rendition="#i">A</hi> erscheint in der That bei dem Doppelintegrale<lb/>
linkerhand zunächst gegeben in der Gestalt:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">A</hi>, = (<hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">x</hi> &lt; 2 <hi rendition="#i">a</hi>) (<hi rendition="#i">x</hi> &#x2014; <hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">y</hi> &lt; <hi rendition="#i">x</hi> + <hi rendition="#i">a</hi>);</hi><lb/>
nachdem aber die Umkehrung der Integrationsordnung geleistet ist, mithin<lb/>
bei der Summe dreier Doppelintegrale rechterhand, erscheint dieselbe Aus-<lb/>
sage in der Form statuirt:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#i">A</hi>, = (0 &lt; <hi rendition="#i">y</hi> &lt; <hi rendition="#i">a</hi>) (<hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">x</hi> &lt; <hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">y</hi>) + (<hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">y</hi> &lt; 2 <hi rendition="#i">a</hi>) (<hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">x</hi> &lt; 2 <hi rendition="#i">a</hi>) +<lb/>
+ (2 <hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">y</hi> &lt; 3 <hi rendition="#i">a</hi>) (<hi rendition="#i">y</hi> &#x2014; <hi rendition="#i">a</hi> &lt; <hi rendition="#i">x</hi> &lt; 2 <hi rendition="#i">a</hi>);</hi><lb/>
und umgekehrt würden wir, sobald einmal die letztere Form der Aussage <hi rendition="#i">A</hi><lb/>
gefunden wäre, leicht im Stande sein, den gesuchten Ausdruck rechterhand<lb/>
hinzuschreiben und somit bei dem Doppelintegrale links die Umkehrung der<lb/>
Integrationsfolge zu leisten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[517/0161] McColl’s Anwendung des Aussagenkalkuls etc. Grenzen schliessen, so wie sie in der That in obiger Formel rechter- hand sich angegeben finden, während für die äussere Integration sich die (konstanten) Grenzen aus der schon erwähnten Dreiteilung ergaben. — Nun ist die analoge Veranschaulichung des Integrationsbereiches (als eines von verschiedenen Flächen begrenzten Raumes) bei einer dreifachen Ausdehnung desselben schon nicht mehr so leicht durch- führbar; bei vier- oder mehrfacher Dimension des Bereiches, wie sie der Erstreckung eines vier- oder mehrfachen Integrales zukommen wird, ist sie überhaupt nicht thunlich. Unter allen Umständen aber ist das ganze Veranschaulichungs- verfahren, die Berufung auf die Anschauung, als ein Notbehelf zu qualifiziren, welcher nicht der Würde einer Wissenschaft entspricht, die ein rein analytisches Problem auch auf rein analytischem Wege — somit rechnend oder schliessend — lösen sollte. Auch kommen Fälle vor, wo die auf dem „Schein“ basirende Anschauung trügerisch ist. Darum verlohnt es, nach einer Methode auszuschauen, gemäss welcher die verschiedenen Teilintegrale, in die ein gegebenes mehrfaches Integral bei vorgeschriebener Abänderung der Integrationsfolge eventuell zerfällt, samt ihren verschiedenen Grenzen, zu finden sind in mechanischer Rechenarbeit nach bestimmten und allgemein gültigen Schemata. Dies aber leistet die McColl’sche Methode und zwar — nach einer an- zubringenden Berichtigung (siehe unten sub „Regel 3“) — in einer, wie es scheint, schon nahezu vollendeten Weise. An dem Beispiel lässt sich sogleich erkennen, dass die Methode weiter nichts als ein gewisses Transformationsproblem des Aussagen- kalkuls zu lösen hat: Es handelt sich um geeignete Umformung der Aussage: „Der Punkt x, y fällt in das Integrationsbereich hinein.“ Diese Aussage A erscheint in der That bei dem Doppelintegrale linkerhand zunächst gegeben in der Gestalt: A, = (a < x < 2 a) (x — a < y < x + a); nachdem aber die Umkehrung der Integrationsordnung geleistet ist, mithin bei der Summe dreier Doppelintegrale rechterhand, erscheint dieselbe Aus- sage in der Form statuirt: A, = (0 < y < a) (a < x < a + y) + (a < y < 2 a) (a < x < 2 a) + + (2 a < y < 3 a) (y — a < x < 2 a); und umgekehrt würden wir, sobald einmal die letztere Form der Aussage A gefunden wäre, leicht im Stande sein, den gesuchten Ausdruck rechterhand hinzuschreiben und somit bei dem Doppelintegrale links die Umkehrung der Integrationsfolge zu leisten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/161
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/161>, abgerufen am 02.05.2024.