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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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Kempe's Zusammenhang des identischen Kalkuls mit der Geometrie der Lage.
der Triaden-Tetrade a b · c, b c · d, a b · d, a d · c sagen, sie liegen in der
Reihenfolge a c d b; und dem entspricht die Ausdrucksweise: Die Punkte
eines linearen Systems bilden eine "gerade Linie".

Freilich können im allgemeinen zwei lineare Systeme gemeinsame
Elemente in irgend welcher Anzahl enthalten. Nun beschränken wir
aber unsere Betrachtung auf ein System von Elementen oder Punkten,
innerhalb dessen es nicht zwei lineare Systeme mit mehr als einem
gemeinsamen Element gibt. Ein solches System heisst ein "geometrisches"
("geometric set"). Dasselbe ist somit dadurch gekennzeichnet, dass
zu den fünf früheren Grundgesetzen noch als neues hinzutritt (K 136):
"Law VI". (a · p · q) (b · p · q) (a · b · p) (p = q),
worin neben den beiden kollinearen Triaden a · p · q und b · p · q (vergl. ph))
als dritte Prämisse die Aussagenverneinung
(a · b · p) = (a b · p) (b p · a) (a p · b)
bedeutet, dass es zwischen den drei Elementen a, b, p keine lineare
Triade, keine "gerade Linie" gebe.

Es lässt sich zeigen, dass die Punkte eines flachen Raumes von
beliebig vielen Dimensionen als Elemente eines solchen geometrischen
Systems angesehen werden können, wobei auch die mehrfach der
Geometrie entlehnten Benennungen in ihrer eigentlichen geometrischen
Bedeutung zu nehmen sind.

Um für einen solchen Raum, insbesondere den flachen drei-
dimensionalen oder Euklidischen, die Gültigkeit der Grundgesetze I--IV
darzuthun, -- während die der Gesetze V
und VI als selbstverständlich angesehen
werden kann, -- genügen wenige Worte
und der Anblick der Figuren 38 und 39:
Liegt ein Punkt p zugleich in der Geraden
der beiden Punkte a und b und in der-
jenigen durch c und d, und zwar so, dass
dort b, hier d der ungerade oder zwischen-
liegende Punkt ist, so muss es, laut Ge-
setz I, auch einen Punkt q geben, welcher
zugleich auf den beiden Geraden a d und b c

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 38
liegt, nnd zwar zwischen a und d, sowie zwischen b und c. -- Wenn
sich dagegen die beiden Geraden a b und c d schneiden in einem Punkt p
innerhalb der Strecke a b, jedoch ausserhalb der Strecke c d, in der Ver-
längerung dieser Strecke über d hinaus, so liegt der Schnittpunkt q der

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Kempe’s Zusammenhang des identischen Kalkuls mit der Geometrie der Lage.
der Triaden-Tetrade a b · c, b c · d, a b · d, a d · c sagen, sie liegen in der
Reihenfolge a c d b; und dem entspricht die Ausdrucksweise: Die Punkte
eines linearen Systems bilden eine „gerade Linie“.

Freilich können im allgemeinen zwei lineare Systeme gemeinsame
Elemente in irgend welcher Anzahl enthalten. Nun beschränken wir
aber unsere Betrachtung auf ein System von Elementen oder Punkten,
innerhalb dessen es nicht zwei lineare Systeme mit mehr als einem
gemeinsamen Element gibt. Ein solches System heisst ein „geometrisches“
(„geometric set“). Dasselbe ist somit dadurch gekennzeichnet, dass
zu den fünf früheren Grundgesetzen noch als neues hinzutritt (K 136):
„Law VI“. (a · p · q) (b · p · q) ( ·̅ ·̅ ) (p = q),
worin neben den beiden kollinearen Triaden a · p · q und b · p · q (vergl. φ))
als dritte Prämisse die Aussagenverneinung
( ·̅ ·̅ ) = (a̅ b̅ ·̅ ) (b̅ p̅ ·̅ ) (a̅ p̅ ·̅ )
bedeutet, dass es zwischen den drei Elementen a, b, p keine lineare
Triade, keine „gerade Linie“ gebe.

Es lässt sich zeigen, dass die Punkte eines flachen Raumes von
beliebig vielen Dimensionen als Elemente eines solchen geometrischen
Systems angesehen werden können, wobei auch die mehrfach der
Geometrie entlehnten Benennungen in ihrer eigentlichen geometrischen
Bedeutung zu nehmen sind.

Um für einen solchen Raum, insbesondere den flachen drei-
dimensionalen oder Euklidischen, die Gültigkeit der Grundgesetze I—IV
darzuthun, — während die der Gesetze V
und VI als selbstverständlich angesehen
werden kann, — genügen wenige Worte
und der Anblick der Figuren 38 und 39:
Liegt ein Punkt p zugleich in der Geraden
der beiden Punkte a und b und in der-
jenigen durch c und d, und zwar so, dass
dort b, hier d der ungerade oder zwischen-
liegende Punkt ist, so muss es, laut Ge-
setz I, auch einen Punkt q geben, welcher
zugleich auf den beiden Geraden a d und b c

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 38
liegt, nnd zwar zwischen a und d, sowie zwischen b und c. — Wenn
sich dagegen die beiden Geraden a b und c d schneiden in einem Punkt p
innerhalb der Strecke a b, jedoch ausserhalb der Strecke c d, in der Ver-
längerung dieser Strecke über d hinaus, so liegt der Schnittpunkt q der

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[579/0223] Kempe’s Zusammenhang des identischen Kalkuls mit der Geometrie der Lage. der Triaden-Tetrade a b · c, b c · d, a b · d, a d · c sagen, sie liegen in der Reihenfolge a c d b; und dem entspricht die Ausdrucksweise: Die Punkte eines linearen Systems bilden eine „gerade Linie“. Freilich können im allgemeinen zwei lineare Systeme gemeinsame Elemente in irgend welcher Anzahl enthalten. Nun beschränken wir aber unsere Betrachtung auf ein System von Elementen oder Punkten, innerhalb dessen es nicht zwei lineare Systeme mit mehr als einem gemeinsamen Element gibt. Ein solches System heisst ein „geometrisches“ („geometric set“). Dasselbe ist somit dadurch gekennzeichnet, dass zu den fünf früheren Grundgesetzen noch als neues hinzutritt (K 136): „Law VI“. (a · p · q) (b · p · q) (a̅ ·̅ b̅ ·̅ p̅) (p = q), worin neben den beiden kollinearen Triaden a · p · q und b · p · q (vergl. φ)) als dritte Prämisse die Aussagenverneinung (a̅ ·̅ b̅ ·̅ p̅) = (a̅ b̅ ·̅ p̅) (b̅ p̅ ·̅ a̅) (a̅ p̅ ·̅ b̅) bedeutet, dass es zwischen den drei Elementen a, b, p keine lineare Triade, keine „gerade Linie“ gebe. Es lässt sich zeigen, dass die Punkte eines flachen Raumes von beliebig vielen Dimensionen als Elemente eines solchen geometrischen Systems angesehen werden können, wobei auch die mehrfach der Geometrie entlehnten Benennungen in ihrer eigentlichen geometrischen Bedeutung zu nehmen sind. Um für einen solchen Raum, insbesondere den flachen drei- dimensionalen oder Euklidischen, die Gültigkeit der Grundgesetze I—IV darzuthun, — während die der Gesetze V und VI als selbstverständlich angesehen werden kann, — genügen wenige Worte und der Anblick der Figuren 38 und 39: Liegt ein Punkt p zugleich in der Geraden der beiden Punkte a und b und in der- jenigen durch c und d, und zwar so, dass dort b, hier d der ungerade oder zwischen- liegende Punkt ist, so muss es, laut Ge- setz I, auch einen Punkt q geben, welcher zugleich auf den beiden Geraden a d und b c [Abbildung] [Abbildung Fig. 38] liegt, nnd zwar zwischen a und d, sowie zwischen b und c. — Wenn sich dagegen die beiden Geraden a b und c d schneiden in einem Punkt p innerhalb der Strecke a b, jedoch ausserhalb der Strecke c d, in der Ver- längerung dieser Strecke über d hinaus, so liegt der Schnittpunkt q der 37*

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/223>, abgerufen am 29.04.2024.