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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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§ 1. Das Jagdrecht.
stücke zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu vereinigen.
Diese Grundeigentümer bilden entweder (z. B. Hannover, Sachsen und
Braunschweig) eine besondere Jagdgenossenschaft, welche unter einem
selbst gewählten Vorstande durch Stimmenmehrheit, nach der Grösse
des Grundbesitzes berechnet, über die Art und Weise der Jagdverwertung
entscheidet, oder es steht der politischen Gemeinde in Vertretung der
Grundeigentümer das Jagdrecht zu; letzteres ist in der Mehrzahl der
deutschen Staaten, sowie in Oesterreich und Russland der Fall. Die
Bildung der gemeinschaftlichen Jagdbezirke ist alsdann Sache der Ge-
meindebehörden, welche in einigen Ländern nach freier Übereinkunft
mehrere Gemeindebezirke oder einzelne Teile eines solchen mit einem
anderen Gemeindegebiete zu einem gemeinsamen Jagdbezirke vereinigen
und auch mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde je in ihrem Gebiete
mehrere Jagdbezirke bilden können. Bei der Teilung des Gemeinde-
gebietes in mehrere Jagdbezirke muss nicht nur die Mindestgrösse eines
selbständigen Jagdbezirkes eingehalten werden, sondern es sind meist
noch besondere Beschränkungen gegen zu weitgehende Teilungen in
den Gesetzen enthalten. So ist z. B. in Oesterreich eine Teilung der
Gemeindejagdgebiete überhaupt verboten, in Bayern ist durch die Voll-
zugsvorschriften die Bildung von mehr als 6 Teilen untersagt.

Die Nutzbarmachung des Jagdrechts in diesen gemeinschaftlichen
Jagdbezirken erfolgt entweder durch Verpachtung oder durch Ver-
waltung
mittels eigens bestellter Sachverständiger, ebenso kann die
Jagd auch mehrfach ganz ruhen.

Die Entscheidung über den einzuschlagenden Weg steht gewöhnlich
der Gemeinde unter Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu, im allge-
meinen wird aber auf die öffentliche Verpachtung der Gemeindejagden
an den Meistbietenden gedrungen, und in Oesterreich ist dieses Verfahren
überhaupt allein zulässig.

Auch bezüglich der Jagdverpachtung bestehen meist Bestimmungen,
die eine pflegliche Behandlung der Jagd sichern sollen. So ist wohl
überall eine nicht zu überschreitende unterste und vielfach auch eine
oberste Grenze für die Dauer der Pachtzeit vorgeschrieben (Preussen 3
bis 12 Jahre). Erstere bezweckt, eine unwirtschaftliche Ausbeutung
der Jagd zu verhüten, letztere soll verhindern, dass die Jagd thatsäch-
lich den Charakter einer feststehenden Grundgerechtigkeit annehme.
Ebenso soll die Zahl der Pächter eine bestimmte Grenze (meist 3 Per-
sonen) nicht überschreiten, doch kann diese Vorschrift dadurch leicht
umgangen werden, dass für die Zahl der ausübenden Jäger (Jagdgäste)
meist keine Schranken gesetzt sind. Als Pächter werden gewöhnlich
nur solche Personen zugelassen, welche den persönlichen Voraussetz-
ungen für die Jagdausübung genügen.

Die Einnahmen, welche die Verpachtung oder die eigene Verwal-

§ 1. Das Jagdrecht.
stücke zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu vereinigen.
Diese Grundeigentümer bilden entweder (z. B. Hannover, Sachsen und
Braunschweig) eine besondere Jagdgenossenschaft, welche unter einem
selbst gewählten Vorstande durch Stimmenmehrheit, nach der Gröſse
des Grundbesitzes berechnet, über die Art und Weise der Jagdverwertung
entscheidet, oder es steht der politischen Gemeinde in Vertretung der
Grundeigentümer das Jagdrecht zu; letzteres ist in der Mehrzahl der
deutschen Staaten, sowie in Oesterreich und Ruſsland der Fall. Die
Bildung der gemeinschaftlichen Jagdbezirke ist alsdann Sache der Ge-
meindebehörden, welche in einigen Ländern nach freier Übereinkunft
mehrere Gemeindebezirke oder einzelne Teile eines solchen mit einem
anderen Gemeindegebiete zu einem gemeinsamen Jagdbezirke vereinigen
und auch mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde je in ihrem Gebiete
mehrere Jagdbezirke bilden können. Bei der Teilung des Gemeinde-
gebietes in mehrere Jagdbezirke muſs nicht nur die Mindestgröſse eines
selbständigen Jagdbezirkes eingehalten werden, sondern es sind meist
noch besondere Beschränkungen gegen zu weitgehende Teilungen in
den Gesetzen enthalten. So ist z. B. in Oesterreich eine Teilung der
Gemeindejagdgebiete überhaupt verboten, in Bayern ist durch die Voll-
zugsvorschriften die Bildung von mehr als 6 Teilen untersagt.

Die Nutzbarmachung des Jagdrechts in diesen gemeinschaftlichen
Jagdbezirken erfolgt entweder durch Verpachtung oder durch Ver-
waltung
mittels eigens bestellter Sachverständiger, ebenso kann die
Jagd auch mehrfach ganz ruhen.

Die Entscheidung über den einzuschlagenden Weg steht gewöhnlich
der Gemeinde unter Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu, im allge-
meinen wird aber auf die öffentliche Verpachtung der Gemeindejagden
an den Meistbietenden gedrungen, und in Oesterreich ist dieses Verfahren
überhaupt allein zulässig.

Auch bezüglich der Jagdverpachtung bestehen meist Bestimmungen,
die eine pflegliche Behandlung der Jagd sichern sollen. So ist wohl
überall eine nicht zu überschreitende unterste und vielfach auch eine
oberste Grenze für die Dauer der Pachtzeit vorgeschrieben (Preuſsen 3
bis 12 Jahre). Erstere bezweckt, eine unwirtschaftliche Ausbeutung
der Jagd zu verhüten, letztere soll verhindern, daſs die Jagd thatsäch-
lich den Charakter einer feststehenden Grundgerechtigkeit annehme.
Ebenso soll die Zahl der Pächter eine bestimmte Grenze (meist 3 Per-
sonen) nicht überschreiten, doch kann diese Vorschrift dadurch leicht
umgangen werden, daſs für die Zahl der ausübenden Jäger (Jagdgäste)
meist keine Schranken gesetzt sind. Als Pächter werden gewöhnlich
nur solche Personen zugelassen, welche den persönlichen Voraussetz-
ungen für die Jagdausübung genügen.

Die Einnahmen, welche die Verpachtung oder die eigene Verwal-

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[311/0329] § 1. Das Jagdrecht. stücke zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu vereinigen. Diese Grundeigentümer bilden entweder (z. B. Hannover, Sachsen und Braunschweig) eine besondere Jagdgenossenschaft, welche unter einem selbst gewählten Vorstande durch Stimmenmehrheit, nach der Gröſse des Grundbesitzes berechnet, über die Art und Weise der Jagdverwertung entscheidet, oder es steht der politischen Gemeinde in Vertretung der Grundeigentümer das Jagdrecht zu; letzteres ist in der Mehrzahl der deutschen Staaten, sowie in Oesterreich und Ruſsland der Fall. Die Bildung der gemeinschaftlichen Jagdbezirke ist alsdann Sache der Ge- meindebehörden, welche in einigen Ländern nach freier Übereinkunft mehrere Gemeindebezirke oder einzelne Teile eines solchen mit einem anderen Gemeindegebiete zu einem gemeinsamen Jagdbezirke vereinigen und auch mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde je in ihrem Gebiete mehrere Jagdbezirke bilden können. Bei der Teilung des Gemeinde- gebietes in mehrere Jagdbezirke muſs nicht nur die Mindestgröſse eines selbständigen Jagdbezirkes eingehalten werden, sondern es sind meist noch besondere Beschränkungen gegen zu weitgehende Teilungen in den Gesetzen enthalten. So ist z. B. in Oesterreich eine Teilung der Gemeindejagdgebiete überhaupt verboten, in Bayern ist durch die Voll- zugsvorschriften die Bildung von mehr als 6 Teilen untersagt. Die Nutzbarmachung des Jagdrechts in diesen gemeinschaftlichen Jagdbezirken erfolgt entweder durch Verpachtung oder durch Ver- waltung mittels eigens bestellter Sachverständiger, ebenso kann die Jagd auch mehrfach ganz ruhen. Die Entscheidung über den einzuschlagenden Weg steht gewöhnlich der Gemeinde unter Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu, im allge- meinen wird aber auf die öffentliche Verpachtung der Gemeindejagden an den Meistbietenden gedrungen, und in Oesterreich ist dieses Verfahren überhaupt allein zulässig. Auch bezüglich der Jagdverpachtung bestehen meist Bestimmungen, die eine pflegliche Behandlung der Jagd sichern sollen. So ist wohl überall eine nicht zu überschreitende unterste und vielfach auch eine oberste Grenze für die Dauer der Pachtzeit vorgeschrieben (Preuſsen 3 bis 12 Jahre). Erstere bezweckt, eine unwirtschaftliche Ausbeutung der Jagd zu verhüten, letztere soll verhindern, daſs die Jagd thatsäch- lich den Charakter einer feststehenden Grundgerechtigkeit annehme. Ebenso soll die Zahl der Pächter eine bestimmte Grenze (meist 3 Per- sonen) nicht überschreiten, doch kann diese Vorschrift dadurch leicht umgangen werden, daſs für die Zahl der ausübenden Jäger (Jagdgäste) meist keine Schranken gesetzt sind. Als Pächter werden gewöhnlich nur solche Personen zugelassen, welche den persönlichen Voraussetz- ungen für die Jagdausübung genügen. Die Einnahmen, welche die Verpachtung oder die eigene Verwal-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/329>, abgerufen am 29.04.2024.