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Schwenter, Daniel: Deliciae physico-mathematicae oder mathematische und philosophische Erquickstunden. Nürnberg, 1636.

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Vorrede.
das Fewer vom Himmel herab zu holen/ vnd der Sonnen abzunötigen/
nemlich/ durch Christalline Kugel vnd Brenngläser/ wie wir droben
in der dpiegelkunst meldung gethan. Von dem Nutz aber deß Few-
ers allhie auch etwas zu reden doch kurtz vnd einfältig: So ist zu wissen
daß durch das Fewer vnd Hitz/ die Erde erwärmet wird/ daß alles was
zu Erhaltung deß Menschlichen Lebens von nöthen/ füglich darauff
wachsen könne: Ohne die Naturliche Hitz kan kein lebende Creatur be-
stehen vnd leben. Ohne das Fewer müste der Mensch in kalten vnd
von dem
AEquinoctial weit abgelegenen Orten erfrieren vnd verderben.
Durch das Fewer werden die meinsten Speisen/ zur Leibs Nahrung
dienstlich gekochet vnd essig gemacht. Die vornembsten
Medicamen-
ta
werden durchs Fewer praeparirt vnnd distillirt. Ja ich darff sagen/
were das Fewer nicht/ so müste alles in der Welt über vnnd über ge-
hen: Dann durchs Fewer werden allerley Metallen thätig gemacht/
daß man Gold vnd Kupffer/ Silber vnd Kupffer mischen/ brechen
vnd vermüntzen kan; Wie aber dem allem/ so hat doch das Fewer ei-
nen mächtigen Feind am Wasser/ welcher es dämpffen/ erlöschen vnd
zu nicht machen kan. Bey dieser Erzehlung fället mir ein/ was ich vor
der Zeit in dem Jüdischen
Talmudh gelesen/ mit welchem ich diese Vor-
rede beschliessen will: Es laut aber also: Zehen ding seynd starck/ deren
doch jmmer eins das ander mit stärcke übertrifft/ das Eylffte aber ist
allen mit stärck überlegen. Der Stein ist hart vnd starck/ das Eisen noch
stärcker/ dann es kan den Stein zerschmeiffen. Das Eisen ist starck/ das
Fewer noch stärcker/ dann es machet das Eisen weich vnd thätig. Das
Fewer ist starck/ aber das Wasser ist noch stärcker/ dann es löschet das
Fewer auß. Das Wasser ist starck/ die Wolcken aber noch stärcker/ dann
sie tragen das Wasser. Die Wolcken seyntstarck/ aber der Wind ist noch
stärcker/ dann er zertheilet die Wolcken. Der Wind ist starck/ der Mensch
ist noch stärcker/ dann er gehet durch vnd wider den Wind. Der Mensch
ist starck/ aber der Wein ist noch stärcker/ dann er wirfft den Menschen
zu boden. Der Wein ist starck/ der Schlaff aber noch stärcker/ dann er
hilfft den Wein verdäwen. Der Schlaff ist starck/ aber der Toöt noch
stärcker/ dann er überwältiget den Schlaff. Nun das Eylffte als die
Gerechtigkeit ist stärcker als der Todt/ dann Salomon sagt: Die Ge-
rechtigkeit (verstehe Christi) errettet vom Todt.

Die

Vorrede.
das Fewer vom Himmel herab zu holen/ vnd der Sonnen abzunoͤtigen/
nemlich/ durch Chriſtalline Kugel vnd Brennglaͤſer/ wie wir droben
in der ďpiegelkunſt meldung gethan. Von dem Nutz aber deß Few-
ers allhie auch etwas zu reden doch kurtz vnd einfaͤltig: So iſt zu wiſſen
daß durch das Fewer vnd Hitz/ die Erde erwaͤrmet wird/ daß alles was
zu Erhaltung deß Menſchlichen Lebens von noͤthen/ fuͤglich darauff
wachſen koͤnne: Ohne die Natůrliche Hitz kan kein lebende Creatur be-
ſtehen vnd leben. Ohne das Fewer muͤſte der Menſch in kalten vnd
von dem
Æquinoctial weit abgelegenen Orten erfrieren vnd verderben.
Durch das Fewer werden die meinſten Speiſen/ zur Leibs Nahrung
dienſtlich gekochet vnd eſſig gemacht. Die vornembſten
Medicamen-
ta
werden durchs Fewer præparirt vnnd diſtillirt. Ja ich darff ſagen/
were das Fewer nicht/ ſo muͤſte alles in der Welt uͤber vnnd uͤber ge-
hen: Dann durchs Fewer werden allerley Metallen thaͤtig gemacht/
daß man Gold vnd Kupffer/ Silber vnd Kupffer miſchen/ brechen
vnd vermuͤntzen kan; Wie aber dem allem/ ſo hat doch das Fewer ei-
nen maͤchtigen Feind am Waſſer/ welcher es daͤmpffen/ erloͤſchen vnd
zu nicht machen kan. Bey dieſer Erzehlung faͤllet mir ein/ was ich vor
der Zeit in dem Juͤdiſchen
Talmudh geleſen/ mit welchem ich dieſe Vor-
rede beſchlieſſen will: Es laut aber alſo: Zehen ding ſeynd ſtarck/ deren
doch jmmer eins das ander mit ſtaͤrcke uͤbertrifft/ das Eylffte aber iſt
allen mit ſtaͤrck uͤberlegen. Der Stein iſt hart vnd ſtarck/ das Eiſen noch
ſtaͤrcker/ dann es kan den Stein zerſchmeiffen. Das Eiſen iſt ſtarck/ das
Fewer noch ſtaͤrcker/ dann es machet das Eiſen weich vnd thaͤtig. Das
Fewer iſt ſtarck/ aber das Waſſer iſt noch ſtaͤrcker/ dann es loͤſchet das
Fewer auß. Das Waſſer iſt ſtarck/ die Wolcken aber noch ſtaͤrcker/ dañ
ſie tragen das Waſſer. Die Wolcken ſeyntſtarck/ aber der Wind iſt noch
ſtaͤrcker/ dañ er zertheilet die Wolcken. Der Wind iſt ſtarck/ der Menſch
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iſt ſtarck/ aber der Wein iſt noch ſtaͤrcker/ dann er wirfft den Menſchen
zu boden. Der Wein iſt ſtarck/ der Schlaff aber noch ſtaͤrcker/ dann er
hilfft den Wein verdaͤwen. Der Schlaff iſt ſtarck/ aber der Tooͤt noch
ſtaͤrcker/ dann er uͤberwaͤltiget den Schlaff. Nun das Eylffte als die
Gerechtigkeit iſt ſtaͤrcker als der Todt/ dann Salomon ſagt: Die Ge-
rechtigkeit (verſtehe Chriſti) errettet vom Todt.

Die
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[422/0436] Vorrede. das Fewer vom Himmel herab zu holen/ vnd der Sonnen abzunoͤtigen/ nemlich/ durch Chriſtalline Kugel vnd Brennglaͤſer/ wie wir droben in der ďpiegelkunſt meldung gethan. Von dem Nutz aber deß Few- ers allhie auch etwas zu reden doch kurtz vnd einfaͤltig: So iſt zu wiſſen daß durch das Fewer vnd Hitz/ die Erde erwaͤrmet wird/ daß alles was zu Erhaltung deß Menſchlichen Lebens von noͤthen/ fuͤglich darauff wachſen koͤnne: Ohne die Natůrliche Hitz kan kein lebende Creatur be- ſtehen vnd leben. Ohne das Fewer muͤſte der Menſch in kalten vnd von dem Æquinoctial weit abgelegenen Orten erfrieren vnd verderben. Durch das Fewer werden die meinſten Speiſen/ zur Leibs Nahrung dienſtlich gekochet vnd eſſig gemacht. Die vornembſten Medicamen- ta werden durchs Fewer præparirt vnnd diſtillirt. Ja ich darff ſagen/ were das Fewer nicht/ ſo muͤſte alles in der Welt uͤber vnnd uͤber ge- hen: Dann durchs Fewer werden allerley Metallen thaͤtig gemacht/ daß man Gold vnd Kupffer/ Silber vnd Kupffer miſchen/ brechen vnd vermuͤntzen kan; Wie aber dem allem/ ſo hat doch das Fewer ei- nen maͤchtigen Feind am Waſſer/ welcher es daͤmpffen/ erloͤſchen vnd zu nicht machen kan. Bey dieſer Erzehlung faͤllet mir ein/ was ich vor der Zeit in dem Juͤdiſchen Talmudh geleſen/ mit welchem ich dieſe Vor- rede beſchlieſſen will: Es laut aber alſo: Zehen ding ſeynd ſtarck/ deren doch jmmer eins das ander mit ſtaͤrcke uͤbertrifft/ das Eylffte aber iſt allen mit ſtaͤrck uͤberlegen. Der Stein iſt hart vnd ſtarck/ das Eiſen noch ſtaͤrcker/ dann es kan den Stein zerſchmeiffen. Das Eiſen iſt ſtarck/ das Fewer noch ſtaͤrcker/ dann es machet das Eiſen weich vnd thaͤtig. Das Fewer iſt ſtarck/ aber das Waſſer iſt noch ſtaͤrcker/ dann es loͤſchet das Fewer auß. Das Waſſer iſt ſtarck/ die Wolcken aber noch ſtaͤrcker/ dañ ſie tragen das Waſſer. Die Wolcken ſeyntſtarck/ aber der Wind iſt noch ſtaͤrcker/ dañ er zertheilet die Wolcken. Der Wind iſt ſtarck/ der Menſch iſt noch ſtaͤrcker/ dañ er gehet durch vnd wider den Wind. Der Menſch iſt ſtarck/ aber der Wein iſt noch ſtaͤrcker/ dann er wirfft den Menſchen zu boden. Der Wein iſt ſtarck/ der Schlaff aber noch ſtaͤrcker/ dann er hilfft den Wein verdaͤwen. Der Schlaff iſt ſtarck/ aber der Tooͤt noch ſtaͤrcker/ dann er uͤberwaͤltiget den Schlaff. Nun das Eylffte als die Gerechtigkeit iſt ſtaͤrcker als der Todt/ dann Salomon ſagt: Die Ge- rechtigkeit (verſtehe Chriſti) errettet vom Todt. Die

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Zitationshilfe: Schwenter, Daniel: Deliciae physico-mathematicae oder mathematische und philosophische Erquickstunden. Nürnberg, 1636, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwenter_deliciae_1636/436>, abgerufen am 08.05.2024.