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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Carpio.
der Kronen häufig mit einer dunkeln Rinde färben. Auf der Kaufläche der
sich abschleifenden Zähne zeigt sich nur anfangs eine einzige halbmondför-
mige Furche, welche sich späterhin durch Abschleifen gänzlich verliert. Ich
darf es nicht verschweigen, dass unter neunzehn von mir untersuchten Indivi-
duen sich drei befanden, von denen zwei auf dem rechten Schlundknochen nur
eine einfache Zahnreihe besassen, während bei dem dritten Individuum der
einzeln stehende äussere Zahn des linken Schlundknochen noch einen klei-
neren äussersten Zahn vor sich hatte, wodurch diese Zahnstellung auffallend
an die des C. Carpio erinnerte. Ein viertes Individuum bot eine noch auf-
fallendere Abweichung dar, indem die beiden Schlundknochen desselben
die Zahnformel 1. 1. 4 trugen.

Heckel giebt die Totallänge des C. Kollarii, welcher im Neusiedler-See
ziemlich häufig vorkömmt, auf 8 Zoll an, welche Grösse dieser Fisch kaum
überschreiten soll. Diejenigen Exemplare, welche ich aus Braunschweig er-
halten habe, besitzen eine Länge von 73/4 bis 12 Zoll, eine auf dem Strass-
burger Fischmarkte von mir erworbene Karpf-Karausche besass die Länge
von 11 Zoll, während die Exemplare aus Schwaben, welche ich auf dem hie-
sigen Fischmarkte vorfand, 15 bis 17 Zoll lang waren. Dass diese Karpf-
Karausche auch in den nordöstlichen Gegenden von Mitteleuropa und zwar in
Brandenburg, Schlesien und Polen erzeugt wird, darüber hat Dybowski (a. a. O.
pag 57) Erfahrungen gesammelt.

Aus den Angaben des Valenciennes und Selys-Longchamps ist zu ent-
nehmen, das dieser Cyprinoide nach Art der echten Karpfen in Frankreich
sowie in Belgien als Teichfisch vorkömmt; dies mag auch der Grund sein,
weshalb dieser Fisch ebenso variirt, wie C. Carpio und bald kurze hoch-
rückige, bald langgestreckte Abarten bildet, zu welchen letzteren der von
Selys-Longchamps beschriebene und abgebildete C. striatus zu rechnen ist,
wenigstens passt die Beschreibung und Abbildung, welche Heckel von seinem
C. Kollarii gegeben hat, in der Hauptsache ganz auf ein 8 Zoll langes Exem-
plar des C. striatus, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps
aus einem belgischen Weiher erhalten habe. Die von hiesigen Fischern er-
haltenen Karpf-Karauschen stammten ebenfalls aus Teichen und hatten
eine noch weit gestrecktere Körperform, so dass ich sie als ein Analogon der
als C. hungaricus bekannt gewordenen Karpfenvarietät betrachten konnte.

Dass ich C. Kollarii und striatus miteinander verschmolzen habe, bedarf
wohl keiner weiteren Rechtfertigung, zumal da Heckel selbst die nahe Ver-
wandtschaft dieser beiden Cyprinoiden-Formen anerkannt hat1).


1) Selys-Longchamps (Nr. 58: pag. 198) spricht sich hierüber in folgender Weise aus:
"M. Heckel qui a examine un de mes striatus trouve qu'il a en effet de grands rapports avec
son Kollarii par ses barbillons courts, mais qu'il en est distinct par son front bombe et son
dos peu eleve.

Gattung: Carpio.
der Kronen häufig mit einer dunkeln Rinde färben. Auf der Kaufläche der
sich abschleifenden Zähne zeigt sich nur anfangs eine einzige halbmondför-
mige Furche, welche sich späterhin durch Abschleifen gänzlich verliert. Ich
darf es nicht verschweigen, dass unter neunzehn von mir untersuchten Indivi-
duen sich drei befanden, von denen zwei auf dem rechten Schlundknochen nur
eine einfache Zahnreihe besassen, während bei dem dritten Individuum der
einzeln stehende äussere Zahn des linken Schlundknochen noch einen klei-
neren äussersten Zahn vor sich hatte, wodurch diese Zahnstellung auffallend
an die des C. Carpio erinnerte. Ein viertes Individuum bot eine noch auf-
fallendere Abweichung dar, indem die beiden Schlundknochen desselben
die Zahnformel 1. 1. 4 trugen.

Heckel giebt die Totallänge des C. Kollarii, welcher im Neusiedler-See
ziemlich häufig vorkömmt, auf 8 Zoll an, welche Grösse dieser Fisch kaum
überschreiten soll. Diejenigen Exemplare, welche ich aus Braunschweig er-
halten habe, besitzen eine Länge von 7¾ bis 12 Zoll, eine auf dem Strass-
burger Fischmarkte von mir erworbene Karpf-Karausche besass die Länge
von 11 Zoll, während die Exemplare aus Schwaben, welche ich auf dem hie-
sigen Fischmarkte vorfand, 15 bis 17 Zoll lang waren. Dass diese Karpf-
Karausche auch in den nordöstlichen Gegenden von Mitteleuropa und zwar in
Brandenburg, Schlesien und Polen erzeugt wird, darüber hat Dybowski (a. a. O.
pag 57) Erfahrungen gesammelt.

Aus den Angaben des Valenciennes und Selys-Longchamps ist zu ent-
nehmen, das dieser Cyprinoide nach Art der echten Karpfen in Frankreich
sowie in Belgien als Teichfisch vorkömmt; dies mag auch der Grund sein,
weshalb dieser Fisch ebenso variirt, wie C. Carpio und bald kurze hoch-
rückige, bald langgestreckte Abarten bildet, zu welchen letzteren der von
Selys-Longchamps beschriebene und abgebildete C. striatus zu rechnen ist,
wenigstens passt die Beschreibung und Abbildung, welche Heckel von seinem
C. Kollarii gegeben hat, in der Hauptsache ganz auf ein 8 Zoll langes Exem-
plar des C. striatus, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps
aus einem belgischen Weiher erhalten habe. Die von hiesigen Fischern er-
haltenen Karpf-Karauschen stammten ebenfalls aus Teichen und hatten
eine noch weit gestrecktere Körperform, so dass ich sie als ein Analogon der
als C. hungaricus bekannt gewordenen Karpfenvarietät betrachten konnte.

Dass ich C. Kollarii und striatus miteinander verschmolzen habe, bedarf
wohl keiner weiteren Rechtfertigung, zumal da Heckel selbst die nahe Ver-
wandtschaft dieser beiden Cyprinoiden-Formen anerkannt hat1).


1) Selys-Longchamps (Nr. 58: pag. 198) spricht sich hierüber in folgender Weise aus:
»M. Heckel qui a examiné un de mes striatus trouve qu’il a en effet de grands rapports avec
son Kollarii par ses barbillons courts, mais qu’il en est distinct par son front bombé et son
dos peu élevé.
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[93/0106] Gattung: Carpio. der Kronen häufig mit einer dunkeln Rinde färben. Auf der Kaufläche der sich abschleifenden Zähne zeigt sich nur anfangs eine einzige halbmondför- mige Furche, welche sich späterhin durch Abschleifen gänzlich verliert. Ich darf es nicht verschweigen, dass unter neunzehn von mir untersuchten Indivi- duen sich drei befanden, von denen zwei auf dem rechten Schlundknochen nur eine einfache Zahnreihe besassen, während bei dem dritten Individuum der einzeln stehende äussere Zahn des linken Schlundknochen noch einen klei- neren äussersten Zahn vor sich hatte, wodurch diese Zahnstellung auffallend an die des C. Carpio erinnerte. Ein viertes Individuum bot eine noch auf- fallendere Abweichung dar, indem die beiden Schlundknochen desselben die Zahnformel 1. 1. 4 trugen. Heckel giebt die Totallänge des C. Kollarii, welcher im Neusiedler-See ziemlich häufig vorkömmt, auf 8 Zoll an, welche Grösse dieser Fisch kaum überschreiten soll. Diejenigen Exemplare, welche ich aus Braunschweig er- halten habe, besitzen eine Länge von 7¾ bis 12 Zoll, eine auf dem Strass- burger Fischmarkte von mir erworbene Karpf-Karausche besass die Länge von 11 Zoll, während die Exemplare aus Schwaben, welche ich auf dem hie- sigen Fischmarkte vorfand, 15 bis 17 Zoll lang waren. Dass diese Karpf- Karausche auch in den nordöstlichen Gegenden von Mitteleuropa und zwar in Brandenburg, Schlesien und Polen erzeugt wird, darüber hat Dybowski (a. a. O. pag 57) Erfahrungen gesammelt. Aus den Angaben des Valenciennes und Selys-Longchamps ist zu ent- nehmen, das dieser Cyprinoide nach Art der echten Karpfen in Frankreich sowie in Belgien als Teichfisch vorkömmt; dies mag auch der Grund sein, weshalb dieser Fisch ebenso variirt, wie C. Carpio und bald kurze hoch- rückige, bald langgestreckte Abarten bildet, zu welchen letzteren der von Selys-Longchamps beschriebene und abgebildete C. striatus zu rechnen ist, wenigstens passt die Beschreibung und Abbildung, welche Heckel von seinem C. Kollarii gegeben hat, in der Hauptsache ganz auf ein 8 Zoll langes Exem- plar des C. striatus, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps aus einem belgischen Weiher erhalten habe. Die von hiesigen Fischern er- haltenen Karpf-Karauschen stammten ebenfalls aus Teichen und hatten eine noch weit gestrecktere Körperform, so dass ich sie als ein Analogon der als C. hungaricus bekannt gewordenen Karpfenvarietät betrachten konnte. Dass ich C. Kollarii und striatus miteinander verschmolzen habe, bedarf wohl keiner weiteren Rechtfertigung, zumal da Heckel selbst die nahe Ver- wandtschaft dieser beiden Cyprinoiden-Formen anerkannt hat 1). 1) Selys-Longchamps (Nr. 58: pag. 198) spricht sich hierüber in folgender Weise aus: »M. Heckel qui a examiné un de mes striatus trouve qu’il a en effet de grands rapports avec son Kollarii par ses barbillons courts, mais qu’il en est distinct par son front bombé et son dos peu élevé.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/106>, abgerufen am 27.04.2024.