Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

aus Sibirien.
mich eben nicht, denn als ich den ersten Berg überstie-
gen hatte, ließ ich mich in ein merkwürdiges Thal her-
nieder, es bestand aus einer großen Menge isolirter Hü-
gel, die allenthalben weissen Granit, dessen Hauptbe-
standtheil Feldspath war, zu Tage ausschickten. Zwi-
schen diesen bemerkte ich schöne Quarzkristallen, und die
mit denselben aus einerley Materie bestehenden, mit Ei-
senocher bedeckten Quarzdrüsen, deren einige ganz
schwarz; ferner Quarzgeschiebe mit Eisenglanz und Ei-
senglimmer, und Quarz-Breccien hin und wieder. Hier
sollte ich beynahe edle Gänge vermuthen, konnte aber
doch, aller Mühe ohnerachtet, am Tage nicht eine Spur
davon entdecken. Tamarix gallica war alles, was ich
von Gesträuchen oder Bäumen sah, und die nicht schlech-
te Weide bestand aus bekannten Gräsern. Uebrigens
sollte ich mich beynahe überzeugen, daß diese Hügel nicht
ohne edle Gänge seyen. Die einbrechende Nacht hieß
uns eilen: rechter Hand sahen wir noch einen kleinen
See, und linker Hand wurden die Altaischen Gebirge
immer mächtiger, einige davon waren mit Schnee be-
deckt. Allmählig waren hier nun die Thäler wiederum
mit Jurten und Heerden voll, und daher für mich um desto
angenehmer. Spät langten wir bey dem freundlichen
Sändück an, wo ich mein Zelt und Leute schon in Ord-
nung fand, und was das Beste war, ein Schaaf in 2
Kesseln über dem Feuer, worüber wir uns mit 20 an-
dern Gästen um Mitternacht hermachten und uns er-
quickten. Hier war eine so ansehnliche Familie wie die
des Sarembets. Sieben Gebrüder des Sändück

stan-

aus Sibirien.
mich eben nicht, denn als ich den erſten Berg uͤberſtie-
gen hatte, ließ ich mich in ein merkwuͤrdiges Thal her-
nieder, es beſtand aus einer großen Menge iſolirter Huͤ-
gel, die allenthalben weiſſen Granit, deſſen Hauptbe-
ſtandtheil Feldſpath war, zu Tage ausſchickten. Zwi-
ſchen dieſen bemerkte ich ſchoͤne Quarzkriſtallen, und die
mit denſelben aus einerley Materie beſtehenden, mit Ei-
ſenocher bedeckten Quarzdruͤſen, deren einige ganz
ſchwarz; ferner Quarzgeſchiebe mit Eiſenglanz und Ei-
ſenglimmer, und Quarz-Breccien hin und wieder. Hier
ſollte ich beynahe edle Gaͤnge vermuthen, konnte aber
doch, aller Muͤhe ohnerachtet, am Tage nicht eine Spur
davon entdecken. Tamarix gallica war alles, was ich
von Geſtraͤuchen oder Baͤumen ſah, und die nicht ſchlech-
te Weide beſtand aus bekannten Graͤſern. Uebrigens
ſollte ich mich beynahe uͤberzeugen, daß dieſe Huͤgel nicht
ohne edle Gaͤnge ſeyen. Die einbrechende Nacht hieß
uns eilen: rechter Hand ſahen wir noch einen kleinen
See, und linker Hand wurden die Altaiſchen Gebirge
immer maͤchtiger, einige davon waren mit Schnee be-
deckt. Allmaͤhlig waren hier nun die Thaͤler wiederum
mit Jurten und Heerden voll, und daher fuͤr mich um deſto
angenehmer. Spaͤt langten wir bey dem freundlichen
Saͤnduͤck an, wo ich mein Zelt und Leute ſchon in Ord-
nung fand, und was das Beſte war, ein Schaaf in 2
Keſſeln uͤber dem Feuer, woruͤber wir uns mit 20 an-
dern Gaͤſten um Mitternacht hermachten und uns er-
quickten. Hier war eine ſo anſehnliche Familie wie die
des Sarembets. Sieben Gebruͤder des Saͤnduͤck

ſtan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0199" n="191"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">aus Sibirien.</hi></fw><lb/>
mich eben nicht, denn als ich den er&#x017F;ten Berg u&#x0364;ber&#x017F;tie-<lb/>
gen hatte, ließ ich mich in ein merkwu&#x0364;rdiges Thal her-<lb/>
nieder, es be&#x017F;tand aus einer großen Menge i&#x017F;olirter Hu&#x0364;-<lb/>
gel, die allenthalben wei&#x017F;&#x017F;en Granit, de&#x017F;&#x017F;en Hauptbe-<lb/>
&#x017F;tandtheil Feld&#x017F;path war, zu Tage aus&#x017F;chickten. Zwi-<lb/>
&#x017F;chen die&#x017F;en bemerkte ich &#x017F;cho&#x0364;ne Quarzkri&#x017F;tallen, und die<lb/>
mit den&#x017F;elben aus einerley Materie be&#x017F;tehenden, mit Ei-<lb/>
&#x017F;enocher bedeckten Quarzdru&#x0364;&#x017F;en, deren einige ganz<lb/>
&#x017F;chwarz; ferner Quarzge&#x017F;chiebe mit Ei&#x017F;englanz und Ei-<lb/>
&#x017F;englimmer, und Quarz-Breccien hin und wieder. Hier<lb/>
&#x017F;ollte ich beynahe edle Ga&#x0364;nge vermuthen, konnte aber<lb/>
doch, aller Mu&#x0364;he ohnerachtet, am Tage nicht eine Spur<lb/>
davon entdecken. <hi rendition="#aq">Tamarix gallica</hi> war alles, was ich<lb/>
von Ge&#x017F;tra&#x0364;uchen oder Ba&#x0364;umen &#x017F;ah, und die nicht &#x017F;chlech-<lb/>
te Weide be&#x017F;tand aus bekannten Gra&#x0364;&#x017F;ern. Uebrigens<lb/>
&#x017F;ollte ich mich beynahe u&#x0364;berzeugen, daß die&#x017F;e Hu&#x0364;gel nicht<lb/>
ohne edle Ga&#x0364;nge &#x017F;eyen. Die einbrechende Nacht hieß<lb/>
uns eilen: rechter Hand &#x017F;ahen wir noch einen kleinen<lb/>
See, und linker Hand wurden die Altai&#x017F;chen Gebirge<lb/>
immer ma&#x0364;chtiger, einige davon waren mit Schnee be-<lb/>
deckt. Allma&#x0364;hlig waren hier nun die Tha&#x0364;ler wiederum<lb/>
mit Jurten und Heerden voll, und daher fu&#x0364;r mich um de&#x017F;to<lb/>
angenehmer. Spa&#x0364;t langten wir bey dem freundlichen<lb/><hi rendition="#fr">Sa&#x0364;ndu&#x0364;ck</hi> an, wo ich mein Zelt und Leute &#x017F;chon in Ord-<lb/>
nung fand, und was das Be&#x017F;te war, ein Schaaf in 2<lb/>
Ke&#x017F;&#x017F;eln u&#x0364;ber dem Feuer, woru&#x0364;ber wir uns mit 20 an-<lb/>
dern Ga&#x0364;&#x017F;ten um Mitternacht hermachten und uns er-<lb/>
quickten. Hier war eine &#x017F;o an&#x017F;ehnliche Familie wie die<lb/>
des <hi rendition="#fr">Sarembets.</hi> Sieben Gebru&#x0364;der des <hi rendition="#fr">Sa&#x0364;ndu&#x0364;ck</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tan-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0199] aus Sibirien. mich eben nicht, denn als ich den erſten Berg uͤberſtie- gen hatte, ließ ich mich in ein merkwuͤrdiges Thal her- nieder, es beſtand aus einer großen Menge iſolirter Huͤ- gel, die allenthalben weiſſen Granit, deſſen Hauptbe- ſtandtheil Feldſpath war, zu Tage ausſchickten. Zwi- ſchen dieſen bemerkte ich ſchoͤne Quarzkriſtallen, und die mit denſelben aus einerley Materie beſtehenden, mit Ei- ſenocher bedeckten Quarzdruͤſen, deren einige ganz ſchwarz; ferner Quarzgeſchiebe mit Eiſenglanz und Ei- ſenglimmer, und Quarz-Breccien hin und wieder. Hier ſollte ich beynahe edle Gaͤnge vermuthen, konnte aber doch, aller Muͤhe ohnerachtet, am Tage nicht eine Spur davon entdecken. Tamarix gallica war alles, was ich von Geſtraͤuchen oder Baͤumen ſah, und die nicht ſchlech- te Weide beſtand aus bekannten Graͤſern. Uebrigens ſollte ich mich beynahe uͤberzeugen, daß dieſe Huͤgel nicht ohne edle Gaͤnge ſeyen. Die einbrechende Nacht hieß uns eilen: rechter Hand ſahen wir noch einen kleinen See, und linker Hand wurden die Altaiſchen Gebirge immer maͤchtiger, einige davon waren mit Schnee be- deckt. Allmaͤhlig waren hier nun die Thaͤler wiederum mit Jurten und Heerden voll, und daher fuͤr mich um deſto angenehmer. Spaͤt langten wir bey dem freundlichen Saͤnduͤck an, wo ich mein Zelt und Leute ſchon in Ord- nung fand, und was das Beſte war, ein Schaaf in 2 Keſſeln uͤber dem Feuer, woruͤber wir uns mit 20 an- dern Gaͤſten um Mitternacht hermachten und uns er- quickten. Hier war eine ſo anſehnliche Familie wie die des Sarembets. Sieben Gebruͤder des Saͤnduͤck ſtan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/199
Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/199>, abgerufen am 03.05.2024.