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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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Drittes Buch.
159. Die Lieb ist ewig.
Die Hoffnung höret auf: der Glaube kombt zum
schauen/
Die Sprachen redt man nicht/ und alles was wir bauen/
Vergehet mit der Zeit: die Liebe bleibt allein:
So last unß doch schon jetz auf sie befliessen seyn.
160. Was GOtt nicht kennet.
GOtt der sonst alles siht/ und alles bringt aus Licht/
Rennt einen losen Mann und leere Jungfrau nicht.
161. Der Jrrwisch.
Wer ohne Liebe laufft/ komt nicht ins Himmelreich:
Er springt bald hin bald her/ ist einem Jrrwisch gleich.
162 Die geheime Widergeburt.
Auß GOtt wird man gebohrn/ in Christo stirbet
man:
Und in dem heilgen Geist fäht man zu Leben an.
163. Die Lieb' ists Glauben Seele.
Der Glaub allein ist Todt: Er kan nicht eher Leben/
Biß daß jhm seine Seel die Liebe wird gegeben.
164. Deß GOttverliebten Wunsch.
Drey wünsch' ich mir zu seyn: erleucht wie Cheru-
bim/
Geruhig wie ein Thron/ entbrandt wie Seraphim.
165. Daß Creutze.
Vor Zeiten war daß Creutz die gröste Schmach und
Hohn:
Nu trägts der Keiser selbst auf seinem Haupt und
Kron!
166. Der Geitz ist manchmal gut.
Der Geitzhaiß scharrt und kratzt umb zeitlichen Ge-
win
Ach daß wir unß nicht so umb ewigen bemühn!
167. Die
E 7
Drittes Buch.
159. Die Lieb iſt ewig.
Die Hoffnung hoͤret auf: der Glaube kombt zum
ſchauen/
Die Sprachen redt man nicht/ uñ alles was wir bauẽ/
Vergehet mit der Zeit: die Liebe bleibt allein:
So laſt unß doch ſchon jetz auf ſie beflieſſen ſeyn.
160. Was GOtt nicht kennet.
GOtt der ſonſt alles ſiht/ und alles bringt aus Licht/
Rennt einen loſen Mann und leere Jungfrau nicht.
161. Der Jrꝛwiſch.
Wer ohne Liebe laufft/ komt nicht ins Himmelreich:
Er ſpringt bald hin bald her/ iſt einem Jrꝛwiſch gleich.
162 Die geheime Widergeburt.
Auß GOtt wird man gebohrn/ in Chriſto ſtirbet
man:
Und in dem heilgen Geiſt faͤht man zu Leben an.
163. Die Lieb’ iſts Glauben Seele.
Der Glaub allein iſt Todt: Er kan nicht eher Leben/
Biß daß jhm ſeine Seel die Liebe wird gegeben.
164. Deß GOttverliebten Wunſch.
Drey wuͤnſch’ ich mir zu ſeyn: erleucht wie Cheru-
bim/
Geruhig wie ein Thron/ entbrandt wie Seraphim.
165. Daß Creutze.
Vor Zeiten war daß Creutz die groͤſte Schmach und
Hohn:
Nu traͤgts der Keiſer ſelbſt auf ſeinem Haupt und
Kron!
166. Der Geitz iſt manchmal gut.
Der Geitzhaiß ſcharꝛt und kratzt umb zeitlichen Ge-
win
Ach daß wir unß nicht ſo umb ewigen bemuͤhn!
167. Die
E 7
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[109[107]/0113] Drittes Buch. 159. Die Lieb iſt ewig. Die Hoffnung hoͤret auf: der Glaube kombt zum ſchauen/ Die Sprachen redt man nicht/ uñ alles was wir bauẽ/ Vergehet mit der Zeit: die Liebe bleibt allein: So laſt unß doch ſchon jetz auf ſie beflieſſen ſeyn. 160. Was GOtt nicht kennet. GOtt der ſonſt alles ſiht/ und alles bringt aus Licht/ Rennt einen loſen Mann und leere Jungfrau nicht. 161. Der Jrꝛwiſch. Wer ohne Liebe laufft/ komt nicht ins Himmelreich: Er ſpringt bald hin bald her/ iſt einem Jrꝛwiſch gleich. 162 Die geheime Widergeburt. Auß GOtt wird man gebohrn/ in Chriſto ſtirbet man: Und in dem heilgen Geiſt faͤht man zu Leben an. 163. Die Lieb’ iſts Glauben Seele. Der Glaub allein iſt Todt: Er kan nicht eher Leben/ Biß daß jhm ſeine Seel die Liebe wird gegeben. 164. Deß GOttverliebten Wunſch. Drey wuͤnſch’ ich mir zu ſeyn: erleucht wie Cheru- bim/ Geruhig wie ein Thron/ entbrandt wie Seraphim. 165. Daß Creutze. Vor Zeiten war daß Creutz die groͤſte Schmach und Hohn: Nu traͤgts der Keiſer ſelbſt auf ſeinem Haupt und Kron! 166. Der Geitz iſt manchmal gut. Der Geitzhaiß ſcharꝛt und kratzt umb zeitlichen Ge- win Ach daß wir unß nicht ſo umb ewigen bemuͤhn! 167. Die E 7

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 109[107]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/113>, abgerufen am 29.04.2024.