Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 371. Wen GOtt nicht loß kan bitten. Mensch stirbstu ohne GOtt: es kan nicht anderst sein/ Bäth' auch Gott selbst für dich/ du must in Pful hinein. 372. Die Braut sol wie der Bräutgam sein. Jch muß verwundet sein. Warumb? weil voller Wunden Mein ewger Bräutigam der Heyland wird gefunden: Was Nutzen bringt es dir? Es stehet gar nicht fein/ Wenn Braut und Bräutigam einander ungleich sein. 373. Daß allerseeligste Hertze. Ein reines Hertz schaut Gott/ ein heilges schmäket Jhn: Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn. Wie seelig ist der Mensch der sich befleist und übt/ Daß Jhm sein Hertze wird rein Heilig und verliebt! 374. Man überkömt mit meiden. Freund meide was dir Lieb/ fleuch was dein Sinn be- gehrt/ Du wirst sonst nimmermehr gesättigt und gewehrt. Viel wären zum Genuß der ewgen Wollust kommen/ Wenn sie mit Zeitlicher sich hier nicht übernommen. Fol-
Johannis Angeli 371. Wen GOtt nicht loß kan bitten. Menſch ſtirbſtu ohne GOtt: es kan nicht anderſt ſein/ Baͤth’ auch Gott ſelbſt für dich/ du muſt in Pful hinein. 372. Die Braut ſol wie der Braͤutgam ſein. Jch muß verwundet ſein. Warumb? weil voller Wunden Mein ewger Braͤutigam der Heyland wird gefunden: Was Nutzen bringt es dir? Es ſtehet gar nicht fein/ Wenn Braut und Braͤutigam einander ungleich ſein. 373. Daß allerſeeligſte Hertze. Ein reines Hertz ſchaut Gott/ ein heilges ſchmaͤket Jhn: Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn. Wie ſeelig iſt der Menſch der ſich befleiſt und uͤbt/ Daß Jhm ſein Hertze wird rein Heilig und verliebt! 374. Man uͤberkoͤmt mit meiden. Freund meide was dir Lieb/ fleuch was dein Sinn be- gehrt/ Du wirſt ſonſt nimmermehr geſaͤttigt und gewehrt. Viel waͤren zum Genuß der ewgen Wolluſt kommen/ Wenn ſie mit Zeitlicher ſich hier nicht uͤbernommen. Fol-
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Johannis Angeli
371. Wen GOtt nicht loß kan bitten.
Menſch ſtirbſtu ohne GOtt: es kan nicht anderſt ſein/
Baͤth’ auch Gott ſelbſt für dich/ du muſt in Pful hinein.
372. Die Braut ſol wie der Braͤutgam
ſein.
Jch muß verwundet ſein. Warumb? weil voller
Wunden
Mein ewger Braͤutigam der Heyland wird gefunden:
Was Nutzen bringt es dir? Es ſtehet gar nicht fein/
Wenn Braut und Braͤutigam einander ungleich ſein.
373. Daß allerſeeligſte Hertze.
Ein reines Hertz ſchaut Gott/ ein heilges ſchmaͤket Jhn:
Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn.
Wie ſeelig iſt der Menſch der ſich befleiſt und uͤbt/
Daß Jhm ſein Hertze wird rein Heilig und verliebt!
374. Man uͤberkoͤmt mit meiden.
Freund meide was dir Lieb/ fleuch was dein Sinn be-
gehrt/
Du wirſt ſonſt nimmermehr geſaͤttigt und gewehrt.
Viel waͤren zum Genuß der ewgen Wolluſt kommen/
Wenn ſie mit Zeitlicher ſich hier nicht uͤbernommen.
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 192[189]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/196>, abgerufen am 29.11.2023. |