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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Anzeichen aber einen andern Verfasser hat als die Erzählungen, an deren Schlusse sich Thomas Lyrer nennt. Dieser zweite Theil erzählt allerlei Dinge, die sich im heiligen römischen Reiche von der Zeit Karls des Großen an bis zu besagtem Jahre begeben haben, geht zwar mit der Geschichte nicht immer ganz säuberlich um, nimmt es aber damit doch ungleich genauer als der erste Theil, der nur hie und da eine Angabe bringt, welche wirklicher Historie ähnlich sieht.

Im ersten Theil, für dessen Verfasser wir also bis auf weiteres den Thomas Lyrer von Rankweil ansehen, erzählt derselbe zum Beispiele Eingangs seiner Geschichten, wie im hundert und vierten Jahre nach der Geburt unseres Herrn ein Kaiser zu Rom war, Namens Kurio, der wegen seines christlichen Glaubens, trotz der Fürsprache der Senatoren Amor und Ventrum Urseum, vertrieben wurde und mit seiner Gemahlin Docka, seinen eigenen Söhnen und den Söhnen seiner Schwester, Jürgo und Hego, über das Hochgebirg gen deutschen Landen wärts floh und auf den Plan Dalfaz in Graubünden kam. Kaiser Kurio baute darauf seinen Söhnen in Rhätien und in Schwaben verschiedene Vesten, und so wurden sie die Anherren mächtiger Geschlechter. So baute er dem ältesten die Veste Hohentrins und nannte ihn Magnus von Höwen; dem andern die Veste Gutenberg und nannte ihn Eglof von Wartau; dem dritten gab er einen Berg und errichtete darauf die Veste Starkenberg und gab ihm einen weißen Schild mit einer rothen Fahne zum Wappen, zum Zeichen, daß er die christliche Ordnung halten und darum fechten sollte, wenn es Noth thue. "Dem Deutschen nach," sagt Lyrer, "wird das Geschlecht geheißen: die von dem rothen Fahnen; aber darnach als sich die wälschen Kurwalhen gemehrt hatten, da ward der Namen in wälsch bekehret und geheißen: von Montfort." Der vierte Sohn Kaiser Kurio's war Wilpart von Leutkirch, der fünfte aber der Patriarch Burgundus; der führte gar ein selig Leben und hatte seine Wohnung auf dem Berge Kirchberg bei dem Dorfe Ulm. Der sechste Sohn erhielt die Stadt Ravenau, die jetzt Ravensburg heißt, und wurde Herzog Rumulus von Schwaben genannt.

Anzeichen aber einen andern Verfasser hat als die Erzählungen, an deren Schlusse sich Thomas Lyrer nennt. Dieser zweite Theil erzählt allerlei Dinge, die sich im heiligen römischen Reiche von der Zeit Karls des Großen an bis zu besagtem Jahre begeben haben, geht zwar mit der Geschichte nicht immer ganz säuberlich um, nimmt es aber damit doch ungleich genauer als der erste Theil, der nur hie und da eine Angabe bringt, welche wirklicher Historie ähnlich sieht.

Im ersten Theil, für dessen Verfasser wir also bis auf weiteres den Thomas Lyrer von Rankweil ansehen, erzählt derselbe zum Beispiele Eingangs seiner Geschichten, wie im hundert und vierten Jahre nach der Geburt unseres Herrn ein Kaiser zu Rom war, Namens Kurio, der wegen seines christlichen Glaubens, trotz der Fürsprache der Senatoren Amor und Ventrum Urseum, vertrieben wurde und mit seiner Gemahlin Docka, seinen eigenen Söhnen und den Söhnen seiner Schwester, Jürgo und Hego, über das Hochgebirg gen deutschen Landen wärts floh und auf den Plan Dalfaz in Graubünden kam. Kaiser Kurio baute darauf seinen Söhnen in Rhätien und in Schwaben verschiedene Vesten, und so wurden sie die Anherren mächtiger Geschlechter. So baute er dem ältesten die Veste Hohentrins und nannte ihn Magnus von Höwen; dem andern die Veste Gutenberg und nannte ihn Eglof von Wartau; dem dritten gab er einen Berg und errichtete darauf die Veste Starkenberg und gab ihm einen weißen Schild mit einer rothen Fahne zum Wappen, zum Zeichen, daß er die christliche Ordnung halten und darum fechten sollte, wenn es Noth thue. „Dem Deutschen nach,“ sagt Lyrer, „wird das Geschlecht geheißen: die von dem rothen Fahnen; aber darnach als sich die wälschen Kurwalhen gemehrt hatten, da ward der Namen in wälsch bekehret und geheißen: von Montfort.“ Der vierte Sohn Kaiser Kurio’s war Wilpart von Leutkirch, der fünfte aber der Patriarch Burgundus; der führte gar ein selig Leben und hatte seine Wohnung auf dem Berge Kirchberg bei dem Dorfe Ulm. Der sechste Sohn erhielt die Stadt Ravenau, die jetzt Ravensburg heißt, und wurde Herzog Rumulus von Schwaben genannt.

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Anzeichen aber einen andern Verfasser hat als die Erzählungen, an deren Schlusse sich Thomas Lyrer nennt. Dieser zweite Theil erzählt allerlei Dinge, die sich im heiligen römischen Reiche von der Zeit Karls des Großen an bis zu besagtem Jahre begeben haben, geht zwar mit der Geschichte nicht immer ganz säuberlich um, nimmt es aber damit doch ungleich genauer als der erste Theil, der nur hie und da eine Angabe bringt, welche wirklicher Historie ähnlich sieht.</p>
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[155/0160] Anzeichen aber einen andern Verfasser hat als die Erzählungen, an deren Schlusse sich Thomas Lyrer nennt. Dieser zweite Theil erzählt allerlei Dinge, die sich im heiligen römischen Reiche von der Zeit Karls des Großen an bis zu besagtem Jahre begeben haben, geht zwar mit der Geschichte nicht immer ganz säuberlich um, nimmt es aber damit doch ungleich genauer als der erste Theil, der nur hie und da eine Angabe bringt, welche wirklicher Historie ähnlich sieht. Im ersten Theil, für dessen Verfasser wir also bis auf weiteres den Thomas Lyrer von Rankweil ansehen, erzählt derselbe zum Beispiele Eingangs seiner Geschichten, wie im hundert und vierten Jahre nach der Geburt unseres Herrn ein Kaiser zu Rom war, Namens Kurio, der wegen seines christlichen Glaubens, trotz der Fürsprache der Senatoren Amor und Ventrum Urseum, vertrieben wurde und mit seiner Gemahlin Docka, seinen eigenen Söhnen und den Söhnen seiner Schwester, Jürgo und Hego, über das Hochgebirg gen deutschen Landen wärts floh und auf den Plan Dalfaz in Graubünden kam. Kaiser Kurio baute darauf seinen Söhnen in Rhätien und in Schwaben verschiedene Vesten, und so wurden sie die Anherren mächtiger Geschlechter. So baute er dem ältesten die Veste Hohentrins und nannte ihn Magnus von Höwen; dem andern die Veste Gutenberg und nannte ihn Eglof von Wartau; dem dritten gab er einen Berg und errichtete darauf die Veste Starkenberg und gab ihm einen weißen Schild mit einer rothen Fahne zum Wappen, zum Zeichen, daß er die christliche Ordnung halten und darum fechten sollte, wenn es Noth thue. „Dem Deutschen nach,“ sagt Lyrer, „wird das Geschlecht geheißen: die von dem rothen Fahnen; aber darnach als sich die wälschen Kurwalhen gemehrt hatten, da ward der Namen in wälsch bekehret und geheißen: von Montfort.“ Der vierte Sohn Kaiser Kurio’s war Wilpart von Leutkirch, der fünfte aber der Patriarch Burgundus; der führte gar ein selig Leben und hatte seine Wohnung auf dem Berge Kirchberg bei dem Dorfe Ulm. Der sechste Sohn erhielt die Stadt Ravenau, die jetzt Ravensburg heißt, und wurde Herzog Rumulus von Schwaben genannt.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/160>, abgerufen am 26.04.2024.