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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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des Menschlichen Geschlechts.
mehren. Von Engelland ist solches bereits ange-
mercket. [a] In Teutschland, Franckreich und an-
dern Reichen läst sich auch nichts anders vermuthen.
Wäre es nicht, und es stürben mehr als gebohren
würden, so müste ein Land ordentlicher Weise in
einigen hundert Jahren von Einwohnern gantz ent-
blösset werden. Krieg und Pest würden diese Ver-
ringerung noch mehr beschleunigen. Franckreich
zehlete [b] vor ohngefehr hundert und sechzig Jah-
ren unter Carl des IX. Regierung zwantzig Milli-
onen Seelen, eben soviel giebt man noch anjetzo die-
sem Reich. Solches würde aber nicht möglich seyn,
wann nicht jährlich eine ansehnliche Menge mehr
gebohren würde, als stürben, indem dieses Reich
durch die langwierigen und schweren Kriege, durch
Pest, Hunger, ingleichen durch die so genandte
Dragonnade an seinen Einwohnern sehr grossen
Abgang erlitten hat.

Teutschland würde gleichfals wegen der vie-
len Zufälle in eine öde Wildniß seyn verwandelt
worden, welches doch bißher, aller Kriege ohnge-
achtet, scheinet an Menschen beständig zugenommen
zu haben, so daß gewiß Julius Cäsar es nicht
mehr kennen würde, und Tacitus würde auch viele
Stellen in seinem Buche von den Teutschen än-
dern und ausstreichen müssen.

Da nun auch überdem kein Grund kan an-
gegeben werden, warum es in diesem Stücke an-
derswo anders als bey uns seyn solte; Die Erde
auch lange noch nicht mit Menschen überhäuffet,

und
[a] Derhams Physico-Theologie. l. 4. c. 10. ingleichen
Graunts annotations vpon the bills of mortality.
[b] Moteri Diction. art. France. Tom. 4. p. 149. Edit. nouv.
A 2

des Menſchlichen Geſchlechts.
mehren. Von Engelland iſt ſolches bereits ange-
mercket. [a] In Teutſchland, Franckreich und an-
dern Reichen laͤſt ſich auch nichts anders vermuthen.
Waͤre es nicht, und es ſtuͤrben mehr als gebohren
wuͤrden, ſo muͤſte ein Land ordentlicher Weiſe in
einigen hundert Jahren von Einwohnern gantz ent-
bloͤſſet werden. Krieg und Peſt wuͤrden dieſe Ver-
ringerung noch mehr beſchleunigen. Franckreich
zehlete [b] vor ohngefehr hundert und ſechzig Jah-
ren unter Carl des IX. Regierung zwantzig Milli-
onen Seelen, eben ſoviel giebt man noch anjetzo die-
ſem Reich. Solches wuͤrde aber nicht moͤglich ſeyn,
wann nicht jaͤhrlich eine anſehnliche Menge mehr
gebohren wuͤrde, als ſtuͤrben, indem dieſes Reich
durch die langwierigen und ſchweren Kriege, durch
Peſt, Hunger, ingleichen durch die ſo genandte
Dragonnade an ſeinen Einwohnern ſehr groſſen
Abgang erlitten hat.

Teutſchland wuͤrde gleichfals wegen der vie-
len Zufaͤlle in eine oͤde Wildniß ſeyn verwandelt
worden, welches doch bißher, aller Kriege ohnge-
achtet, ſcheinet an Menſchen beſtaͤndig zugenommen
zu haben, ſo daß gewiß Julius Caͤſar es nicht
mehr kennen wuͤrde, und Tacitus wuͤrde auch viele
Stellen in ſeinem Buche von den Teutſchen aͤn-
dern und ausſtreichen muͤſſen.

Da nun auch uͤberdem kein Grund kan an-
gegeben werden, warum es in dieſem Stuͤcke an-
derswo anders als bey uns ſeyn ſolte; Die Erde
auch lange noch nicht mit Menſchen uͤberhaͤuffet,

und
[a] Derhams Phyſico-Theologie. l. 4. c. 10. ingleichen
Graunts annotations vpon the bills of mortality.
[b] Moteri Diction. art. France. Tom. 4. p. 149. Edit. nouv.
A 2
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[3/0049] des Menſchlichen Geſchlechts. mehren. Von Engelland iſt ſolches bereits ange- mercket. [a] In Teutſchland, Franckreich und an- dern Reichen laͤſt ſich auch nichts anders vermuthen. Waͤre es nicht, und es ſtuͤrben mehr als gebohren wuͤrden, ſo muͤſte ein Land ordentlicher Weiſe in einigen hundert Jahren von Einwohnern gantz ent- bloͤſſet werden. Krieg und Peſt wuͤrden dieſe Ver- ringerung noch mehr beſchleunigen. Franckreich zehlete [b] vor ohngefehr hundert und ſechzig Jah- ren unter Carl des IX. Regierung zwantzig Milli- onen Seelen, eben ſoviel giebt man noch anjetzo die- ſem Reich. Solches wuͤrde aber nicht moͤglich ſeyn, wann nicht jaͤhrlich eine anſehnliche Menge mehr gebohren wuͤrde, als ſtuͤrben, indem dieſes Reich durch die langwierigen und ſchweren Kriege, durch Peſt, Hunger, ingleichen durch die ſo genandte Dragonnade an ſeinen Einwohnern ſehr groſſen Abgang erlitten hat. Teutſchland wuͤrde gleichfals wegen der vie- len Zufaͤlle in eine oͤde Wildniß ſeyn verwandelt worden, welches doch bißher, aller Kriege ohnge- achtet, ſcheinet an Menſchen beſtaͤndig zugenommen zu haben, ſo daß gewiß Julius Caͤſar es nicht mehr kennen wuͤrde, und Tacitus wuͤrde auch viele Stellen in ſeinem Buche von den Teutſchen aͤn- dern und ausſtreichen muͤſſen. Da nun auch uͤberdem kein Grund kan an- gegeben werden, warum es in dieſem Stuͤcke an- derswo anders als bey uns ſeyn ſolte; Die Erde auch lange noch nicht mit Menſchen uͤberhaͤuffet, und [a] Derhams Phyſico-Theologie. l. 4. c. 10. ingleichen Graunts annotations vpon the bills of mortality. [b] Moteri Diction. art. France. Tom. 4. p. 149. Edit. nouv. A 2

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/49>, abgerufen am 29.04.2024.