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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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Kenntn. v. d. objektiv. Existenz d. Dinge.
Vertheilung geschicht, und was für Unterscheidungs-
merkmale
der abgesonderten Klassen, oder welche ge-
meinschaftliche Kennzeichen bey denen, die zu jeder be-
sondern Klasse gebracht worden, darauf führten.

2) Da sie insbesondere zu dem Unterscheidungsmerk-
male gelangte, daß Eine Art von Sachen in ihr selbst;
die andern außer ihr vorhanden sind, auf welche Wei-
se die Seele zu diesem Begrif von Sich selbst als ei-
nem für sich bestehenden Dinge, und wie sie zu dem
Begrif von äußern Dingen gelangte? Was hatte es
ursprünglich für eine Bedeutung, wenn sie einen Theil
der Empfindungen als Veränderungen von ihr selbst, und
in ihr selbst ansah, andre aber nicht?

3) Da sie weiter in der Abtheilung fort gieng, die
Jnnern sowohl, als die Aeußern Modifikationen von
neuen in besondere Klassen brachte, die Jnnern Em-
pfindungen z. B. aus dem Verstande von denen aus dem
Willen unterschied, wie auch die Empfindungen aus den
verschiedenen Theilen ihres Körpers; den Schmerzen
z. B. im Kopf von dem Schmerzen in dem Arm u. s. f.
und endlich auch bey den Empfindungen von äußern Kör-
pern, das was sie durch Einen Sinn erkennet, von dem,
was sie durch den andern erkennet, unterschied; auf wel-
che Art und nach welchen Gesetzen geschahe dieser Fort-
gang?

4) Wenn die allgemeine Klassifikation einmal zu
Stande gebracht ist, so urtheilet sie in einzelnen Fällen,
es sey die empfundene Sache entweder in ihr selbst, oder
in ihrem Körper, in diesem oder jenem Theil von ihm,
oder außer ihr. Nach welchem allgemeinen Denkungs-
gesetz wird sie bey diesen Urtheilen bestimmt?

Kann man auf diese Fragen antworten, so meine
ich, es werde der Ursprung der Begriffe von Objekten,
oder Sachen, und von ihrer innern und äußern Wirk-
lichkeit, wie auch der darauf beziehenden Urtheile eini-

germa-

Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.
Vertheilung geſchicht, und was fuͤr Unterſcheidungs-
merkmale
der abgeſonderten Klaſſen, oder welche ge-
meinſchaftliche Kennzeichen bey denen, die zu jeder be-
ſondern Klaſſe gebracht worden, darauf fuͤhrten.

2) Da ſie insbeſondere zu dem Unterſcheidungsmerk-
male gelangte, daß Eine Art von Sachen in ihr ſelbſt;
die andern außer ihr vorhanden ſind, auf welche Wei-
ſe die Seele zu dieſem Begrif von Sich ſelbſt als ei-
nem fuͤr ſich beſtehenden Dinge, und wie ſie zu dem
Begrif von aͤußern Dingen gelangte? Was hatte es
urſpruͤnglich fuͤr eine Bedeutung, wenn ſie einen Theil
der Empfindungen als Veraͤnderungen von ihr ſelbſt, und
in ihr ſelbſt anſah, andre aber nicht?

3) Da ſie weiter in der Abtheilung fort gieng, die
Jnnern ſowohl, als die Aeußern Modifikationen von
neuen in beſondere Klaſſen brachte, die Jnnern Em-
pfindungen z. B. aus dem Verſtande von denen aus dem
Willen unterſchied, wie auch die Empfindungen aus den
verſchiedenen Theilen ihres Koͤrpers; den Schmerzen
z. B. im Kopf von dem Schmerzen in dem Arm u. ſ. f.
und endlich auch bey den Empfindungen von aͤußern Koͤr-
pern, das was ſie durch Einen Sinn erkennet, von dem,
was ſie durch den andern erkennet, unterſchied; auf wel-
che Art und nach welchen Geſetzen geſchahe dieſer Fort-
gang?

4) Wenn die allgemeine Klaſſifikation einmal zu
Stande gebracht iſt, ſo urtheilet ſie in einzelnen Faͤllen,
es ſey die empfundene Sache entweder in ihr ſelbſt, oder
in ihrem Koͤrper, in dieſem oder jenem Theil von ihm,
oder außer ihr. Nach welchem allgemeinen Denkungs-
geſetz wird ſie bey dieſen Urtheilen beſtimmt?

Kann man auf dieſe Fragen antworten, ſo meine
ich, es werde der Urſprung der Begriffe von Objekten,
oder Sachen, und von ihrer innern und aͤußern Wirk-
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[381/0441] Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge. Vertheilung geſchicht, und was fuͤr Unterſcheidungs- merkmale der abgeſonderten Klaſſen, oder welche ge- meinſchaftliche Kennzeichen bey denen, die zu jeder be- ſondern Klaſſe gebracht worden, darauf fuͤhrten. 2) Da ſie insbeſondere zu dem Unterſcheidungsmerk- male gelangte, daß Eine Art von Sachen in ihr ſelbſt; die andern außer ihr vorhanden ſind, auf welche Wei- ſe die Seele zu dieſem Begrif von Sich ſelbſt als ei- nem fuͤr ſich beſtehenden Dinge, und wie ſie zu dem Begrif von aͤußern Dingen gelangte? Was hatte es urſpruͤnglich fuͤr eine Bedeutung, wenn ſie einen Theil der Empfindungen als Veraͤnderungen von ihr ſelbſt, und in ihr ſelbſt anſah, andre aber nicht? 3) Da ſie weiter in der Abtheilung fort gieng, die Jnnern ſowohl, als die Aeußern Modifikationen von neuen in beſondere Klaſſen brachte, die Jnnern Em- pfindungen z. B. aus dem Verſtande von denen aus dem Willen unterſchied, wie auch die Empfindungen aus den verſchiedenen Theilen ihres Koͤrpers; den Schmerzen z. B. im Kopf von dem Schmerzen in dem Arm u. ſ. f. und endlich auch bey den Empfindungen von aͤußern Koͤr- pern, das was ſie durch Einen Sinn erkennet, von dem, was ſie durch den andern erkennet, unterſchied; auf wel- che Art und nach welchen Geſetzen geſchahe dieſer Fort- gang? 4) Wenn die allgemeine Klaſſifikation einmal zu Stande gebracht iſt, ſo urtheilet ſie in einzelnen Faͤllen, es ſey die empfundene Sache entweder in ihr ſelbſt, oder in ihrem Koͤrper, in dieſem oder jenem Theil von ihm, oder außer ihr. Nach welchem allgemeinen Denkungs- geſetz wird ſie bey dieſen Urtheilen beſtimmt? Kann man auf dieſe Fragen antworten, ſo meine ich, es werde der Urſprung der Begriffe von Objekten, oder Sachen, und von ihrer innern und aͤußern Wirk- lichkeit, wie auch der darauf beziehenden Urtheile eini- germa-

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/441>, abgerufen am 28.04.2024.