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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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setzet/ sondern mit guten bedacht und scharffen nachsinnen/ so gar
das mancher der seine version öffters und fleißig übersehen auch
wohl in die zwantzig Jahr damit zugebracht/ sich nicht verdriessen
lassen/ alles zuzerreissen und von vornen anzufangen/ wenn ihm
eine bessere methode gezeiget worden. Denn daß ich ietzo des
Desmarais Titum Livium, des Giri Apologeticum Ter-
tulliani,
des Boelau Epictetum, des Arnaud d' Antilli Jose-
phum
geschweige/ so haben Vaugelas durch übersetzung des
Curtii, noch mehr aber der Herr D' Ablancourt durch verdoll-
metschung des Thucydidis, Frontini, Minucii Felicis, Ar-
riani, Caesaris, Luciani
und Taciti ihre Namen unsterblich
gemacht/ und muß ich bekennen/ daß die Version des Taciti
mir bey lesung dieses autoris für einen der besten Commenta-
torum,
so viel den Verstand davon anlanget/ gedienet habe/ in
der übersetzung des Luciani aber ein solches Kunststück verborgen
stecke/ welches einen absonderlichen weitläufftigen Discurs ver-
dienet. Wannenhero amelot de la Houssaie weißlich ge-
than hätte/ wenn er in seinen Discurs über die Commentato-
res
und Versiones Taciti und in dem Tractätgen von der
Schmeicheley sein einfältig Judicium von des d' ablancourt
übersetzung bey sich behalten hätte/ denn so hätte der ungenante
Defensor des D' ablancourt ihn auch zweiffels ohne für einen
gelehrten Frantzosen und geschickten Dollmetscher passiren las-
sen/ da er hingegen bey dieser Bewandnüß den armen Amelot
recht unbarmhertzig striegelt/ und auch die geringften Fehler/
welche ihm sonsten billig zu übersehen gewesen wären/ für-
rücket.

Aber wir müssen uns nun auch unter uns umbsehen/ was
es mit denen Gelehrten fur eine Bewandnüß habe. Es giebt
ja noch in Dentschland gelehrte Leute/ aber nicht so häuffig als
in Franckreich/ weil sich sehr viel von denen unserigen auff die ab-

stractio-

ſetzet/ ſondern mit guten bedacht und ſcharffen nachſinnen/ ſo gar
das mancher der ſeine verſion oͤffters und fleißig uͤberſehen auch
wohl in die zwantzig Jahr damit zugebracht/ ſich nicht verdrieſſen
laſſen/ alles zuzerreiſſen und von vornen anzufangen/ wenn ihm
eine beſſere methode gezeiget worden. Denn daß ich ietzo des
Deſmarais Titum Livium, des Giri Apologeticum Ter-
tulliani,
des Boelau Epictetum, des Arnaud d’ Antilli Joſe-
phum
geſchweige/ ſo haben Vaugelas durch uͤberſetzung des
Curtii, noch mehr aber der Herr D’ Ablancourt durch verdoll-
metſchung des Thucydidis, Frontini, Minucii Felicis, Ar-
riani, Cæſaris, Luciani
und Taciti ihre Namen unſterblich
gemacht/ und muß ich bekennen/ daß die Verſion des Taciti
mir bey leſung dieſes autoris fuͤr einen der beſten Commenta-
torum,
ſo viel den Verſtand davon anlanget/ gedienet habe/ in
der uͤberſetzung des Luciani aber ein ſolches Kunſtſtuͤck verborgen
ſtecke/ welches einen abſonderlichen weitlaͤufftigen Diſcurs ver-
dienet. Wannenhero amelot de la Houſſaie weißlich ge-
than haͤtte/ wenn er in ſeinen Diſcurs über die Commentato-
res
und Verſiones Taciti und in dem Tractaͤtgen von der
Schmeicheley ſein einfaͤltig Judicium von des d’ ablancourt
uͤberſetzung bey ſich behalten haͤtte/ denn ſo haͤtte der ungenante
Defenſor des D’ ablancourt ihn auch zweiffels ohne fuͤr einen
gelehrten Frantzoſen und geſchickten Dollmetſcher paſſiren laſ-
ſen/ da er hingegen bey dieſer Bewandnuͤß den armen Amelot
recht unbarmhertzig ſtriegelt/ und auch die geringften Fehler/
welche ihm ſonſten billig zu uͤberſehen geweſen waͤren/ fuͤr-
ruͤcket.

Aber wir muͤſſen uns nun auch unter uns umbſehen/ was
es mit denen Gelehrten fur eine Bewandnuͤß habe. Es giebt
ja noch in Dentſchland gelehrte Leute/ aber nicht ſo haͤuffig als
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/17>, abgerufen am 26.04.2024.