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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Warum diese Poetische Gedancken an uns geschickt worden.

§. XXXII. Nun möchte man wohl billig fragen: cui usui: und was gehet unsere Facultät oder mich diese Schrifften an, die nicht wieder uns gemacht worden, auch nichts neues vorbringen, was nicht schon allbereit nach Anleitung dessen, was ich bißhero gemeldet, und zwar ad nauseam beantwortet worden wäre, auch nicht das geringste mehr demonstriren, als des Herrn Autoris Habrechterey und Hartnäckigkeit, welcher wir nebst dem unpartheyischen Leser schon durch seine Gegenschrifft und die erste Beylage sattsam convinciret waren. Nichts destoweniger muß man ihn auch hier ungehöret nicht verdammen; denn er meldet in seiner Gegenschrifft §. 40. daß er diese Poetische Gedancken auff Veranlassung guter Freunde, Minerva quamvis invita verfertiget, und selbige uns, die er von keinem melancholischen Temperament zu seyn nach freyer Muthmassung supponire, zu einer Gemüths-Ergötzlichkeit überreiche, da wir denn in selbigen die Triebfedern der Druck-Presse, welche die Meditationes den Lesern eingehändiget; sein Christenthum, und wahre Complexion, dergestalt augenscheinlich vorgebildet würden ersehen; daß nach dem durch die Unumstößligkeit seiner Vernunfft- und Rechts. Gründe wir uns unvermerckt würden überwunden finden; wir so dann vor keine Verminderung unserer vollständigen Gelahrheit es schätzen würden, unsern ersten sein TEMPERAMENT und RELIGION concernirende Sentimenten, freymüthig zu ändern, und nebst der ächten Leibes- und Gemüths-Beschaffenheit den rechten Christlich-Lutherischen Glauben auff Befehl des Königlichen Symboli: Suum Cuique, zurück zugeben.

General Beantwortung dieser Ursachen.

§. XXXIII. Nun wolte ich zuförderst wündschen, daß der Herr Quaerente fein auffrichtig und biedermännisch hätte schreiben wollen, was er haben wolte: denn ich kan nicht leugnen, daß ich zwar etwas gelesen, was die Griechen, Lateiner, Frantzosen, Teutsche etc. de stilo sublimi geschrieben, auch was andere von denen Meteoris Orationis, item von Galimatias, Phoebus u. s. w. erinnert; ich bin aber so gelehrt nicht, daß ich mir zu demonstriren getraute, zu welcher Schreib-Art von denen itzt erwehnten eigentlich dieser angeführte Stilus des Herrn Quaerenten zu referiren sey, und ob ich in dem summario marginali dieses paragraphi seinen Sinn recht getroffen habe. Vielleicht soll auch dieser paragraphus ein Exempel einer scharffsinnigen oder beissenden Ironie vorstellen; nur dieses ist das schlimste, daß die Gelehrten nicht einerley Nasen haben, und daß etliche auch den Spanischen Schnup-Toback in starcken dosibus ohne Niesen vertragen können, da indessen manchmahl die Nach-

Warum diese Poetische Gedancken an uns geschickt worden.

§. XXXII. Nun möchte man wohl billig fragen: cui usui: und was gehet unsere Facultät oder mich diese Schrifften an, die nicht wieder uns gemacht worden, auch nichts neues vorbringen, was nicht schon allbereit nach Anleitung dessen, was ich bißhero gemeldet, und zwar ad nauseam beantwortet worden wäre, auch nicht das geringste mehr demonstriren, als des Herrn Autoris Habrechterey und Hartnäckigkeit, welcher wir nebst dem unpartheyischen Leser schon durch seine Gegenschrifft und die erste Beylage sattsam convinciret waren. Nichts destoweniger muß man ihn auch hier ungehöret nicht verdammen; denn er meldet in seiner Gegenschrifft §. 40. daß er diese Poetische Gedancken auff Veranlassung guter Freunde, Minerva quamvis invita verfertiget, und selbige uns, die er von keinem melancholischen Temperament zu seyn nach freyer Muthmassung supponire, zu einer Gemüths-Ergötzlichkeit überreiche, da wir denn in selbigen die Triebfedern der Druck-Presse, welche die Meditationes den Lesern eingehändiget; sein Christenthum, und wahre Complexion, dergestalt augenscheinlich vorgebildet würden ersehen; daß nach dem durch die Unumstößligkeit seiner Vernunfft- und Rechts. Gründe wir uns unvermerckt würden überwunden finden; wir so dann vor keine Verminderung unserer vollständigen Gelahrheit es schätzen würden, unsern ersten sein TEMPERAMENT und RELIGION concernirende Sentimenten, freymüthig zu ändern, und nebst der ächten Leibes- und Gemüths-Beschaffenheit den rechten Christlich-Lutherischen Glauben auff Befehl des Königlichen Symboli: Suum Cuique, zurück zugeben.

General Beantwortung dieser Ursachen.

§. XXXIII. Nun wolte ich zuförderst wündschen, daß der Herr Quaerente fein auffrichtig und biedermännisch hätte schreiben wollen, was er haben wolte: denn ich kan nicht leugnen, daß ich zwar etwas gelesen, was die Griechen, Lateiner, Frantzosen, Teutsche etc. de stilo sublimi geschrieben, auch was andere von denen Meteoris Orationis, item von Galimatias, Phoebus u. s. w. erinnert; ich bin aber so gelehrt nicht, daß ich mir zu demonstriren getraute, zu welcher Schreib-Art von denen itzt erwehnten eigentlich dieser angeführte Stilus des Herrn Quaerenten zu referiren sey, und ob ich in dem summario marginali dieses paragraphi seinen Sinn recht getroffen habe. Vielleicht soll auch dieser paragraphus ein Exempel einer scharffsinnigen oder beissenden Ironie vorstellen; nur dieses ist das schlimste, daß die Gelehrten nicht einerley Nasen haben, und daß etliche auch den Spanischen Schnup-Toback in starcken dosibus ohne Niesen vertragen können, da indessen manchmahl die Nach-

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[310/0326] §. XXXII. Nun möchte man wohl billig fragen: cui usui: und was gehet unsere Facultät oder mich diese Schrifften an, die nicht wieder uns gemacht worden, auch nichts neues vorbringen, was nicht schon allbereit nach Anleitung dessen, was ich bißhero gemeldet, und zwar ad nauseam beantwortet worden wäre, auch nicht das geringste mehr demonstriren, als des Herrn Autoris Habrechterey und Hartnäckigkeit, welcher wir nebst dem unpartheyischen Leser schon durch seine Gegenschrifft und die erste Beylage sattsam convinciret waren. Nichts destoweniger muß man ihn auch hier ungehöret nicht verdammen; denn er meldet in seiner Gegenschrifft §. 40. daß er diese Poetische Gedancken auff Veranlassung guter Freunde, Minerva quamvis invita verfertiget, und selbige uns, die er von keinem melancholischen Temperament zu seyn nach freyer Muthmassung supponire, zu einer Gemüths-Ergötzlichkeit überreiche, da wir denn in selbigen die Triebfedern der Druck-Presse, welche die Meditationes den Lesern eingehändiget; sein Christenthum, und wahre Complexion, dergestalt augenscheinlich vorgebildet würden ersehen; daß nach dem durch die Unumstößligkeit seiner Vernunfft- und Rechts. Gründe wir uns unvermerckt würden überwunden finden; wir so dann vor keine Verminderung unserer vollständigen Gelahrheit es schätzen würden, unsern ersten sein TEMPERAMENT und RELIGION concernirende Sentimenten, freymüthig zu ändern, und nebst der ächten Leibes- und Gemüths-Beschaffenheit den rechten Christlich-Lutherischen Glauben auff Befehl des Königlichen Symboli: Suum Cuique, zurück zugeben. §. XXXIII. Nun wolte ich zuförderst wündschen, daß der Herr Quaerente fein auffrichtig und biedermännisch hätte schreiben wollen, was er haben wolte: denn ich kan nicht leugnen, daß ich zwar etwas gelesen, was die Griechen, Lateiner, Frantzosen, Teutsche etc. de stilo sublimi geschrieben, auch was andere von denen Meteoris Orationis, item von Galimatias, Phoebus u. s. w. erinnert; ich bin aber so gelehrt nicht, daß ich mir zu demonstriren getraute, zu welcher Schreib-Art von denen itzt erwehnten eigentlich dieser angeführte Stilus des Herrn Quaerenten zu referiren sey, und ob ich in dem summario marginali dieses paragraphi seinen Sinn recht getroffen habe. Vielleicht soll auch dieser paragraphus ein Exempel einer scharffsinnigen oder beissenden Ironie vorstellen; nur dieses ist das schlimste, daß die Gelehrten nicht einerley Nasen haben, und daß etliche auch den Spanischen Schnup-Toback in starcken dosibus ohne Niesen vertragen können, da indessen manchmahl die Nach-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/326>, abgerufen am 26.04.2024.