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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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zu diesen Handel.gewust, das nicht in Beantwortung der mir daselbst vorgelegten Fragen von mir hätte dissentiren und anderer Meynung seyn sollen. Daß ich nun auch unsere eigene (damahlige Facultät davon nicht auszunehmen Ursache gehabt, werden die beyden folgenden Responsa bezeigen, welche a. 1616. u. 1617. in unserer Facultät referiret, per plura geschlossen und expediret worden, welche ich hiermit dem geneigten Leser nicht deßwegen communiciren wollen, daß ich solche für geringschätziger als das meinige in besagtem andern Theil halten solte; sondern damit ich vielmehr die allgemeine natürliche Billigkeit beobachte, nach welcher man auch den Gegentheil zu hören verbunden ist, und einem jedweden Leser hierdurch desto mehrere Gelegenheit gäbe, auch anderer JCtorum Meynung und rationes in dieser controvers gegen die meinige zu halten, und selbst zu beurtheilen, welche Parthey es am besten getroffen. So werden auch über dieses die folgende Responsa und vorhergehende Urtheils-Fragen zu einen und andern neuen, und verhoffentlich nicht unangenehmen Anmerckungen Anlaß geben.

Frage wegen des ersten casus: Ob die mit einer unadelichen gezeugte Kinder in feudis succediren.

§. II. Im Julio 1716. wurde an unsere Facultät folgende Frage nebst denen zum voraus colligirten rationibus dubitandi & decidendi zugeschickt. Der Ort ist nicht nöthig, daß er beniemet werde, zumahlen da ohnedem der Inhalt des Schreibens hin und wieder weiset, daß der casus sich in der Laußnitz zugetragen. Derjenige, so die Frage an uns schickte, hatte sich auch genennet, es wird aber vorjetzo genung seyn, wenn ich sage, daß es ein Juris utriusque Doctor und berühmter Advocat war.

Dererselben in jure gegründetes Gutachten cum rationibus decidendi & dubitandi bin ich in nachstehenden Casu benöthiget: Es hatte ein gewisser Freyherr von G. M. vor zwey Jahren auf ein, ob zwar nicht von Adelichen Stande, jedoch eines ehrlichen Mannes Kinde, die aber nunmehro von Kayserl. Majestät laut des ihr ertheilten Diplomatis in Adel-Stand erhoben worden, eine eheliche Liebe geworffen, und vor kurtzer Zeit selbige zur Ehe genommen, welcher Heyrath aber von des Herrn Freyherrns Frauen Töchtern und Eydmännern, item Herren Brüdern bald anfangs ernstlich wiedersprochen und nicht zugelassen werden wollen. Ob nun wohl dem Herrn Baron, was er hierinn zu thun und zu lassen, ziemlich bekannt; So will doch derselbe cum rationibus in jure & civili & feudali fundatis zu desto mehrer Versicherung belehret seyn: Ob die aus dem mit einer Ignobili vollzogenen matrimonio erzeugte Söhne und Töchter pro legitimis zu achten, auch ob selbige, männ-

zu diesen Handel.gewust, das nicht in Beantwortung der mir daselbst vorgelegten Fragen von mir hätte dissentiren und anderer Meynung seyn sollen. Daß ich nun auch unsere eigene (damahlige Facultät davon nicht auszunehmen Ursache gehabt, werden die beyden folgenden Responsa bezeigen, welche a. 1616. u. 1617. in unserer Facultät referiret, per plura geschlossen und expediret worden, welche ich hiermit dem geneigten Leser nicht deßwegen communiciren wollen, daß ich solche für geringschätziger als das meinige in besagtem andern Theil halten solte; sondern damit ich vielmehr die allgemeine natürliche Billigkeit beobachte, nach welcher man auch den Gegentheil zu hören verbunden ist, und einem jedweden Leser hierdurch desto mehrere Gelegenheit gäbe, auch anderer JCtorum Meynung und rationes in dieser controvers gegen die meinige zu halten, und selbst zu beurtheilen, welche Parthey es am besten getroffen. So werden auch über dieses die folgende Responsa und vorhergehende Urtheils-Fragen zu einen und andern neuen, und verhoffentlich nicht unangenehmen Anmerckungen Anlaß geben.

Frage wegen des ersten casus: Ob die mit einer unadelichen gezeugte Kinder in feudis succediren.

§. II. Im Julio 1716. wurde an unsere Facultät folgende Frage nebst denen zum voraus colligirten rationibus dubitandi & decidendi zugeschickt. Der Ort ist nicht nöthig, daß er beniemet werde, zumahlen da ohnedem der Inhalt des Schreibens hin und wieder weiset, daß der casus sich in der Laußnitz zugetragen. Derjenige, so die Frage an uns schickte, hatte sich auch genennet, es wird aber vorjetzo genung seyn, wenn ich sage, daß es ein Juris utriusque Doctor und berühmter Advocat war.

Dererselben in jure gegründetes Gutachten cum rationibus decidendi & dubitandi bin ich in nachstehenden Casu benöthiget: Es hatte ein gewisser Freyherr von G. M. vor zwey Jahren auf ein, ob zwar nicht von Adelichen Stande, jedoch eines ehrlichen Mannes Kinde, die aber nunmehro von Kayserl. Majestät laut des ihr ertheilten Diplomatis in Adel-Stand erhoben worden, eine eheliche Liebe geworffen, und vor kurtzer Zeit selbige zur Ehe genommen, welcher Heyrath aber von des Herrn Freyherrns Frauen Töchtern und Eydmännern, item Herren Brüdern bald anfangs ernstlich wiedersprochen und nicht zugelassen werden wollen. Ob nun wohl dem Herrn Baron, was er hierinn zu thun und zu lassen, ziemlich bekannt; So will doch derselbe cum rationibus in jure & civili & feudali fundatis zu desto mehrer Versicherung belehret seyn: Ob die aus dem mit einer Ignobili vollzogenen matrimonio erzeugte Söhne und Töchter pro legitimis zu achten, auch ob selbige, männ-

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[198/0204] gewust, das nicht in Beantwortung der mir daselbst vorgelegten Fragen von mir hätte dissentiren und anderer Meynung seyn sollen. Daß ich nun auch unsere eigene (damahlige Facultät davon nicht auszunehmen Ursache gehabt, werden die beyden folgenden Responsa bezeigen, welche a. 1616. u. 1617. in unserer Facultät referiret, per plura geschlossen und expediret worden, welche ich hiermit dem geneigten Leser nicht deßwegen communiciren wollen, daß ich solche für geringschätziger als das meinige in besagtem andern Theil halten solte; sondern damit ich vielmehr die allgemeine natürliche Billigkeit beobachte, nach welcher man auch den Gegentheil zu hören verbunden ist, und einem jedweden Leser hierdurch desto mehrere Gelegenheit gäbe, auch anderer JCtorum Meynung und rationes in dieser controvers gegen die meinige zu halten, und selbst zu beurtheilen, welche Parthey es am besten getroffen. So werden auch über dieses die folgende Responsa und vorhergehende Urtheils-Fragen zu einen und andern neuen, und verhoffentlich nicht unangenehmen Anmerckungen Anlaß geben. zu diesen Handel. §. II. Im Julio 1716. wurde an unsere Facultät folgende Frage nebst denen zum voraus colligirten rationibus dubitandi & decidendi zugeschickt. Der Ort ist nicht nöthig, daß er beniemet werde, zumahlen da ohnedem der Inhalt des Schreibens hin und wieder weiset, daß der casus sich in der Laußnitz zugetragen. Derjenige, so die Frage an uns schickte, hatte sich auch genennet, es wird aber vorjetzo genung seyn, wenn ich sage, daß es ein Juris utriusque Doctor und berühmter Advocat war. Dererselben in jure gegründetes Gutachten cum rationibus decidendi & dubitandi bin ich in nachstehenden Casu benöthiget: Es hatte ein gewisser Freyherr von G. M. vor zwey Jahren auf ein, ob zwar nicht von Adelichen Stande, jedoch eines ehrlichen Mannes Kinde, die aber nunmehro von Kayserl. Majestät laut des ihr ertheilten Diplomatis in Adel-Stand erhoben worden, eine eheliche Liebe geworffen, und vor kurtzer Zeit selbige zur Ehe genommen, welcher Heyrath aber von des Herrn Freyherrns Frauen Töchtern und Eydmännern, item Herren Brüdern bald anfangs ernstlich wiedersprochen und nicht zugelassen werden wollen. Ob nun wohl dem Herrn Baron, was er hierinn zu thun und zu lassen, ziemlich bekannt; So will doch derselbe cum rationibus in jure & civili & feudali fundatis zu desto mehrer Versicherung belehret seyn: Ob die aus dem mit einer Ignobili vollzogenen matrimonio erzeugte Söhne und Töchter pro legitimis zu achten, auch ob selbige, männ-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/204>, abgerufen am 26.04.2024.