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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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Daß zwar Beklagter vorkommenden Umbständen nach wegen der wieder ihm geklagten Puncte mit einiger Straffe noch zur Zeit nicht zu belegen, es wird ihm aber doch sein voriges Verhalten und zum Theil begangene Excesle billig verwiesen, und er dabey alles Ernstes ermahnet, sich inskünfftige des uberflüßigen Branderdein Trinckens zu enthalten und die daraus entstehende vielfältige Aergernisse höchsten Fiersses zu vermeyden, mit dieser Verwarnung, daß, wofern noch weiter einige gegründete Klagen dißfalls wieder ihn einkommen würden, sodann auch die itzo angebrachte Punete in sententionando beobachtet und er davor der Schärffe nach angesehen werden solle, und ist er im übrigen die auf diesem Process verwandte Unkosten auff vorhergehende Liquidation und Richterliche Mässigung zu erstatten schuldig. V. R. W.

Rationes decidendi.

Obwohl Beklagter nicht in Abrede seyn mögen, daß er dem Brandewein-Trincken dergestalt ergeben sey, daß er solches auch schwerlich sich wiederumb werde abgewöhnen können, und dahero nicht eben unwahrscheinlich, daß er die in Actis angeführte excesse aus Trunckenheit begangen habe, bey solchen Umbständen aber vor einen tüchtigen Prediger nicht zu achten, und er also dem Ansehen nach mit einer nachdrücklichen Straffe angesehen werden sollen; Weil aber dennoch die gellagte excesse nicht erwiesen, indem die Zeugen theils singulares sind, theils auch keine gründlich Wissenschafft von der Sache haben, sondern das meiste, so sie wieder Beklagten ausgesaget, auf blossen Muthmassungen bestehet, insonderheit auch wohl ohne des Beklagten Schuld geschehen seyn kan, daß der eine Zeuge, als er zum Abendmahl gegangen, von dem Wein aus dem Kelch nichts bekommen hat, und denn aus dem Gerichtlichen Attestato fol. 60. zu ersehen ist, daß man bereits eine zeithero von des Beklagten excessivischen Brandwein-Trincken eben nicht so viel gehöret habe, und die Besserung allemahl zu hoffen sey, welche Beklagter auch in Actis zu verschiedenen mahlen angelobet, gleichwohl aber derselbe wegen des ermeldeten von ihm selbst zugestandenen Brandwein-Trinckens und anderer angeführten Puncten nicht ausser aller Schuld und Verdacht stehet, indem aus solchen unordentlichen Leben und Gesöff nicht viel Gutes erfolgen kan, und Beklagter dadurch zu dieser Fifcalischen Klage Anlaß gegeben hat; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.

Die aber Beklagter zu seinen Schaden nicht beobachtet.

§. IIX. Nun wäre zu wünschen gewesen, daß Bekagter diese Warnung beobachtet und nicht dem Fiscal Gelegenheit zu einer neuen Klage, und dem Consistorio zu seiner suspension gegeben hätte. Aber so war der arme Mann nicht mehr in dem Zustande, das Brandwein-Trincken zu lassen, derwegen der Fiscal eine neue Klage übergab daß er binnen einiger Zeit wegen des vielen Bradewein-Trinckens, sonderlich a-

Daß zwar Beklagter vorkommenden Umbständen nach wegen der wieder ihm geklagten Puncte mit einiger Straffe noch zur Zeit nicht zu belegen, es wird ihm aber doch sein voriges Verhalten und zum Theil begangene Excesle billig verwiesen, und er dabey alles Ernstes ermahnet, sich inskünfftige des uberflüßigen Branderdein Trinckens zu enthalten und die daraus entstehende vielfältige Aergernisse höchsten Fiersses zu vermeyden, mit dieser Verwarnung, daß, wofern noch weiter einige gegründete Klagen dißfalls wieder ihn einkommen würden, sodann auch die itzo angebrachte Punete in sententionando beobachtet und er davor der Schärffe nach angesehen werden solle, und ist er im übrigen die auf diesem Process verwandte Unkosten auff vorhergehende Liquidation und Richterliche Mässigung zu erstatten schuldig. V. R. W.

Rationes decidendi.

Obwohl Beklagter nicht in Abrede seyn mögen, daß er dem Brandewein-Trincken dergestalt ergeben sey, daß er solches auch schwerlich sich wiederumb werde abgewöhnen können, und dahero nicht eben unwahrscheinlich, daß er die in Actis angeführte excesse aus Trunckenheit begangen habe, bey solchen Umbständen aber vor einen tüchtigen Prediger nicht zu achten, und er also dem Ansehen nach mit einer nachdrücklichen Straffe angesehen werden sollen; Weil aber dennoch die gellagte excesse nicht erwiesen, indem die Zeugen theils singulares sind, theils auch keine gründlich Wissenschafft von der Sache haben, sondern das meiste, so sie wieder Beklagten ausgesaget, auf blossen Muthmassungen bestehet, insonderheit auch wohl ohne des Beklagten Schuld geschehen seyn kan, daß der eine Zeuge, als er zum Abendmahl gegangen, von dem Wein aus dem Kelch nichts bekommen hat, und denn aus dem Gerichtlichen Attestato fol. 60. zu ersehen ist, daß man bereits eine zeithero von des Beklagten excessivischen Brandwein-Trincken eben nicht so viel gehöret habe, und die Besserung allemahl zu hoffen sey, welche Beklagter auch in Actis zu verschiedenen mahlen angelobet, gleichwohl aber derselbe wegen des ermeldeten von ihm selbst zugestandenen Brandwein-Trinckens und anderer angeführten Puncten nicht ausser aller Schuld und Verdacht stehet, indem aus solchen unordentlichen Leben und Gesöff nicht viel Gutes erfolgen kan, und Beklagter dadurch zu dieser Fifcalischen Klage Anlaß gegeben hat; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.

Die aber Beklagter zu seinen Schaden nicht beobachtet.

§. IIX. Nun wäre zu wünschen gewesen, daß Bekagter diese Warnung beobachtet und nicht dem Fiscal Gelegenheit zu einer neuen Klage, und dem Consistorio zu seiner suspension gegeben hätte. Aber so war der arme Mann nicht mehr in dem Zustande, das Brandwein-Trincken zu lassen, derwegen der Fiscal eine neue Klage übergab daß er binnen einiger Zeit wegen des vielen Bradewein-Trinckens, sonderlich a-

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[308/0314] Daß zwar Beklagter vorkommenden Umbständen nach wegen der wieder ihm geklagten Puncte mit einiger Straffe noch zur Zeit nicht zu belegen, es wird ihm aber doch sein voriges Verhalten und zum Theil begangene Excesle billig verwiesen, und er dabey alles Ernstes ermahnet, sich inskünfftige des uberflüßigen Branderdein Trinckens zu enthalten und die daraus entstehende vielfältige Aergernisse höchsten Fiersses zu vermeyden, mit dieser Verwarnung, daß, wofern noch weiter einige gegründete Klagen dißfalls wieder ihn einkommen würden, sodann auch die itzo angebrachte Punete in sententionando beobachtet und er davor der Schärffe nach angesehen werden solle, und ist er im übrigen die auf diesem Process verwandte Unkosten auff vorhergehende Liquidation und Richterliche Mässigung zu erstatten schuldig. V. R. W. Rationes decidendi. Obwohl Beklagter nicht in Abrede seyn mögen, daß er dem Brandewein-Trincken dergestalt ergeben sey, daß er solches auch schwerlich sich wiederumb werde abgewöhnen können, und dahero nicht eben unwahrscheinlich, daß er die in Actis angeführte excesse aus Trunckenheit begangen habe, bey solchen Umbständen aber vor einen tüchtigen Prediger nicht zu achten, und er also dem Ansehen nach mit einer nachdrücklichen Straffe angesehen werden sollen; Weil aber dennoch die gellagte excesse nicht erwiesen, indem die Zeugen theils singulares sind, theils auch keine gründlich Wissenschafft von der Sache haben, sondern das meiste, so sie wieder Beklagten ausgesaget, auf blossen Muthmassungen bestehet, insonderheit auch wohl ohne des Beklagten Schuld geschehen seyn kan, daß der eine Zeuge, als er zum Abendmahl gegangen, von dem Wein aus dem Kelch nichts bekommen hat, und denn aus dem Gerichtlichen Attestato fol. 60. zu ersehen ist, daß man bereits eine zeithero von des Beklagten excessivischen Brandwein-Trincken eben nicht so viel gehöret habe, und die Besserung allemahl zu hoffen sey, welche Beklagter auch in Actis zu verschiedenen mahlen angelobet, gleichwohl aber derselbe wegen des ermeldeten von ihm selbst zugestandenen Brandwein-Trinckens und anderer angeführten Puncten nicht ausser aller Schuld und Verdacht stehet, indem aus solchen unordentlichen Leben und Gesöff nicht viel Gutes erfolgen kan, und Beklagter dadurch zu dieser Fifcalischen Klage Anlaß gegeben hat; So ist dergestalt zu erkennen gewesen. §. IIX. Nun wäre zu wünschen gewesen, daß Bekagter diese Warnung beobachtet und nicht dem Fiscal Gelegenheit zu einer neuen Klage, und dem Consistorio zu seiner suspension gegeben hätte. Aber so war der arme Mann nicht mehr in dem Zustande, das Brandwein-Trincken zu lassen, derwegen der Fiscal eine neue Klage übergab daß er binnen einiger Zeit wegen des vielen Bradewein-Trinckens, sonderlich a-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/314>, abgerufen am 23.04.2024.