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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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nung Titii und Cajae nicht für eine verdächtige und leichtfertige Beywohnung, oder Concubinat, besondern für eine rechtmäßige und beständige Ehe zu achten, und solchergestalt kein delictum verhanden ist, weshalb impositio poenae, ut pote quae semper delictum supponit, geschehen könte; in übrigen aber nicht Titio & Cajae imputiret werden kan, daß benedictio sacerdotalis nicht erfolget, indem sie selbige gebührend gesucht, ihnen aber solche vi majore, cui resistere non potuerunt, und zwar nulliter & contra Leges Imperii abgeschlagen worden; und über dieses Titius als Römisch-Catholisch mit keiner Kirchen-Busse unter den Evangelischen anzusehen ist, so mag auch Titius solches angeschuldigten Concubinatus oder frühzeitigen Beyschlaffs halben gestalten Sachen nach mit einiger Straffe nicht beleget werden. V. R. W.

§. II. Mit einen Worte: hätten die Herren Prediger und ConsistorialesZu dessen Erleuterung dienliche Anmerckungen. zu L. die Verlobten getrauet, und ihnen die Trauung unter dem nichtigen und Ketzermacherischen praetext, daß der Bräutigam Catholisch sey, nicht versaget, so wäre alle diese scheinheilige Verfolgung wieder den armen Kerl nicht entstanden. In übrigen ist bekandt, daß die Juristen, wenn sie von Concubinat handeln, allezeit von Haußhälterinnen reden, die bey ihren Herren sich lange auffgehalten, und mit ihnen als Eheleute gelebet. Siehe Carpz. Jurispr. Eccles. lib. 2. Tit. 14. def. 235. & in Praxi Crimin. qv. 70. n. 39. seq. und davon redet auch die Landes-Ordnung fol. 26. Daß aber Verlobte in der That vor Eheleute zu achten, wir auch dadurch bekräfftiget, daß in der Sächsischen Landes-Ordnung fol. 241. für eine Bigamie gehalten wird, wenn ein Ehemann sich mit noch einer Person verlobt, und sie fleischlich erkennet, ob er sich gleich nicht mit ihr trauen lassen. Die in Responso allegirte 49. neue Decision, (die von dem Stand der Kinder handelt, die vor der Trauung gebohren, aber nach der Verlöbniß gezeuget worden,) macht sich zwar selberdieses dubium, daß etliche vorgäben, die Trauung gehöre zur substanz und Eigenschafft des Ehestandes; aber decidirt doch nichts desto weniger, daß dergleichen Kinder für legitim und ehelich zu halten. So ist auch das bey dem allegirten Hahnio befindliche responsum sehr notabel und schickt sich sehr wohl zu gegenwärtigen casu, indem die Herren Helmstandienses schon Anno 1630. (man bedencke doch, schon für 90. Jahren) declariret, daß eines Evangelischen Burgemeisters Sohnes Beywohnung mit einer Menistischen oder wiedertäufferischen Tochter ohne vorhergegangene Trauung für Gotte nicht anders als für eine beständige Ehe zu halten wäre; weil die Eltern auf beyden Seiten drein consentiret, die beyden Personen sich mit Vorbewust der Obrigkeit zusam-

nung Titii und Cajae nicht für eine verdächtige und leichtfertige Beywohnung, oder Concubinat, besondern für eine rechtmäßige und beständige Ehe zu achten, und solchergestalt kein delictum verhanden ist, weshalb impositio poenae, ut pote quae semper delictum supponit, geschehen könte; in übrigen aber nicht Titio & Cajae imputiret werden kan, daß benedictio sacerdotalis nicht erfolget, indem sie selbige gebührend gesucht, ihnen aber solche vi majore, cui resistere non potuerunt, und zwar nulliter & contra Leges Imperii abgeschlagen worden; und über dieses Titius als Römisch-Catholisch mit keiner Kirchen-Busse unter den Evangelischen anzusehen ist, so mag auch Titius solches angeschuldigten Concubinatus oder frühzeitigen Beyschlaffs halben gestalten Sachen nach mit einiger Straffe nicht beleget werden. V. R. W.

§. II. Mit einen Worte: hätten die Herren Prediger und ConsistorialesZu dessen Erleuterung dienliche Anmerckungen. zu L. die Verlobten getrauet, und ihnen die Trauung unter dem nichtigen und Ketzermacherischen praetext, daß der Bräutigam Catholisch sey, nicht versaget, so wäre alle diese scheinheilige Verfolgung wieder den armen Kerl nicht entstanden. In übrigen ist bekandt, daß die Juristen, wenn sie von Concubinat handeln, allezeit von Haußhälterinnen reden, die bey ihren Herren sich lange auffgehalten, und mit ihnen als Eheleute gelebet. Siehe Carpz. Jurispr. Eccles. lib. 2. Tit. 14. def. 235. & in Praxi Crimin. qv. 70. n. 39. seq. und davon redet auch die Landes-Ordnung fol. 26. Daß aber Verlobte in der That vor Eheleute zu achten, wir auch dadurch bekräfftiget, daß in der Sächsischen Landes-Ordnung fol. 241. für eine Bigamie gehalten wird, wenn ein Ehemann sich mit noch einer Person verlobt, und sie fleischlich erkennet, ob er sich gleich nicht mit ihr trauen lassen. Die in Responso allegirte 49. neue Decision, (die von dem Stand der Kinder handelt, die vor der Trauung gebohren, aber nach der Verlöbniß gezeuget worden,) macht sich zwar selberdieses dubium, daß etliche vorgäben, die Trauung gehöre zur substanz und Eigenschafft des Ehestandes; aber decidirt doch nichts desto weniger, daß dergleichen Kinder für legitim und ehelich zu halten. So ist auch das bey dem allegirten Hahnio befindliche responsum sehr notabel und schickt sich sehr wohl zu gegenwärtigen casu, indem die Herren Helmstandienses schon Anno 1630. (man bedencke doch, schon für 90. Jahren) declariret, daß eines Evangelischen Burgemeisters Sohnes Beywohnung mit einer Menistischen oder wiedertäufferischen Tochter ohne vorhergegangene Trauung für Gotte nicht anders als für eine beständige Ehe zu halten wäre; weil die Eltern auf beyden Seiten drein consentiret, die beyden Personen sich mit Vorbewust der Obrigkeit zusam-

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[317/0323] nung Titii und Cajae nicht für eine verdächtige und leichtfertige Beywohnung, oder Concubinat, besondern für eine rechtmäßige und beständige Ehe zu achten, und solchergestalt kein delictum verhanden ist, weshalb impositio poenae, ut pote quae semper delictum supponit, geschehen könte; in übrigen aber nicht Titio & Cajae imputiret werden kan, daß benedictio sacerdotalis nicht erfolget, indem sie selbige gebührend gesucht, ihnen aber solche vi majore, cui resistere non potuerunt, und zwar nulliter & contra Leges Imperii abgeschlagen worden; und über dieses Titius als Römisch-Catholisch mit keiner Kirchen-Busse unter den Evangelischen anzusehen ist, so mag auch Titius solches angeschuldigten Concubinatus oder frühzeitigen Beyschlaffs halben gestalten Sachen nach mit einiger Straffe nicht beleget werden. V. R. W. §. II. Mit einen Worte: hätten die Herren Prediger und Consistoriales zu L. die Verlobten getrauet, und ihnen die Trauung unter dem nichtigen und Ketzermacherischen praetext, daß der Bräutigam Catholisch sey, nicht versaget, so wäre alle diese scheinheilige Verfolgung wieder den armen Kerl nicht entstanden. In übrigen ist bekandt, daß die Juristen, wenn sie von Concubinat handeln, allezeit von Haußhälterinnen reden, die bey ihren Herren sich lange auffgehalten, und mit ihnen als Eheleute gelebet. Siehe Carpz. Jurispr. Eccles. lib. 2. Tit. 14. def. 235. & in Praxi Crimin. qv. 70. n. 39. seq. und davon redet auch die Landes-Ordnung fol. 26. Daß aber Verlobte in der That vor Eheleute zu achten, wir auch dadurch bekräfftiget, daß in der Sächsischen Landes-Ordnung fol. 241. für eine Bigamie gehalten wird, wenn ein Ehemann sich mit noch einer Person verlobt, und sie fleischlich erkennet, ob er sich gleich nicht mit ihr trauen lassen. Die in Responso allegirte 49. neue Decision, (die von dem Stand der Kinder handelt, die vor der Trauung gebohren, aber nach der Verlöbniß gezeuget worden,) macht sich zwar selberdieses dubium, daß etliche vorgäben, die Trauung gehöre zur substanz und Eigenschafft des Ehestandes; aber decidirt doch nichts desto weniger, daß dergleichen Kinder für legitim und ehelich zu halten. So ist auch das bey dem allegirten Hahnio befindliche responsum sehr notabel und schickt sich sehr wohl zu gegenwärtigen casu, indem die Herren Helmstandienses schon Anno 1630. (man bedencke doch, schon für 90. Jahren) declariret, daß eines Evangelischen Burgemeisters Sohnes Beywohnung mit einer Menistischen oder wiedertäufferischen Tochter ohne vorhergegangene Trauung für Gotte nicht anders als für eine beständige Ehe zu halten wäre; weil die Eltern auf beyden Seiten drein consentiret, die beyden Personen sich mit Vorbewust der Obrigkeit zusam- Zu dessen Erleuterung dienliche Anmerckungen.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/323>, abgerufen am 26.04.2024.