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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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damals bloß in einen jungen Menschen verklei-
det, oder mich nur jung angestellt, so unnatür-
lich kömmt es mir von damals vor. Herr Mor-
timer und seine Frau ist einmal hier durchge-
fahren und er hat mich bey der Gelegenheit be-
sucht. Er ist munter und gesund und dabey
recht freundlich gegen mich.

Ich gehe fleißig in die Kirche und halte
mich jetzt mit meinen Gedanken mehr zu Gott,
als jemals. Alles übrige ist doch nur eitel und
vergänglich.

Der Garten hier ist gegen ehemals recht
verwildert und ich kann ihn mit dem Gärtner
unmöglich wieder recht in Ordnung bringen;
das liebe Unkraut hat sich allenthalben einge-
schlichen und tiefe Wurzel gefaßt; wir thun bei-
de was wir können, aber es will immer nichts
fruchten.

Bleib ja gesund, lieber Bruder, daß wir
uns vor unserm Tode noch einmal sehn können,
endlich muß es doch an's Sterben gehn, da
hilft kein Widerstreben und dann wollen wir
sanft und geruhig in dem Herrn entschlafen.



damals bloß in einen jungen Menſchen verklei-
det, oder mich nur jung angeſtellt, ſo unnatuͤr-
lich koͤmmt es mir von damals vor. Herr Mor-
timer und ſeine Frau iſt einmal hier durchge-
fahren und er hat mich bey der Gelegenheit be-
ſucht. Er iſt munter und geſund und dabey
recht freundlich gegen mich.

Ich gehe fleißig in die Kirche und halte
mich jetzt mit meinen Gedanken mehr zu Gott,
als jemals. Alles uͤbrige iſt doch nur eitel und
vergaͤnglich.

Der Garten hier iſt gegen ehemals recht
verwildert und ich kann ihn mit dem Gaͤrtner
unmoͤglich wieder recht in Ordnung bringen;
das liebe Unkraut hat ſich allenthalben einge-
ſchlichen und tiefe Wurzel gefaßt; wir thun bei-
de was wir koͤnnen, aber es will immer nichts
fruchten.

Bleib ja geſund, lieber Bruder, daß wir
uns vor unſerm Tode noch einmal ſehn koͤnnen,
endlich muß es doch an’s Sterben gehn, da
hilft kein Widerſtreben und dann wollen wir
ſanft und geruhig in dem Herrn entſchlafen.



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[358/0364] damals bloß in einen jungen Menſchen verklei- det, oder mich nur jung angeſtellt, ſo unnatuͤr- lich koͤmmt es mir von damals vor. Herr Mor- timer und ſeine Frau iſt einmal hier durchge- fahren und er hat mich bey der Gelegenheit be- ſucht. Er iſt munter und geſund und dabey recht freundlich gegen mich. Ich gehe fleißig in die Kirche und halte mich jetzt mit meinen Gedanken mehr zu Gott, als jemals. Alles uͤbrige iſt doch nur eitel und vergaͤnglich. Der Garten hier iſt gegen ehemals recht verwildert und ich kann ihn mit dem Gaͤrtner unmoͤglich wieder recht in Ordnung bringen; das liebe Unkraut hat ſich allenthalben einge- ſchlichen und tiefe Wurzel gefaßt; wir thun bei- de was wir koͤnnen, aber es will immer nichts fruchten. Bleib ja geſund, lieber Bruder, daß wir uns vor unſerm Tode noch einmal ſehn koͤnnen, endlich muß es doch an’s Sterben gehn, da hilft kein Widerſtreben und dann wollen wir ſanft und geruhig in dem Herrn entſchlafen.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/364>, abgerufen am 29.04.2024.