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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
und was hast Du denn im Vermögen, wovon eine
Frau reputirlich bei Dir leben könnte?
Dietrich. Man richtet sich ein, das fin-
det sich.
Bertha. Das Finden und das Einrichten
kenne ich. Pfui, schäme Dich, Mensch, hast so
lange bei dem reichen Verschwender Andalosia ge-
dient, der auf Goldstücken ging, und jeden Blick
bezahlte, den man an ihn warf, und bist doch ein
armer Schlucker geblieben!
Dietrich. Kennst Du mich denn so genau?
Kannst Du denn wissen, ob ich nicht mein Schäf-
chen ins Trockne gebracht habe? Frauensleuten
muß man nie Geheimnisse anvertrauen.
Bertha. Seht doch den Unverschämten!
und er will doch noch behaupten, daß er mich lieb
hat. Das ist aber gewiß nur Aufschneiderei und
Wind, denn sonst würdest Du schon mehr geprahlt,
mir auch hin und wieder ein Geschenk gemacht ha-
ben; solltest Du aber ein so geiziger Filz sein,
daß Du es nur aus Knickerei nicht gethan hättest,
so würde ich Dich mit den Füßen aus meiner
Stube stoßen.
Dietrich. Präsente, nicht wahr? Kleider,
und artige Frühstücke, und Ohrringelchen? Gelt?
Ja, wenn ich mein Bischen Armuth gestohlen hätte!
Bertha. Und wie anders bist Du dazu ge-
kommen, wenn Du etwas hast, Gaudieb?
Dietrich. Gaudieb? Das ist bei uns zu
Lande geschimpft.
Bertha. Kann seyn.
Dietrich. O Du Undankbare! Du weißt
nicht, was ich Dir zugedacht hatte. Sieh! Du
Zweite Abtheilung.
und was haſt Du denn im Vermoͤgen, wovon eine
Frau reputirlich bei Dir leben koͤnnte?
Dietrich. Man richtet ſich ein, das fin-
det ſich.
Bertha. Das Finden und das Einrichten
kenne ich. Pfui, ſchaͤme Dich, Menſch, haſt ſo
lange bei dem reichen Verſchwender Andaloſia ge-
dient, der auf Goldſtuͤcken ging, und jeden Blick
bezahlte, den man an ihn warf, und biſt doch ein
armer Schlucker geblieben!
Dietrich. Kennſt Du mich denn ſo genau?
Kannſt Du denn wiſſen, ob ich nicht mein Schaͤf-
chen ins Trockne gebracht habe? Frauensleuten
muß man nie Geheimniſſe anvertrauen.
Bertha. Seht doch den Unverſchaͤmten!
und er will doch noch behaupten, daß er mich lieb
hat. Das iſt aber gewiß nur Aufſchneiderei und
Wind, denn ſonſt wuͤrdeſt Du ſchon mehr geprahlt,
mir auch hin und wieder ein Geſchenk gemacht ha-
ben; ſollteſt Du aber ein ſo geiziger Filz ſein,
daß Du es nur aus Knickerei nicht gethan haͤtteſt,
ſo wuͤrde ich Dich mit den Fuͤßen aus meiner
Stube ſtoßen.
Dietrich. Praͤſente, nicht wahr? Kleider,
und artige Fruͤhſtuͤcke, und Ohrringelchen? Gelt?
Ja, wenn ich mein Bischen Armuth geſtohlen haͤtte!
Bertha. Und wie anders biſt Du dazu ge-
kommen, wenn Du etwas haſt, Gaudieb?
Dietrich. Gaudieb? Das iſt bei uns zu
Lande geſchimpft.
Bertha. Kann ſeyn.
Dietrich. O Du Undankbare! Du weißt
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[382/0392] Zweite Abtheilung. und was haſt Du denn im Vermoͤgen, wovon eine Frau reputirlich bei Dir leben koͤnnte? Dietrich. Man richtet ſich ein, das fin- det ſich. Bertha. Das Finden und das Einrichten kenne ich. Pfui, ſchaͤme Dich, Menſch, haſt ſo lange bei dem reichen Verſchwender Andaloſia ge- dient, der auf Goldſtuͤcken ging, und jeden Blick bezahlte, den man an ihn warf, und biſt doch ein armer Schlucker geblieben! Dietrich. Kennſt Du mich denn ſo genau? Kannſt Du denn wiſſen, ob ich nicht mein Schaͤf- chen ins Trockne gebracht habe? Frauensleuten muß man nie Geheimniſſe anvertrauen. Bertha. Seht doch den Unverſchaͤmten! und er will doch noch behaupten, daß er mich lieb hat. Das iſt aber gewiß nur Aufſchneiderei und Wind, denn ſonſt wuͤrdeſt Du ſchon mehr geprahlt, mir auch hin und wieder ein Geſchenk gemacht ha- ben; ſollteſt Du aber ein ſo geiziger Filz ſein, daß Du es nur aus Knickerei nicht gethan haͤtteſt, ſo wuͤrde ich Dich mit den Fuͤßen aus meiner Stube ſtoßen. Dietrich. Praͤſente, nicht wahr? Kleider, und artige Fruͤhſtuͤcke, und Ohrringelchen? Gelt? Ja, wenn ich mein Bischen Armuth geſtohlen haͤtte! Bertha. Und wie anders biſt Du dazu ge- kommen, wenn Du etwas haſt, Gaudieb? Dietrich. Gaudieb? Das iſt bei uns zu Lande geſchimpft. Bertha. Kann ſeyn. Dietrich. O Du Undankbare! Du weißt nicht, was ich Dir zugedacht hatte. Sieh! Du

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/392>, abgerufen am 29.04.2024.