Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

wie er Beine und Arme verschiedentlich zu
stellen wüßte, so daß er durch Annehmlich¬
keit der Figur sich gleichsam vor jedem ent¬
schuldigt hätte, daß er ein so närrisches
Bild zu seinem Gegenstande gemacht. Denn
manche zierliche Mahler sind mir so vorge¬
kommen, daß sie nicht sowohl verschiedent¬
liche Bilder mahlen, als vielmehr nur die
Gegenstände brauchen um immer wieder ih¬
re Verschränkungen und Niedlichkeiten zu
zeigen; diese putzen sich mit der edlen Mah¬
lerkunst, statt daß sie ihr freies Spiel, und
eine eigne Bahn gönnen sollten. So ist es
nicht mit diesem Hubertus beschaffen. Seine
zusammengelegten Beine, auf denen er so
ganz natürlich hinkniet, seine gleichförmigen
aufgehobenen Hände sind das wahrste was
man sehen kann; aber sie haben nicht die
spielende Anmuth die manche der heutigen
Welt über alles schätzen.

wie er Beine und Arme verſchiedentlich zu
ſtellen wüßte, ſo daß er durch Annehmlich¬
keit der Figur ſich gleichſam vor jedem ent¬
ſchuldigt hätte, daß er ein ſo närriſches
Bild zu ſeinem Gegenſtande gemacht. Denn
manche zierliche Mahler ſind mir ſo vorge¬
kommen, daß ſie nicht ſowohl verſchiedent¬
liche Bilder mahlen, als vielmehr nur die
Gegenſtände brauchen um immer wieder ih¬
re Verſchränkungen und Niedlichkeiten zu
zeigen; dieſe putzen ſich mit der edlen Mah¬
lerkunſt, ſtatt daß ſie ihr freies Spiel, und
eine eigne Bahn gönnen ſollten. So iſt es
nicht mit dieſem Hubertus beſchaffen. Seine
zuſammengelegten Beine, auf denen er ſo
ganz natürlich hinkniet, ſeine gleichförmigen
aufgehobenen Hände ſind das wahrſte was
man ſehen kann; aber ſie haben nicht die
ſpielende Anmuth die manche der heutigen
Welt über alles ſchätzen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0210" n="199"/>
wie er Beine und Arme ver&#x017F;chiedentlich zu<lb/>
&#x017F;tellen wüßte, &#x017F;o daß er durch Annehmlich¬<lb/>
keit der Figur &#x017F;ich gleich&#x017F;am vor jedem ent¬<lb/>
&#x017F;chuldigt hätte, daß er ein &#x017F;o närri&#x017F;ches<lb/>
Bild zu &#x017F;einem Gegen&#x017F;tande gemacht. Denn<lb/>
manche zierliche Mahler &#x017F;ind mir &#x017F;o vorge¬<lb/>
kommen, daß &#x017F;ie nicht &#x017F;owohl ver&#x017F;chiedent¬<lb/>
liche Bilder mahlen, als vielmehr nur die<lb/>
Gegen&#x017F;tände brauchen um immer wieder ih¬<lb/>
re Ver&#x017F;chränkungen und Niedlichkeiten zu<lb/>
zeigen; die&#x017F;e putzen &#x017F;ich mit der edlen Mah¬<lb/>
lerkun&#x017F;t, &#x017F;tatt daß &#x017F;ie ihr freies Spiel, und<lb/>
eine eigne Bahn gönnen &#x017F;ollten. So i&#x017F;t es<lb/>
nicht mit die&#x017F;em Hubertus be&#x017F;chaffen. Seine<lb/>
zu&#x017F;ammengelegten Beine, auf denen er &#x017F;o<lb/>
ganz natürlich hinkniet, &#x017F;eine gleichförmigen<lb/>
aufgehobenen Hände &#x017F;ind das wahr&#x017F;te was<lb/>
man &#x017F;ehen kann; aber &#x017F;ie haben nicht die<lb/>
&#x017F;pielende Anmuth die manche der heutigen<lb/>
Welt über alles &#x017F;chätzen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0210] wie er Beine und Arme verſchiedentlich zu ſtellen wüßte, ſo daß er durch Annehmlich¬ keit der Figur ſich gleichſam vor jedem ent¬ ſchuldigt hätte, daß er ein ſo närriſches Bild zu ſeinem Gegenſtande gemacht. Denn manche zierliche Mahler ſind mir ſo vorge¬ kommen, daß ſie nicht ſowohl verſchiedent¬ liche Bilder mahlen, als vielmehr nur die Gegenſtände brauchen um immer wieder ih¬ re Verſchränkungen und Niedlichkeiten zu zeigen; dieſe putzen ſich mit der edlen Mah¬ lerkunſt, ſtatt daß ſie ihr freies Spiel, und eine eigne Bahn gönnen ſollten. So iſt es nicht mit dieſem Hubertus beſchaffen. Seine zuſammengelegten Beine, auf denen er ſo ganz natürlich hinkniet, ſeine gleichförmigen aufgehobenen Hände ſind das wahrſte was man ſehen kann; aber ſie haben nicht die ſpielende Anmuth die manche der heutigen Welt über alles ſchätzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/210
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/210>, abgerufen am 28.04.2024.