Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Stelle müssen wir uns ja doch
trennen.

Franz hielt noch immer seine Hand. Ich
sollte Euch nicht wiedersehn? sagte er, wa¬
rum sollte ich dann wohl nach Deutschland
zurückkommen? Nein, Ihr müßt leben, noch
lange, lange, Euch, mir und dem Vater¬
lande!

Wie wir uns trennen müssen, sagte Dü¬
rer, so muß ich doch irgend einmahl sterben,
es sey wenn es sey. Je früher, je weniger
Lebensmühe; je später, je mehr Sorgen.
Aber komm bald zurück wenn Du kannst.

Er seegnete hierauf seinen jungen Freund,
und betete inbrünstig zum Himmel. Franz
sprach in Gedanken seine Worte nach, und
war in einer frommen Entzückung; dann
umarmten sich beide, und Dürer ging wie
ein großer Schatten von ihm weg. Franz
sah ihm nach, und der Mondschimmer und

einer Stelle müſſen wir uns ja doch
trennen.

Franz hielt noch immer ſeine Hand. Ich
ſollte Euch nicht wiederſehn? ſagte er, wa¬
rum ſollte ich dann wohl nach Deutſchland
zurückkommen? Nein, Ihr müßt leben, noch
lange, lange, Euch, mir und dem Vater¬
lande!

Wie wir uns trennen müſſen, ſagte Dü¬
rer, ſo muß ich doch irgend einmahl ſterben,
es ſey wenn es ſey. Je früher, je weniger
Lebensmühe; je ſpäter, je mehr Sorgen.
Aber komm bald zurück wenn Du kannſt.

Er ſeegnete hierauf ſeinen jungen Freund,
und betete inbrünſtig zum Himmel. Franz
ſprach in Gedanken ſeine Worte nach, und
war in einer frommen Entzückung; dann
umarmten ſich beide, und Dürer ging wie
ein großer Schatten von ihm weg. Franz
ſah ihm nach, und der Mondſchimmer und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0274" n="263"/>
einer Stelle mü&#x017F;&#x017F;en wir uns ja doch<lb/>
trennen.</p><lb/>
            <p>Franz hielt noch immer &#x017F;eine Hand. Ich<lb/>
&#x017F;ollte Euch nicht wieder&#x017F;ehn? &#x017F;agte er, wa¬<lb/>
rum &#x017F;ollte ich dann wohl nach Deut&#x017F;chland<lb/>
zurückkommen? Nein, Ihr müßt leben, noch<lb/>
lange, lange, Euch, mir und dem Vater¬<lb/>
lande!</p><lb/>
            <p>Wie wir uns trennen mü&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;agte Dü¬<lb/>
rer, &#x017F;o muß ich doch irgend einmahl &#x017F;terben,<lb/>
es &#x017F;ey wenn es &#x017F;ey. Je früher, je weniger<lb/>
Lebensmühe; je &#x017F;päter, je mehr Sorgen.<lb/>
Aber komm bald zurück wenn Du kann&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Er &#x017F;eegnete hierauf &#x017F;einen jungen Freund,<lb/>
und betete inbrün&#x017F;tig zum Himmel. Franz<lb/>
&#x017F;prach in Gedanken &#x017F;eine Worte nach, und<lb/>
war in einer frommen Entzückung; dann<lb/>
umarmten &#x017F;ich beide, und Dürer ging wie<lb/>
ein großer Schatten von ihm weg. Franz<lb/>
&#x017F;ah ihm nach, und der Mond&#x017F;chimmer und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0274] einer Stelle müſſen wir uns ja doch trennen. Franz hielt noch immer ſeine Hand. Ich ſollte Euch nicht wiederſehn? ſagte er, wa¬ rum ſollte ich dann wohl nach Deutſchland zurückkommen? Nein, Ihr müßt leben, noch lange, lange, Euch, mir und dem Vater¬ lande! Wie wir uns trennen müſſen, ſagte Dü¬ rer, ſo muß ich doch irgend einmahl ſterben, es ſey wenn es ſey. Je früher, je weniger Lebensmühe; je ſpäter, je mehr Sorgen. Aber komm bald zurück wenn Du kannſt. Er ſeegnete hierauf ſeinen jungen Freund, und betete inbrünſtig zum Himmel. Franz ſprach in Gedanken ſeine Worte nach, und war in einer frommen Entzückung; dann umarmten ſich beide, und Dürer ging wie ein großer Schatten von ihm weg. Franz ſah ihm nach, und der Mondſchimmer und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/274
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/274>, abgerufen am 29.04.2024.